# taz.de -- Kampf gegen Zwangsabstieg: Fußball-David vor Erfolg
       
       > Beim BGH zeichnet sich ein Erfolg des SV Wilhelmshaven gegen den
       > Fußball-Weltverband Fifa ab: Der hatte den Zwangsabstieg der
       > Wilhelmshavener durchgesetzt.
       
 (IMG) Bild: Kam nicht weit in Wilhelmshaven, brachte dem SV aber allerlei Streit ein: Sergio Sagarzazu (l.)
       
       KARLSRUHE taz | Der Zwangsabstieg des Fußballvereins SV Wilhelmshaven war
       wohl rechtswidrig. Das deutete sich bei der mündlichen Verhandlung am
       Bundesgerichtshof in Karlsruhe an. Das Urteil wird aber erst am 27.
       September verkündet.
       
       Der Konflikt begann in der Spielzeit 2006/2007. Damals verpflichtete der SV
       Wilhelmshaven, damals in der Dritten Liga spielend, Sergio Sagarzazu aus
       Argentinien. Der 19-Jährige konnte sich in Wilhelmshaven zwar nicht
       durchsetzen und spielte in jener Saison nur rund 600 Minuten, bevor er den
       Verein verließ. Dann meldeten sich die beiden argentinischen Vereine, bei
       denen Sagarzazu zuvor gespielt hatte und verlangten
       Ausbildungsentschädigung – zusammen rund 160.000 Euro.
       
       Eigentlich sollen solche Entschädigungen kleinen Vereinen zugute kommen,
       deren Talente zu großen Vereinen wechseln. Hier war es nun anders herum:
       Die argentinischen Großclubs verlangten Geld von einem eher unbedeutenden
       aus Deutschland. Der SV Wilhelmshaven verweigerte die Zahlung, doch der
       Sportgerichtshof CAS bestätigte den Anspruch der Argentinier.
       
       ## Wilhelmshaven zahlte nicht
       
       Dieses Urteil ignorierten die sturen Wilhelmshavener. Deshalb versuchte der
       Fußballweltverband Fifa den Anspruch mit Repressalien durchzusetzen:
       Zweimal wurden dem SV jeweils sechs Punkte abgezogen. Am Ende wurde sogar
       der zwangsweise Abstieg aus der Liga angedroht – aber Wilhelmshaven zahlte
       weiter nicht. Der Verein argumentierte, dass Sagarzazu auch einen
       italienischen Pass habe und deshalb seinen Arbeitsplatz frei wählen könne,
       ohne dass sein Arbeitgeber abschreckende Entschädigungen zahlen müsse.
       
       Die Fifa akzeptierte das Argument nicht, weshalb der Norddeutsche
       Fußballverband (NFV) den Zwangsabstieg zum Saisonende 2013/2014 verfügte.
       Damals spielte Wilhelmshaven schon nur noch in der viertklassigen
       Regionalliga. Der Verein geriet nun aber so stark in Turbulenzen, dass er
       inzwischen sogar in die siebtklassige Bezirksliga abgerutscht ist.
       
       Einen ersten juristischen Erfolg erzielte Wilhelmshaven Ende 2014: Das
       Bremer Oberlandesgericht (OLG) erklärte den Zwangsabstieg für rechtswidrig.
       Die Höhe der Entschädigungssumme beeinträchtige die Freizügigkeit des
       EU-Bürgers Sagarzazu und hätte deshalb nicht durchgesetzt werden dürfen,
       hieß es.
       
       Die Fifa hatte die Entschädigungssumme danach bemessen, was der SV
       Wilhelmshaven bei der Ausbildung des Spielers eingespart hat.
       Richtigerweise hätte aus Sicht des OLG aber nur das verlangt werden dürfen,
       was die argentinischen Vereine aufgewandt hatten.
       
       ## Wenig Folgen für den Weltfußball
       
       In der Revision beim BGH spielte die Höhe der Entschädigungssumme nun gar
       keine Rolle mehr: Der Vorsitzende Richter Lutz Strohn deutete zwar an, dass
       der Senat den Zwangsabstieg für rechtswidrig erklären wird, aber aus einem
       ganz anderen Grund.
       
       Der SV Wilhelmshaven habe sich nämlich nie wirksam der Disziplinargewalt
       der Fifa unterworfen. Die Satzung des Norddeutschen Fußballverbands sehe
       dies ebenso wenig vor wie die damalige Lizenzvereinbarung für die
       Regionalliga. Trotz dieser klaren Ansage will das Gericht sein Urteil aber
       erst Ende September verkünden.
       
       Die Folgen für den Weltfußball dürften sich in Grenzen halten. Um ähnliche
       Konflikte künftig zu vermeiden, müssen die regionalen Fußballverbände nur
       ihre Satzungen oder Lizenzvereinbarungen ergänzen. Spannender ist die
       Frage, was das zu erwartende Urteil dem SV Wilhelmshaven bringt. Der
       Bezirksligist kann ja nicht einfach drei Klassen in die Regionalliga
       aufsteigen. Dort würde er vermutlich aus wirtschaftlichen Gründen gar keine
       Lizenz erhalten.
       
       Wahrscheinlich wird Wilhelmshaven versuchen, Schadensersatz einzuklagen.
       
       6 Jul 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Rath
       
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