# taz.de -- Proteste gegen Ticketpreise in England: Wenn die Pfunde purzeln
       
       > In England wehren sich die Fußballfans gegen steigende Ticketpreise – mit
       > Erfolg. Nach Liverpool senkt nun auch die FA die Preise.
       
 (IMG) Bild: Der Liverbird erleichtert den arglosen Fußballfan um das Ersparte: der Wappenvogel des FC Liverpool in seiner neuen Rolle als Geier
       
       BERLIN taz | Erstaunlich, was auf einmal möglich scheint: Um fünf Pfund,
       circa 6,50 Euro, hat der englische Fußballverband (FA) die Ticketpreise für
       das Finale des Pokalwettbewerbs gekürzt. Die FA reagierte damit auf
       Fanproteste gegen astronomische Ticketpreise in englischen Stadien. Das
       Aufbegehren in der Premier League hatte in Liverpool seinen Anfang
       genommen.
       
       Vor allem angesichts der exorbitanten Einnahmen können Verband und Klubs
       Preiserhöhungen nicht rechtfertigen: 5,136 Milliarden Pfund, rund sieben
       Milliarden Euro, verdient die Premier League in den kommenden drei Jahren
       durch ihren neuen TV-Vertrag. Mit den internationalen Übertragungsrechten
       kommt sie gar auf rund 10 Milliarden Euro.
       
       Trotzdem sollte ein Platz auf Liverpools Haupttribüne 77 Pfund kosten, wie
       Liverpools Geschäftsführer Ian Ayre jüngst verkündete. Grund für so manchen
       Fan, hämisch zu werden. Im Internet kursiert ein Video, indem sich ein
       Anhänger echauffiert: „Ich zahle doch nicht so viel Geld, um Jordan
       Henderson den Ball gegen eine Mauer kicken zu sehen.“ Aus Protest verließen
       mehr als 10.000 Anhänger beim letzten Heimspiel gegen Sunderland in der 77.
       Minute das Stadion.
       
       „Es war das erste Mal in der Geschichte des Klubs, dass Fans sich zu einer
       solchen Aktion durchringen konnten“, sagt Daniel Nicholson. „Wir fühlen uns
       müde und ausgebeutet“, sagt der 31-Jährige, der im Komitee der Spirit of
       Shankly, der größten Fangruppierung Liverpools, sitzt. 13 Monate haben sie
       mit Mitarbeitern der Reds zuvor zusammengesessen, um Lösungen in der
       Ticketfrage zu erzielen – ohne Erfolg. Nun sei eben keine andere
       Möglichkeit mehr geblieben. Dass der Teilboykott mittlerweile so hohe
       Wellen schlage, damit aber hat niemand gerechnet.
       
       ## „Wir sind hier nicht beim Golf“
       
       Die Football Supporters Federation (FSF), eine Dachorganisation der
       Fangruppen in England, unterstützte das Begehren. Der Vorsitzende Kevin
       Miles droht den englischen Vereinen weiterhin mit landesweiten
       Protestaktionen.
       
       Diese Entwicklung hat sich die Liga selbst vorzuwerfen: Manager führen die
       Klubs wie ausschließlich gewinnorientierte Unternehmen; immer mehr Spiele
       zu immer ungewöhnlicheren Anstoßzeiten; immer teurere Transfers und höhere
       Spielergehälter bei gleichzeitiger Missachtung der Fanbedürfnisse. Das Fass
       war übergelaufen, die öffentliche Wahrnehmung ist groß, die Anhänger
       wittern ihre Chance.
       
       Liverpools Fanprotest jedenfalls macht Hoffnung: Die Reds vergeigten nach
       der 77. Spielminute ohne die Unterstützung der Fans gegen den FC Sunderland
       eine 2:0-Führung, Sunderland kam noch zum Ausgleich. Jürgen Klopp, der
       ähnliche Debatten bereits aus seiner Zeit bei Borussia Dortmund kennt,
       stellte sich auf die Seite der Fans. Trainerkollege Slaven Bilic von West
       Ham United ergänzte: „Wir sind hier nicht beim Golf, Fußball ist ein Sport
       für jeden.“
       
       ## Weitere Proteste geplant
       
       Im Anschluss an das Spiel gegen Sunderland berief Liverpools Vereinsführung
       eine Dringlichkeitssitzung ein, die den Beschluss fasste, die Ticketpreise
       zumindest in den nächsten zwei Spielzeiten nicht weiter zu erhöhen. In
       einem offenen Brief gestand der Verein kleinlaut ein, „ein Teil unserer
       Ticketplanung lief falsch“. Diese Kehrtwende von Vereinsseite können sich
       die Fans sicherlich auf ihre Fahnen schreiben.
       
       Andere Klubs hatten die Preise bereits zur laufenden Saison eingefroren:
       Dazu gehören etwa Arsenal, Crystal Palace, Manchester United, Norwich und
       Swansea, West Ham ging mit den Preisen sogar zurück.
       
       Damit wollen sich die Fans jedoch nicht zufriedengeben, weitere Proteste
       mit dem Ziel der Preisreduzierung sind laut FSF geplant. Die Basis dafür
       sind die Erfolge der Liverpool-Fans.
       
       18 Feb 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Frederic Zauels
 (DIR) Gareth Joswig
       
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