# taz.de -- Kolumne Die Couchreporter: Die richtige Serie? Stimmungssache!
       
       > Kaum vorzustellen, dass man sich als Seriensüchtige früher die Laune vom
       > Angebot diktieren ließ. Heute weiß man: Jede Laune hat ihre eigene Serie.
       
 (IMG) Bild: „The Knick“ geht nur, wenn es dunkelt, der Magen von passendem Inhalt beruhigt ist und der Wahnsinn in der Ecke lauert
       
       Wie die Stimmung ist? Ich bin in „Suits“-mood. Bedeutet: Emotional
       erreichbar, filmästhetisch anspruchslos, intellektuell gedämpft,
       Oberflächenreizen gegenüber aufgeschlossen. Anwälten in eng geschnittenen
       Anzughosen dabei zuzuschauen, wie sie als Rechtsfälle getarnte
       Familienprobleme lösen, passt mir hervorragend in den Kram.
       
       „[1][Suits]“ kann ich nicht immer gucken – manchmal geht mir das ewige
       Durch-die-Kanzleigänge-Wandern der ProtagonistInnen auf den Senkel. Die
       eindeutig gemalten Konflikte – Harvey sucht nach seinen Gefühlen, Mike nach
       seinem Rückgrat, Donna nach Harvey und Jessica nach Erfolg – sind jedoch
       das Richtige für einen verkaterten Abend.
       
       Jede Stimmung bedarf eben einer bestimmten Serie. Undenkbar, an einem
       stressigen hellen Morgen zwischendurch mal eine Folge „[2][The Knick]“
       einzuschieben – „The Knick“ darf nur geguckt werden, wenn es dunkelt, der
       Magen durch passenden Inhalt beruhigt ist und der Wahnsinn in der Ecke
       lauert. Denn „The Knick“ ist düster und irre, und ungefrühstückt finde ich
       die Bilder von den blutigen Kaiserschnitten und Abszessen zuweilen nur
       medioker bekömmlich. Zudem befürchte ich, dass Thackerys inbrünstiger
       Drogenkonsum mich in einer schwachen Minute (morgens!) auf die schiefe Bahn
       ziehen könnte.
       
       Kaum vorzustellen, dass man sich als Seriensüchtige früher tatsächlich die
       Stimmung vom Angebot diktieren ließ. Glücklicherweise lässt sich das
       Binging jetzt individualisieren. Das tolle, unterschätzte „Secret Diary of
       a Call Girl“ passt zum Beispiel spitze in die aufgekratzte Geschäftigkeit
       vor einen klassischen Ausgehabend, genau wie (immer besser werdend, je
       länger sie her ist): „Sex and the City“.
       
       ## Im Beziehungsuniversum aufgerüstet
       
       „[3][Love]“ könnte man einwenden, diese teils schick ausgedachte, gallige
       Serie über die Liebesschwierigkeiten kalifornischer 30+-Loser, müsste diese
       Funktion doch auch erfüllen. Aber in „Love“-Laune bin ich selten. Kiffe
       wohl zu wenig.
       
       Bei komplizierten persönlichen Problemen mit melancholischer
       Grundatmosphäre hat mir stets der Klassiker geholfen, „[4][Six Feet
       Under]“. „Man macht sich richtig Sorgen um Nate“, brachte es eine Freundin
       einst auf den Punkt. (Und ich mache mir tendenziell eh lieber Sorgen um
       Nate als um echte Menschen.)
       
       Für Beziehungskrisen hat das Serienuniversum zwischenzeitlich aufgerüstet –
       egal ob emotionale, sexuelle oder finanzielle Schwierigkeiten, es wird sich
       eine Serie finden, in der jemand seine Bindungsunfähigkeit überwindet,
       seine Familie aus der Armut rettet oder endlich sein Geschlecht angleichen
       darf.
       
       Serien wie „[5][Peaky Blinders]“ und „[6][Vikings]“ sind speziell –
       dramaturgisch oft nicht komplett überzeugend, aber visuell der Knaller. Man
       muss eben Lust auf den Staub auf Birminghams Straßen haben, und auf das
       Blut aus den Schädeln der Feinde.
       
       Hab ich nur, wenn ich lange mit niemandem spreche. Für „[7][The Night
       Manager]“, John Le Carré inszeniert von Susanne Bier, fehlte mir allerdings
       komplett die Stimmung: Wann soll man Lust haben, spießiges Agentenzeug zu
       gucken, in dem Männer noch richtige Männer, Frauen noch dämliche Frauen,
       und die Bösen noch finstere „Muhaha!!“-Böse sind? In so einer Laune bin ich
       nie.
       
       28 Apr 2016
       
       ## LINKS
       
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