# taz.de -- Karriere per Internet: Der öffentlich-rechtliche YouTuber
       
       > Millionen Zuschauer haben seine Videos auf YouTube geklickt: Dabei wirkt
       > Fabian Nolte aus Oyten bei Bremen immer ein bisschen belehrend.
       
 (IMG) Bild: Kommentiert auf YouTube ziemlich ironisch die Welt: Fabian Nolte.
       
       Rundfunk ist nicht cool. Und da Coolness das wichtigste Kapital eines
       YouTubers ist, steckt Fabian Nolte in einem Dilemma. Denn der noch nicht
       einmal zwanzig Jahre alte junge Mann, der sonst im Keller seines
       Elternhauses kleine Videoclips drehte und damit gut zwei Millionen Klicks
       bei YouTube erreichte, ist seit 2014 beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk
       angestellt.
       
       Er hatte auch allein großen Erfolg, gewann 2013 den Webvideopreis in der
       Kategorie Newbie als bester Nachwuchskünstler. Doch mit nicht einmal einem
       Euro für 1.000 Klicks, den die Plattform angeblich zahlt, kann man bei
       YouTube nicht reich werden – zumindest solange man keine Schleichwerbung
       für Games, Makeup oder Klamotten macht.
       
       So nahm Fabian nach dem Abitur gerne das Angebot von Radio Bremen Vier an,
       wo er nach einem einjährigen Praktikum inzwischen einen festen Job hat: Er
       entwickelt YouTube-Formate für den Sender. Radio Bremen Vier, ursprünglich
       ein Jugendsender, der inzwischen aber eher von jung gebliebenen
       Über-Dreißigjährigen gehört wird, und sich als Talentschmiede einen Namen
       gemacht hat: Hier haben Jan Böhmermann und Arnd Zeigler, der inzwischen für
       den WDR „Zeiglers wunderbare Welt des Fußballs“ produziert, mit ihren
       Radiosendungen angefangen. Es ist also die richtige Adresse für Fabian
       Nolte, aber folgen ihm seine Follower nach diesem Wechsel über die Fronten
       zu den Öffentlich Rechtlichen?
       
       Mit 14 Jahren nannte er sich für seine Auftritte im Netz dailyknoedel, weil
       ihn die Mischung aus neu- und urdeutschen Worten reizte, und er begann in
       eine billige Kamera hinein kleine Reden über seine Sicht der Welt zu
       halten. Man kann diese ersten Versuche immer noch auf YouTube finden und er
       sieht darauf noch wie ein Kind aus, das ziemlich altklug seine Meinung über
       das Dschungelcamp kundtut.
       
       Dass sich ein paar Tausend Menschen diese kleinen Filmchen dann tatsächlich
       angesehen haben, ihn in ihren Kommentaren dafür lobten und als Abonnenten
       mehr von ihm sehen wollten, war dann eine prägende Erfahrung für ihn.
       Filmtechnisch entwickelte er wenig Ehrgeiz, und so bestehen bis heute die
       meisten seiner Clips aus Frontaleinstellungen von ihm, während er mit
       direkten Blick in die Kamera spricht.
       
       In professionellen Genres wie dem Dokumentarfilm sind solche Talking Heads
       ja inzwischen eher verpönt, aber auf YouTube sind sie das vorherrschende
       Stilmittel. Zum einen, weil man kaum einfacher und billiger arbeiten kann.
       Zum anderen aber auch, weil so immer ein direkter Augenkontakt zwischen
       Sender und Empfänger hergestellt wird. Der Reiz des Mediums besteht auch
       darin, dass viele User sich direkt angesprochen fühlen und
       freundschaftliche Gefühle zu den YouTubern entwickeln.
       
       Das zeigt sich auch in den Kommentaren. Es gab und gibt dann auch immer ein
       paar Trolle, die ihn wüst beschimpften, aber da Fabian Nolte auch diese
       Erfahrung von Anfang an machte, entwickelte er schnell ein dickes Fell. So
       konnte er auch den Shitstorm aushalten, der vor einiger Zeit über ihn
       einbrach, weil er es wagte, sich über einen anderen YouTuber lustig zu
       machen.
       
       Ehrgeizig ist er, wenn es um Inhalte geht: „Content“, wie dies im
       Branchenjargon genannt wird, ist auch eindeutig seine Stärke. Er
       produzierte etwa „Vorschnelle Nachrufe“ auf Prominente wie Otto, Stefan
       Raab und Markus Lanz, die zwar noch nicht tot, aber für ihn schon gestorben
       waren. In der Serie „Erklärt für Aliens“ gab er Außerirdischen Lektionen zu
       Themen wie Geld, Bildung, Regeln oder Unterhaltung.
       
       Diesen rhetorischen Dreh kannte zwar schon Mark Twain, aber er ist immer
       noch effektiv und für Nolte, der immer auch ein wenig belehrend wirkt,
       lieferte er einen guten Rahmen. Am interessantesten war aber sein Format
       „Epi-Log“, für das er jeweils am Ende einer Woche die Vorkommnisse der
       letzten Tage ironisch kommentierte.
       
       Seit Nolte bei Radio Bremen arbeitet, produziert er kaum noch für seine
       YouTube-Formate und hat dadurch sicher auch einige seiner Abonnenten
       verloren. Doch den „Epi-Log“ führt der Radiosender im Grunde als „Was mit
       Fabian“ weiter. Darin kommentiert Nolte regelmäßig aktuelle Themen – zum
       Beispiel den Brexit. Nolte und sein Team wollten ihn so schnell ins Netz
       bringen, dass sie zwei Versionen vorproduzierten, und dann die zum
       Wahlergebnis passende noch am gleichen Tag hochluden.
       
       Nolte steht am liebsten vor der Kamera und schreibt seine Texte. Für die
       filmische Umsetzung, also Kamera, Ton und Montage, hat er nun beim Sender
       ein Team und mit diesem hat er inzwischen einige aufwendigere Clips
       produziert. Darunter die Reihe „Bad Jobs“, die aus kleinen komischen Szenen
       über Arbeitsverweigerer besteht, in denen Nolte sich etwa mit einem
       Feuerwehrhelm auf dem Kopf bei einem Brandeinsatz eine Zigaretten anzündet.
       
       Für das Projekt „YouTuber gegen Hass“ drehte er den Spot „Der Neue im Dorf“
       in dem er in einer Doppelrolle ganz in Weiß über einen zugereisten Fremden
       schimpft und in schwarz gekleidet als der Diskriminierte darauf antwortet.
       Auch hier ist die Grundidee simpel und alles andere als neu, aber die
       Zielgruppe, die zu einem großen Teil männlich und zwischen 18 und 24 Jahren
       ist, schaut sich diese Clips offensichtlich gerne an, denn die
       Abonnentenzahlen wachsen langsam und stetig.
       
       Nolte ist ein netter, politisch korrekter YouTuber. Er sieht sich selbst
       als einen Kabarettisten, der „Fernsehen für Arme“ macht. Mit 19 Jahren hat
       er schon eine imponierende Karriere hinter sich, aber wenn sie sich in ein
       paar Jahren als Sackgasse entpuppen sollte, will er vielleicht doch
       Soziologie studieren. Nein, cool ist er nicht gerade – und deshalb bei
       Radio Bremen gut aufgehoben.
       
       6 Jul 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Wilfried Hippen
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Kabarett
 (DIR) Youtube
 (DIR) Werder Bremen
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Arnd Zeigler über den Ernst im Fußball: „Ich will Fan bleiben können“
       
       Arnd Zeigler ist Anhänger und Stadionsprecher von Werder Bremen, aber seine
       TV-Fußballshow wird bundesweit geschätzt.