# taz.de -- Sparpolitik durch Musterprogramm: Senat geizt mit Schulräumen > Inklusions-Schule Moorflagen muss Klassenhaus abgeben, weil auf dem > Papier zu viel Platz ist. Der werde aber für die behinderten Kinder > gebraucht, sagt der Elternrat (IMG) Bild: Mini-Demo: Die Schule Moorflagen wehrt sich dagegen, Räume abzugeben. Wenig beachtet von der Öffentlichkeit hat der Senat 2011 ein „Musterflächenprogramm“ für Hamburgs Schulen aufgelegt. Jedem Schüler sollten zwölf Quadratmeter zustehen, Flure und Turnhallen eingeschlossen. Rein rechnerisch hatten Hamburgs Schulen mehr Platz. Jetzt kommt die Quittung. 17 Schulen, die auf dem Papier zu viel Raum haben, müssen zum Sommer Gebäude abgeben. Die werden von der Finanzverwaltung verkauft oder vermietet. Besonders hart trifft es die kleine Grundschule Moorflagen in Niendorf mit 220 Schülern. Eines von fünf Klassenhäusern wird bereits fremdgenutzt. Ein weiteres soll nun ab Sommer „abgemietet“ werden. Aus Sicht des Elternrats ist das eine Katastrophe. Denn die Schule ist eine von nur drei „Schwerpunktschulen für Inklusion“ im Bezirk Eimsbüttel. „Wir haben zurzeit 17 Kinder mit Handicaps“, berichtet der Vorsitzende Andreas Yasseri. Das Haus werde für diese Kinder dringend benötigt. Acht der Kinder haben Handicaps in der körperlich-motorischen Entwicklung, vier von ihnen seien ständig auf orthopädische Hilfsmittel angewiesen. Sie müssten ihre Orthesen auch mal abnehmen, um Druckstellen zu vermeiden. „Die Kinder brauchen dann eine mit Teppich ausgelegte Fläche, um sich auf allen Vieren bewegen zu können“, sagt Yasseri, „dazu benötigt die Schule einen speziellen Differenzierungsraum.“ Ferner müsse ein Mädchen mit Muskelatrophie immer wieder Liegezeiten einhalten und brauche dafür zeitweise einen Raum. Und drei Jungen mit dem Handicap „frühkindlicher Autismus“ bräuchten immer wieder eine Auszeit, wenn die Reizüberflutung sie überfordere. Und schließlich finde ein großer Teil der Therapien während der Schulzeit statt. Auch dafür brauche die Schule einen Raum. Diese Argumente und noch mehr schickte der Elternrat Anfang April an Schulsenator Ties Rabe (SPD), mit der Bitte um ein Gespräch. Am Donnerstag kamen die zuständigen Schulräte zum Besuch nach Niendorf. Ihre Botschaft: Die Aufgabe der Räume ist bereits beschlossen. „Wir werden mit der Schulleitung intensive Gespräche führen und alternative Raumkonzepte entwickeln“, sagt Rabes Sprecher Peter Albrecht. Es sei möglich, auch mit weniger Räumen den Ansprüchen der Inklusion gerecht zu werden. Denn auch nach Abmietung der Klassenräume habe Moorflagen einen Überhang im Vergleich zu anderen Schulen. Das koste viel Geld und blockiere Ausbaumaßnahmen an Schulen, die viel weniger Platz hätten. Der Elternrat glaubt nicht an ein Alternativkonzept. „Die behinderten Kinder könnten diese Schule nicht mehr besuchen“, sagt Yasseri. Den Eltern bliebe nur übrig, ihr Recht auf freie Schulwahl einzuklagen. Um zu sparen, rechne die Stadt „nach einem statistischen Standardmodell, das auf Inklusion keine Rücksicht nimmt“, kritisiert Yasseri. Diese Umsetzung des Musterprogramms sei ein Verstoß gegen die Richtlinien des Expertenrates der Vereinten Nationen: „Der sagt ganz klar: Inklusion benötigt zusätzliche Räume.“ 24 Apr 2016 ## AUTOREN (DIR) Kaija Kutter ## TAGS (DIR) Inklusion (DIR) Grundschule (DIR) Sanierung (DIR) Sparen (DIR) Stadtplanung (DIR) Autismus (DIR) Inklusion (DIR) Inklusion (DIR) geschlossene Heime (DIR) Inklusion ## ARTIKEL ZUM THEMA (DIR) Schulhöfe auf dem Dach: Wenig Auslauf für Kinder Weil Grundstücke viel Geld bringen, werden Pausenhöfe knapp. Das gilt für neue Schulen in der Hafencity ebenso wie für alte Standorte wie die Max-Brauer-Schule. (DIR) Aktivisten mit Behinderungen: Lieber mit Watte werfen Verständnis oder Aggression – diese Frage stellt sich oft. Aber wie wirken behinderte Menschen Diskriminierung am besten entgegen? (DIR) Streit um Schulsozialarbeit: Maulkorb von der Stadt Die Hamburger Schulbehörde verbietet einen Projekttag zur Inklusion. Die Gewerkschaft GEW sieht pädagogisch-therapeutisches Personal benachteiligt. (DIR) Streit im Lehrer-Stellen: Rot-Grün knausert bei Inklusion Schulsenator versprach 5. Klassen der Stadtteilschulen 85 Stellen, nun werden es zehn weniger. GEW und Elternkammer sehen Versprechen gebrochen (DIR) Geschlossene Unterbringung: Rot-Grün bringt Inklusion voran In den Koalitionsverhandlungen haben sich SPD und Grüne auf ein geschlossenes Heim für junge Flüchtlinge geeinigt. SPD drückt aufs Tempo. (DIR) 10 Jahre Tanzprojekt „Die Anderen“: Getanzte Inklusion Beim Projekt „Die Anderen“ am Tanzwerk Bremen tanzen junge Leute mit und ohne Beeinträchtigung miteinander. Jetzt feiern sie zehnjähriges Jubiläum.