# taz.de -- Hillary Clinton im Wahlkampf: Die sie selbst sein muss
       
       > Alle wollen die echte Hillary Clinton sehen. Aber genau damit hat die
       > superetablierte Kandidatin ein Riesenproblem.
       
 (IMG) Bild: Ein Labyrinth voll „Bernie“- und „Hillary“-Schildern in Charleston, South Carolina.
       
       Es ist die leichteste und schwerste Frage zugleich. Ein kleines Mädchen
       stellt sie Hillary Clinton an einem Nachmittag in New Hampshire. Es ist ein
       Moment noch vor dem desolaten Wahlergebnis, als in dem US-Bundesstaat noch
       alles möglich scheint.
       
       „Warum möchtest du Präsidentin werden?“ Da lacht Clinton erst einmal. Doch
       es ist nicht das Lachen einer Frau, die sich ehrlich freut oder amüsiert
       ist über diese so natürliche Frage. Es ist ein angestrengtes Lachen und
       offenbar kalkuliert. Genauso, wie Clinton zunächst einmal die schöne blaue
       Mütze mit der weißen Stickerei lobt, die das Mädchen trägt. Das gehört dazu
       im Wahlkampf. Die menschliche Nähe, das Normale. Zeigen: Ich möchte zwar
       die Präsidentin der Vereinigten Staaten werden, aber ich bin eine von euch,
       hole mir meinen Kaffee zum Mitnehmen noch selbst, und im Gespräch bin ich
       ganz normal, Mrs. Clinton von nebenan.
       
       Doch diese Mrs. Clinton von nebenan ist das Problem der
       Präsidentschaftsbewerberin Clinton in den ersten Wochen dieses langen
       Vorwahlkampfs. Clinton ist nicht glaubwürdig, sie schafft es nicht mal,
       Authentizität wenigstens zu vermitteln.
       
       Ihre Antwort auf die Kinderfrage ist dann gar nicht mal desolat, ein
       PR-Sprech-Klassiker: Für das Land und die Menschen wolle sie arbeiten, so
       Clinton. Dafür, dass es allen besser geht und das Mädchen mit der blauen
       Mütze eine schöne Zukunft hat. Wie Clinton diese Zukunft als Präsidentin
       gestalten will, kann sie intelligent und mit viel Fachwissen erklären.
       Kompetenz auf vielen Feldern ist eine von Clintons Stärken, doch der
       entscheidende Faktor, um eine Wahl zu gewinnen, ist das in den USA nicht
       unbedingt – siehe George W. Bush.
       
       Konkurrent Bernie Sanders hat nicht die Lässigkeit eines Barack Obama oder
       die Menschenfängerqualitäten eines Bill Clinton, aber er ist eben
       tatsächlich: Bernie Sanders. Mit grauem Haar, unmoderner Brille und nicht
       immer perfekt sitzenden Anzügen. Die Leute mögen das. In jeder Umfrage
       schlägt er Clinton um Längen, wenn es um Glaubwürdigkeit geht. Sanders hat
       eine Graswurzelbewegung hinter sich versammelt, die der von Obamas
       Wahlkampf 2008 nicht unähnlich ist. Damals musste Clinton mit ansehen, wie
       ein zunächst unbedeutender Konkurrent ihr erst die Show und dann die
       Nominierung stahl.
       
       ## Ihr Familienname wiegt zu schwer
       
       Ihr Familienname wiegt zu schwer, als dass Clinton jemals solche
       Leichtigkeit in ihrem Wahlkampf zeigen könnte. Ihre Versuche, sie dennoch
       zu imitieren und zu inszenieren, scheitern. Als sie in einer
       E-Mail-Kampagne nach der Niederlage in New Hampshire Bürger dazu aufrief,
       ihr einen Dollar zu spenden, erntete sie kübelweise Spott. Über 163
       Millionen Dollar Spenden hat Clinton bereits gesammelt, nicht wenige davon
       Großspenden – mehr als jeder andere Kandidat im Rennen. Sanders macht einen
       Angriff auf genau das große Geld, die Wall Street und das
       Partei-Establishment zum Kern seiner Kampagne. Und kaum eine Familie ist
       mehr Establishment als die Clintons.
       
       Das System Clinton ist eine gut eingespielte politische Machtmaschine. Dazu
       gehört auch das Familienbild. Doch auch Bill Clinton und Tochter Chelsea
       wirken auf den Bühnen wie hingestellt. Noch so eine künstliche Kulisse.
       Gerade Bill Clinton wirkt abwesend. Ganz anders als 2012, als er mit
       [1][einer fulminanten Rede auf dem Parteitag der Demokraten] einen
       strauchelnden Barack Obama nicht unwesentlich bei seiner Wiederwahl
       unterstützt hat.
       
       Dennoch benutzt Clinton die Familie und ihre Rolle darin, vor allem die als
       Großmutter. Und sie spielt natürlich die Karte, möglicherweise als erste
       Frau ins Weiße Haus einzuziehen. Doch auch das verfängt bei den Wählern
       derzeit nicht. Gerade wenn man junge Frauen fragt, ist für keine von ihnen
       der Frauenaspekt wahlentscheidend.
       
       ## Bei Afroamerikanern lieht sie deutlich vor Sanders
       
       Hinter den Tischen voller T-Shirts, Plakate und Buttons stehen Frauen aus
       Clintons Generation. Für sie ist es wichtig, einer Frau in die wichtigste
       politische Position der Welt zu verhelfen, Clinton wird weiter darauf
       setzen. Genau wie auf die Diversität ihrer Unterstützer. „Wir können unsere
       Probleme im Land nicht nur auf die Wall Street reduzieren.
       Ungerechtigkeiten sind vielfältig“ ist einer ihrer Standardsätze. Und dann
       legt sie los: Rassismus, Polizeigewalt, Sexismus, LGTB-Diskriminierung. In
       Nevada und South Carolina, wo die nächsten Vorwahlen in dieser und der
       kommenden Wochen stattfinden, sind die Wähler nicht mehr so homogen wie in
       New Hampshire.
       
       Jüngste Umfragen zeigen, dass Clinton bei Afroamerikanern immer noch einen
       großen Vorsprung vor Sanders hat. Aber auch hier kommt der Konkurrent ihr
       näher, erhält Unterstützung, unter anderem von der Tochter Eric Garners,
       des Afroamerikaners, der in New York durch einen gewalttätigen Einsatz von
       Polizisten im Juli 2014 starb.
       
       „Ich weiß, wie es ist, ausgeknockt zu werden“, titelte das Time-Magazin in
       diesem Monat mit einem Clinton-Zitat. In ihrer langen Karriere ist sie
       immer wieder aufgestanden, hat unbestritten tapfer für ihre Ziele gekämpft.
       Und nicht immer ohne Coolnessfaktor. Ein Bild, auf dem sie als
       [2][Außenministerin an Bord eines Militärflugzeugs auf dem Weg nach Libyen
       mit Sonnenbrille auf ihr Handy schaut], zog einen [3][eigenen Blog nach
       sich], auf den Clinton klug, witzig und selbstironisch reagierte. Doch der
       Druck eines Wahlkampfs, der nur ein Ziel kennt und in dem nichts
       schieflaufen darf, scheint Clinton jeden Raum für spontane Reaktionen
       genommen zu haben. So wirkt alles verkrampft. Nur selten gibt es Momente,
       in denen ihr Lachen echt wirkt.
       
       An dem Nachmittag in New Hampshire wird Clinton genau diese Frage gestellt:
       Warum alles so eingeübt wirke bei ihr. „Ich denke, die Bürde für Frauen,
       die für ein politisches Amt kandidieren, ist immer noch schwerer“,
       antwortet sie. „Ich wünschte, es wäre anders. Deswegen wirke ich manchmal
       etwas beherrschter, etwas zurückhaltender.“ Da ist es endlich, für einen
       Moment klingt, was sie sagt, nicht eingeübt!
       
       Später ergänzt sie noch, ihr Ziel sei es, die Beste zu sein, die sie sein
       könne in diesem Wahlkampf und später dann im Weißen Haus. Doch um das zu
       erreichen, genügt es nicht, die Beste zu sein. Hillary Clinton muss dafür
       auch ein Stück weit sie selbst sein.
       
       18 Feb 2016
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.youtube.com/watch?v=i5knEXDsrL4
 (DIR) [2] http://content.time.com/time/magazine/article/0,9171,2097970,00.html
 (DIR) [3] http://textsfromhillaryclinton.tumblr.com/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Rieke Havertz
       
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