# taz.de -- Arbeit für Flüchtlinge in Kita und Schule: „Sie könnten Englisch unterrichten“
       
       > Die Vorsitzende der Bildungsgewerkschaft GEW, Marlis Tepe, fordert,
       > Flüchtlinge mit pädagogischer Ausbildung in Kitas und Flüchtlingsheimen
       > einzusetzen.
       
 (IMG) Bild: Der Vorschlag der GEW: Geflüchteten Pädagogen könnten in ihrem Beruf arbeiten und parallel Deutsch lernen.
       
       taz: Frau Tepe, Sie schlagen vor, Flüchtlinge als ErzieherInnen in Kitas
       einzusetzen – vor vier Jahren war die GEW noch strikt dagegen, dass
       ehemalige Schlecker-MitarbeiterInnen als Fachfremde mal eben zu
       ErzieherInnen umgeschult werden. Wieso der Umschwung? 
       
       Marlis Tepe: Es geht doch überhaupt nicht darum, dass fachfremde Personen
       als Erzieher und Erzieherinnen in Kitas eingesetzt werden. Wir wollen aber,
       dass genauer hingeschaut wird, ob unter den geflüchteten Menschen Pädagogen
       sind, und halten es dann für richtig, dass man ihnen möglichst bald eine
       Möglichkeit gibt, wieder in ihrem Beruf zu arbeiten. Nach gründlicher
       Prüfung natürlich. Sie glauben gar nicht, wie viele Hassmails ich für
       diesen Vorschlag bekommen habe.
       
       Welche Voraussetzungen müssten die künftigen ErzieherInnen erfüllen? 
       
       Die Mindestanforderungen, die in Deutschland gelten, sind die mittlere
       Reife, eine dreijährige Fachschulausbildung und ein praktisches
       Anerkennungsjahr. Diese Kriterien sollten auch für die Flüchtlinge gelten.
       
       Was ist mit Deutschkenntnissen? 
       
       Die sind natürlich wichtig. Die geflüchteten Pädagogen können unserer
       Ansicht nach aber schon in ihrem Beruf arbeiten und parallel weiter Deutsch
       lernen. Wir fordern ja auch, dass verstärkt herkunftssprachlicher
       Unterricht erteilt wird. Denn alle Studien zeigen, dass Kinder, die ihre
       Herkunftssprache gut beherrschen, auch besser eine neue Sprache erlernen.
       Gerade in der jetzigen Situation, wo die Menschen sehr lange in den
       Erstaufnahmeeinrichtungen bleiben könnten, können wir uns vorstellen, dass
       Pädagogen auch hier gebraucht und auch eingesetzt werden.
       
       Sollen Flüchtlingsheime Kitas einrichten? Das ist doch das Gegenteil von
       Integration. 
       
       Nein, wir sind natürlich dafür, dass die Kinder schnell in die Kitas kommen
       und die Gelegenheit haben, in die deutsche Sprache einzutauchen. Aber
       gerade auf dem Land ist es doch so, dass erst einmal nur wenige
       Flüchtlingskinder in die Kitas kommen, weil die Familien ihre Kinder nach
       der dramatischen Flucht gar nicht gern abgeben. Und dann muss man in der
       jetzigen Situation eben nach pragmatischen Lösungen suchen.
       
       Wie groß ist denn das Reservoir von Menschen, die so als neue Fachkräfte
       gewonnen werden könnten? 
       
       Ehrlich gesagt, das wissen wir nicht. Wir wissen lediglich von unseren
       schwedischen Kollegen, die an dem Thema dran sind, dass sie Leute gefunden
       haben. Ich glaube, es werden hier in Deutschland gar nicht so viele sein.
       Die meisten sind als Lehrkräfte ausgebildet.
       
       Sollten sie dann nicht auch in Schulen eingesetzt werden? 
       
       Durchaus. Sie könnten herkunftssprachlichen Unterricht erteilen, ein Fach,
       das es in einigen Bundesländern schon gibt, oder auch in Englisch, denn
       viele sprechen die Sprache ja ausgezeichnet. Die Kultusminister sollten
       sich damit auseinandersetzen und sich auf eine rasche und pragmatische
       Möglichkeit der Anerkennung der Abschlüsse einigen. In der Regel werden
       Menschen, die in anderen Ländern pädagogische Abschlüsse erworben haben,
       schlechter bezahlt. Diese Zweiklassenbezahlung muss beendet werden.
       
       Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles möchte Flüchtlinge als 1-Euro-Jobber
       einsetzen. Sollten solche Jobs auch in Kitas und Schulen entstehen? 
       
       Einen herkunftssprachlichen Unterricht im Rahmen eines 1-Euro-Jobs zu
       erteilen kann ich mir nicht vorstellen.
       
       Was hält die GEW von dem Vorschlag, die Schulpflicht für Flüchtlinge bis
       zum Alter von 25 Jahren auszuweiten? 
       
       Wir sind für das Recht, bis zum Alter von 25 Jahren zur Schule zu gehen.
       Über die Frage der Schulpflicht bis 25 diskutieren wir noch, nächste Woche
       auch mit den Fraktionen aller Parteien.
       
       18 Feb 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Anna Lehmann
       
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