# taz.de -- Kolumne Pressschlag: Immer 'ne Nummer jrößer
       
       > Vor dem Halbfinale im DFB-Pokal war die Euphorie bei und um Hertha BSC
       > Berlin groß. Doch der Abstand zu Borussia Dortmund ist riesig.
       
 (IMG) Bild: Herthas Torwart Rune Jarstein wurde wieder einmal überwunden
       
       Es gab einmal eine Zeit in Berlin, da war die Hauptstadtpresse böse auf
       ihren Verein aus Charlottenburg. „Hertha BSE“, schrieb der Berliner Kurier.
       Vom fußballerischen Rinderwahnsinn schienen die Spieler der Hertha meistens
       im DFB-Pokal befallen zu sein, denn es wurde fast schon zum Ritual, dass
       die Blau-Weißen sich in der ersten oder zweiten Runde des Wettbewerbs
       verabschiedeten.
       
       Geht man 30 Jahre zurück, dann ist Hertha 21-mal (!) in der ersten oder
       zweiten Runde des Pokals gescheitert, in der jüngeren Geschichte gern gegen
       Giganten wie Wormatia Worms, Wuppertaler SV oder TuS Koblenz.
       
       Vor diesem Hintergrund ist es verständlich, dass vorm Halbfinale so etwas
       wie Euphorie losbrach. Die Fans, deren Selbstbewusstsein durch die Erfolge
       in der Bundesliga gestärkt ist, glaubten fest daran, dass Hertha sich im
       Pokal gehäutet hat. Warnungen, die Mannschaft sei den Erwartungen nicht
       gewachsen, wurden in den Wind geschlagen.
       
       Am Ende verlor Hertha 0:3 gegen Borussia Dortmund und durfte sich nur noch
       darüber freuen, im DFB-Pokal so gut wie Ende der 70er Jahre gewesen zu
       sein.
       
       ## Im unwirtlichsten Stadion der ersten Liga
       
       Es mag am Ruf von Berlin als Touri-Hotspot, Hipstermetropole und irgendwie
       angesagten Ort liegen, dass man im Dunstkreis von Hertha BSC ganz schnell
       glaubt, auch der Verein sei so. Das ist Hertha trotz einer formidablen
       Saison und aktuell Platz vier leider nicht.
       
       Der Verein, der im unwirtlichsten Stadion der ersten Liga spielt,
       verkörpert nicht die City of Cool. Hertha ist vielmehr Reinickendorf – oder
       Marienfelde. Das Berlin-Biedere schimmert immer wieder durch. Die Symptome:
       eine übersteigerte Erwartungshaltung, Anfälle von Bedeutungswahn und der
       Bau von blau-weißen Luftschlössern.
       
       Das kann zu einer Last werden, auch für Fußballer. Am Mittwochabend schlug
       sich das – wen wundert’s – auf die Spielweise von Hertha BSC nieder. Die
       Berliner ergaben sich brav der spielerischen Dominanz der Dortmunder.
       Paradox: Die Hertha-Fans haderten nicht etwa mit der Niederlage, sie
       feierten die Spieler. Man weiß ja an der Spree nie so genau, ob das Team im
       nächsten DFB-Pokal nicht in der ersten Runde gegen die SG Sonnenhof
       Großaspach rausfliegt. Die Fans wussten instinktiv: So groß, wie manche den
       Verein schon wieder machen wollen, ist er nicht. Man muss mit dem zufrieden
       sein, was man hat.
       
       Das war eine Weltsicht, die Trainer Pal Dardai an dem Abend noch nicht so
       richtig verinnerlicht hatte. Er blaffte, ob nun aus Daffke oder
       Enttäuschung, in bester Berliner Manier einen Fernsehreporter an: „Stellen
       Sie bessere Fragen, sonst brauchen wir nicht diskutieren!“ Und kam dann
       doch noch zur Einsicht: „Aber man hat gespürt, dass da noch etwas fehlt.“
       Es fehlte viel. Und dieser Abstand, den die Hertha zu einem absoluten
       Spitzenteam hat, führt nun dazu, dass die Berliner ihre famose Position
       noch verspielen könnten.
       
       Aktuell liegen sie auf dem vierten Platz, der zur Teilnahme an der
       Champions-League-Qualifikation berechtigt. Aber der Trend ist stark
       negativ. In den vergangenen sieben Spielen hat Hertha viermal verloren. Am
       Wochenende droht gegen den FC Bayern die fünfte Niederlage. So könnte
       Hertha in der kommenden Saison nur in der Europa League landen. Das wäre
       aber für die Psychohygiene dieses Vereins gar nicht so schlecht. Eenen uff
       dicke Hose können’se ja immer noch machen, wa.
       
       21 Apr 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Markus Völker
       
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