# taz.de -- Flüchtlingspolitik in Kamerun: Boko Haram und Flucht im Erdölgebiet
       
       > Kamerun ist ein Pulverfass: Die anglophonen Provinzen fordern
       > Unabhängigkeit, im Hohen Norden konkurrieren Binnenflüchtlinge mit
       > nigerianischen Flüchtlingen und Boko Haram operiert in einem Gebiet, wo
       > demnächst Öl gefördert wird.
       
 (IMG) Bild: Flüchtlinge aus Nigeria im Minawao-Lager in Kamerun
       
       Präsident Paul Biya, seit 1982 im Amt, gilt als der afrikanische Staatschef
       mit dem höchsten Einkommen. 610.000 US Dollar pro Jahr soll sein Einkommen
       betragen, berichtet die Online-Plattform Africa Review, das 227-fache des
       durchschnittlichen Lohnes eines Kameruners. Seit den 1980er Jahren
       schwächelt die Wirtschaft Kameruns. Armut, Wirtschaftskrise, wachsende
       Bevölkerung, Auslandsverschuldung, schlecht geplante Innenstädte,
       Korruption sind die Stichworte.
       
       2009 wurde die „Vision 2035“ entwickelt, mit der Kamerun zum Industrieland
       mit mittleren Einkommen aufsteigen soll, eine gewagte Zukunftsprojektion.
       Der große wirtschaftliche Aufschwung ist ausgeblieben, obwohl Kamerun in
       der Region ein attraktives Migrationsziel ist. Seit den 1980er Jahren ist
       und bleibt Auswanderung die große Hoffnung der frustrierten Jugend.
       
       Kamerun und der Nachbarstaat Nigeria haben ein Abkommen, dass ihren Bürgern
       ein visa-freies Reisen ermöglicht, aber kein Niederlassungsrecht
       beinhaltet. Viele englischsprachige Kameruner versuchen daher ihr Glück im
       Nachbarland Nigeria, wenn sie die Diskriminierung unerträglich finden.
       Viele der frankophonen Kameruner finden Beschäftigung in den Erdölländern
       Gabun und Äquatorial-Guinea. Die Abwanderung von Kamerunern wird allerdings
       durch Zuwanderer aus den Nachbarländern Zentralafrikanische Republik,
       Tschad, Äquatorial Guinea und Nigeria ausgeglichen.
       
       Schlecht für die Wirtschaft ist hingegen die Abwanderung qualifizierter
       Arbeitskräfte: 42,3 Prozent der laut der Internationalen Organisation für
       Migration (IOM) in Europa arbeitenden 57.050 Kameruner sind hoch
       qualifiziert. Laut der Kamerunischen Ärztevereinigung arbeiten 4.200
       Mediziner aus Kamerun im Ausland. Diese tragen mit ihren
       Heimatüberweisungen von zuletzt 167 Millionen US-Dollar (World Bank, 2008)
       zu knapp einem Prozent des kamerunischen Bruttoinlandsproduktes bei.
       
       Der letzte Bericht der Internationalen Migrationsbehörde (International
       Organisation of Migration, IOM) listet 170.363 Auslandskameruner.
       Beliebteste Migrationsziel in Europa ist Frankreich, mit 38.530 Kamerunern,
       gefolgt von dem Ölförderland Gabun (30.216 Migranten), Nigeria (16.980) und
       den Vereinigten Staaten (12.835 Migranten). Im Dezember 2015 lebten 19.800
       Kameruner in Deutschland. Im gleichen Jahr wurden 964 Asylanträge gestellt,
       aber kein einziger erfolgreich. Im Vergleich haben weltweit 6545 Kameruner
       Asylanträge gestellt, mit einer Aufnahmequote von 23,1 Prozent.
       
       ## Vorreiter in Sachen Rückführungen
       
       Kamerun hat keine Migrationspartnerschaft mit der EU und kein
       Rücknahmeabkommen. Zurzeit wird allerdings diskutiert, ob Kamerun auf die
       EU-Liste sicherer Herkunftsstaaten kommen soll. Belgien und Frankreich
       haben in der Vergangenheit bereits Massenabschiebungen nach Kamerun
       durchgeführt.
       
       Kamerun hat mit Frankreich (2009) und der Schweiz (2014) ein bilaterales
       Migrationsabkommen geschlossen und mit Spanien (2011) eines über
       Polizeikooperationen, das auch eine Klausel zur Rückführung enthält. Das
       Migrations- und Entwicklungsabkommen mit Frankreich enthält auch
       Vereinbarungen zur Rückführung.
       
       In Belgien ist die kamerunische Gemeinde die drittgrößte, nach der
       Demokratischen Republik Kongo und Marokko. 2010 hat Belgien begonnen, die
       freiwillige Rückkehr über das europäische Projekt zur Reintegration ERIN zu
       fördern. Seit 2007 führt Frontex konzertierte Rückkehroperationen nach
       Kamerun durch. Kamerun selbst hat festgelegt, dass es nur drei Rückkehrer
       pro Flug entgegennimmt und keine Charterflüge akzeptiert. Der Verein „No
       Borders“ berichtet dennoch von einer Gruppen-Rückschiebung im März 2015 von
       Madrid nach Douala und anderen Einzelabschiebungen.
       
       Eine Studie der Universität Amsterdam berichtet, dass eine private
       Sicherheitsfirma an den Flughäfen Douala und Yaoundé Dokumente für
       Reisegäste nach Frankreich, Belgien, Marokko und die Türkei überprüft. Auf
       Druck der französischen Regierung sei ein Gesetz erlassen worden, dass
       irreguläre Ausreise als Straftat definiert. Rückkehrer und am Flughafen
       Douala Zurückgewiesene würden ins nahegelegene Gefängnis New Bell Prison
       gebracht und Ermittlungen wegen illegalen Grenzübertritts eingeleitet. Das
       Register des Gerichts nahe des Flughafens Douala weist 50 Eintragungen von
       Ermittlungen wegen illegalen Auswanderungen im Jahr 2013 nach.
       
       ## Unterversorgte Flüchtlingslager im Hohen Norden
       
       2015 versorgte Kamerun fast eine halbe Millionen Flüchtlinge aus den
       Nachbarländern. Dazu kamen noch 200.000 Binnenflüchtlinge, die vertrieben
       wurden, als die nigerianische islamistische Terrormiliz Boko Haram 2014
       versuchte, Gebiete in Kamerun zu erobern.
       
       Knapp 100.000 Flüchtlinge aus Nigeria fanden Zuflucht in der Provinz „Hoher
       Norden“, die an die Tschad-See Region grenzt und vom Krieg mit Boko Haram
       betroffen ist. 60 bis 70 Prozent der Bewohner im dortigen Camp Minawao sind
       zwischen acht und 17 Jahre alt. Immer wieder werden Nigerianer unter dem
       Vorwand der Terrorunterstützung abgeschoben. Dies geschehe im Widerspruch
       zur Flüchtlingskonvention der Vereinten Nationen von 1951, beklagt Amnesty
       International. Im Jahr 2015 wurden so 2.600 Menschen nach Nigeria
       verschafft.
       
       Für 2016 kündigte Kamerun Rückführungen in größerem Ausmaß an, etwa 50.000
       Nigerianer sollten gehen. NEMA, der nigerianische Katastrophenschutz, der
       auch die Flüchtlinge im Nordosten versorgt, spricht von LKW-Transporten mit
       jeweils 40 Flüchtlingen, die jenseits der Grenze, im nigerianischen
       Bundesstaat Adamawa, ausgesetzt worden seien. Auf diese Art seien innerhalb
       von vier Tagen 12.000 Nigerianer, überwiegend Frauen und Kinder,
       repatriiert worden. Im Juni 2016 hatte der Hohe Flüchtlingskommissar der
       Vereinten Nationen (UNHCR), ein trilaterales Abkommen mit Nigeria und
       Kamerun über die Rückkehr von Flüchtlingen abgeschlossen. 80.000 Nigerianer
       sollen im Rahmen dieses Abkommens zurückkehren.
       
       Außerdem leben mindestens 250.000 Flüchtlinge aus der Zentralafrikanischen
       Republik (ZAR) in Lagern im Südosten Kameruns und in den Dörfern der
       Grenzgebiete. Zwischen Dezember 2013 und Oktober 2014 sind knapp 200.000
       Menschen aus der ZAR in die Nachbarländer geflohen. Insgesamt sollen in der
       Zentralafrikanischen Republik 20 Prozent der Bevölkerung geflohen oder
       vertrieben sein, das sind etwa 850,000 Menschen. Das UNHCR beklagt, dass
       nur 30 Prozent der Kosten in den Lagern gedeckt seien. In Kooperation mit
       dem UNHCR werden in den Lagern biometrische Daten, wie Iris-Vermessung,
       Fingerabdruck, Foto, von allen Flüchtlingen erhoben. Damit bekommen sie
       einen kamerunischen Flüchtlingsausweis.
       
       ## Die Tschadsee-Region
       
       Ein Großteil der europäischen Unterstützung für Kamerun ist humanitäre
       Hilfe für die Provinz „Hoher Norden“. Hier sind die Auswirkungen des
       Klimawandels sicht- und spürbar: war der Tschadsee in den 1960er Jahren
       noch der viertgrößte See Afrikas, ist er heute auf ein Zwanzigstel seiner
       Größe, von einst 25.000 auf 1.350 Quadratkilometer, geschrumpft. Im
       Tschadsee-Bassin lebten bis vor Ausbruch des Aufstandes von Boko Haram 20
       Millionen Menschen, von denen drei Millionen vertrieben wurden. Im November
       2016 bahnte sich in der Region eine große Hungersnot an, da die Bauern seit
       Jahren nicht mehr auf den Feldern arbeiten und die Hilfsorganisationen
       finanziell und logistisch nicht in der Lage sind zu helfen.
       
       Während die Nord-Provinzen von Kamerun an den Südosten Nigerias grenzen,
       ist der „Hohe Norden“ wie eine Art Zipfelmütze oben auf Kamerun aufgesetzt,
       eingeklemmt zwischen Nigeria, dem Tschadsee und Tschad. Hinter dem
       Tschadsee liegt die Republik Niger, die ebenfalls von den Angriffen der
       Boko Haram betroffen ist. Während der Tschadsee fast ausgetrocknet und
       damit verschwunden ist, findet die lokale Bevölkerung kaum Möglichkeiten
       ihren Unterhalt zu sichern, wandert ab oder flieht vor Boko Haram.
       
       Die Republik Tschad, östlich des Sees gelegen, fand bereits in den späten
       1970er Jahren Öl im Tschadsee-Bassin. Für 2013 wird eine Produktion von
       jährlich 100.000 Barrel angegeben. Nigeria, im Westen des Sees hatte 2006
       Konzessionen an chinesische Unternehmen vergeben, die Quellen zu
       erforschen. 2015 wurden 23 Ölquellen entdeckt und eine Förderung für Ende
       2016 avisiert. Die staatliche nigerianische Erdölfirma NNPC wiederholt nun
       in regelmäßigen Abständen, dass die Förderung demnächst aufgenommen werde.
       NNPC habe eine bislang nicht öffentlich benannte britische Firma
       beauftragt.
       
       Der Nothilfefond Afrika, der nach dem Migrationsgipfel in Valletta
       aufgelegt worden ist, lässt nun auch Geld in den „Hohen Norden“ von Kamerun
       fließen: humanitäre Hilfe für den UNHCR und die Flüchtlingslager sowie für
       die Förderung der Beschäftigung von Binnenvertriebenen und marginalisierten
       Bevölkerungsteilen. Der EU-Nothilfe-Treuhandfond für Afrika sieht 10
       Millionen Euro für Programme der französischen Entwicklungsagentur ADF und
       sieben Millionen für das deutsche Pendant GIZ sowie 20 Millionen für ein
       Konsortium von Nichtregierungsorganisationen vor.
       
       ## Proteste im anglophonen Teil Kameruns
       
       2016 erlebt Bamenda, die Hauptstadt der kamerunischen Nord-West-Provinz,
       blutige Auseinandersetzungen. Das Militär löste Demonstrationen mit
       Tränengas und Gummigeschossen auf. Lehrer und Juristen hatten seit dem
       Frühjahr immer wieder gegen Diskriminierungen durch die frankophone
       Mehrheit in der Regierung protestiert. Im November 2016 wurde in Bamenda
       der Generalstreik ausgerufen.
       
       Die Nord- und Süd-West-Provinzen gehörten zu Kolonialzeiten zum anglophonen
       Nigeria und bekamen mit der Unabhängigkeit 1960 einen Autonomie-Status, der
       im Laufe der Zeit immer mehr unterwandert wurde. Kameruns frankophoner
       Präsident Paul Biya, seit 1982 im Amt, fürchtet die englischsprachige
       Bevölkerung, denn von hier stammt die Opposition gegen die überwiegend
       frankophone Politik und Wirtschaftselite.
       
       Seit Jahren kreisen hier Hubschrauber am Himmel, am Boden gibt es alle
       zwei, drei Kilometer Militär-Kontrollposten. Dort müssen Fahrzeuginsassen
       aussteigen und zu Fuß passieren. Kein Mensch darf ohne Papiere von einem
       Dorf zum nächsten fahren. Seitdem der Krieg von Boko Haram 2014 auf Kamerun
       ausgeweitet wurde, sind die Kontrollen nochmals verstärkt worden. Es kann
       passieren, dass Reisende eines Überlandbusses im Gänsemarsch und mit
       erhobenen Händen den Kontrollposten passieren müssen. Amnesty International
       berichtet von willkürlichen Verhaftungen und Verschwundenen sowie von,
       manchmal tödlichen, Misshandlungen von Gefangenen. Das
       Antiterrorismusgesetz vom 23. Dezember 2014 hat Grundrechte und bürgerliche
       Freiheiten eingeschränkt sowie die Todesstrafe ausgeweitet.
       
       ## Europäisch-Kamerunische Kooperation
       
       Trotz der verschärften Antiterrorgesetze und der Polizeirepression haben
       Bundesrepublik und EU intensive Polizeikooperationen mit Kamerun. Interpol
       hat eine Niederlassung in der Hauptstadt Yaoundé und die Polizeikräfte von
       Präsident Biya nehmen an Polizeitrainings in Deutschland teil. Kamerun
       partizipiert auch an den Trainings im Rahmen von Europa’s Neuer
       Trainingsinitiative für ziviles Krisenmanagement (ENTRi ), sowie an
       Veranstaltungen der Polizeiakademien CEPOL und EUPST und von Europas
       Privatarmee EUROGENDFOR (European Gendarmerie Force).
       
       Neben den Entwicklungshilfe-Töpfen Europäischen Entwicklungsfonds (EDF) und
       dem nach dem Migrationsgipfel in Valletta aufgelegten Treuhandfond Afrika
       gibt es noch Fonds im Rahmen der Außenpolitik der EU. Das Hauptinstrument
       ist dabei das sogenannte EU-Mittel für Stabilität und Sicherheit (IcSP),
       das ein Budget von 2,3 Milliarden für Krisenvorbeugung und Krisenmanagement
       in den Jahren 2014 – 2020 aufweist. Hier werden Vertrauensmaßnahmen im
       „Hohen Norden“ Kameruns zwischen Bevölkerung und der Regierung als
       Projekttitel genannt und mit knapp vier Millionen Euro veranschlagt. Aus
       dem Budget von IcSP werden ebenfalls drei Millionen Euro für das
       Flughafen-Kommunikationsprojekt (AIRCOP) zur Verfügung gestellt. Im Rahmen
       von AIRCOP werden weltweit Antischmuggel-Einheiten in Flughäfen
       eingerichtet, die miteinander Informationen austauschen können.
       
       In Artikel III des Stabilitäts- und Friedensinstruments werden weitere
       Aufgaben beschrieben, für die auch Kamerun Förderung erhalten kann, wie
       „unvorhergesehene Wahlen und damit in Zusammenhang stehende
       vertrauensbildende Maßnahmen“, Unterstützung von Friedens- und
       Stabilisierungsprojekte in Grenzregionen, Reaktionen auf den
       Ebola-Ausbruch, Unterstützung im Kampf gegen gewalttätigen Terrorismus und
       Stärkung der Widerstandskraft von betroffenen Kommunen und Unterstützung
       von Rückkehr von Flüchtlingen. 200 Millionen Euro sind für diese Aufgaben
       vorgesehen, aber die Liste der in Frage kommenden Empfängerländer ist lang:
       Bosnien und Herzegowina; Burkina Faso; Kamerun; ZAR; Tschad; Kongo DRC;
       Guatemala; Guinea (Conakry); Irak; Libanon; Libyen; Nigeria; Somalia;
       Süd-Sudan; Sudan; Syrien; Türkei; Ukraine; West Bank/Gaza; und Jemen.
       
       Aus dem Budget der EU für Außenbeziehungen wird auch eine Beratungs- und
       Dienstleistungsfirma des französischen Innenministeriums bezahlt. CIVI.POL
       wurde 2001 gegründet und bietet Dienstleistungen aus dem Komplex Innere
       Sicherheit, Zivilschutz und Zivilverwaltung an. CIVI.POL zählt unter
       anderem Grenzschutz-Expertise, Video-Überwachung, Kampf gegen organisierte
       Kriminalität, Personenschutz sowie geheimdienstliche Erkenntnisgewinnung zu
       seinem Repertoire. Für Regionale Unterstützung in der Analyse,
       Programmentwicklung und Ausführung der Bekämpfung von Radikalisierung im
       Sahel und im Maghreb bekommt die Firma rund 1,7 Millionen Euro aus dem
       Budget des Instruments für Stabilität und Frieden. CIVI.POL arbeitet dafür
       nicht nur in Kamerun, sondern im gesamten Sahel und Maghreb Gebiet.
       
       ## Militärische Kooperation
       
       Im April 2016 hat die Europäische Kommission außerdem beschlossen, 50
       Millionen Euro im Rahmen der Afrika Friedensagentur (APF) für die
       Unterstützung der regionalen Einsatztruppe gegen Boko Haram
       bereitzustellen. Im Oktober 2016 wurde der entsprechende Vertrag
       unterzeichnet. Im Februar 2015 hatten die Regierungen von Niger, Nigeria,
       Kamerun, Tschad und Benin eine 8700 Mann starke Interventionsmacht
       aufzustellen, nachdem die Afrikanische Union einer solchen Intervention
       zugestimmt hatte. Zusätzlich zu den 7500 Soldaten, die die Afrikanische
       Union bewilligt hatte, wurden noch hunderte von Polizisten und Zivilisten
       entsandt, um den Aufstand von Boko Haram zu beenden.
       
       Diese regionale Einsatztruppe (MNJTF, Multinational Joint Task Force) wird
       von Benin, Niger, Nigeria, Tschad und Kamerun gestellt. Seit Gründung ihrer
       Gründung hat die, den Einsatz finanzierende APF zwei Milliarden Euro von
       der EU erhalten. Diese Unterstützung wird aus der europäischen
       Entwicklungshilfe bezahlt, aber erst seit 2015, und nur zu fünf Prozent,
       als Offizielle Entwicklungshilfe (ODA, Official Developmental Aid)
       angerechnet.
       
       Ein anderes Instrument der EU-finanzierten Afrika Friedensagentur ist die
       African Standby Force (ASF), die auch 2016 immer noch fast ausschließlich
       vom EDF, dem Europäischen Entwicklungsfond, finanziert wird. Die
       logistische Zentrale ist in der kamerunischen Stadt Douala, während die
       politische Zentrale in Addis Abeba bei der Afrikanischen Union angesiedelt
       ist. Ursprünglich als regionale, afrikanische Friedenstruppe geplant,
       wandelt sich die African Standby Force langsam zu einer Antiterror-Armee,
       die Al-Kaida in Somalia bekämpft und nun auch gegen Boko Haram zum Einsatz
       kommen soll.
       
       ## Geschichte der Konflikte
       
       Das zweisprachige Kamerun war deutsche Kolonie von 1884 bis 1916 und
       entstand aus verschiedenen Entitäten: 1960 wurde Französisch-Kamerun
       unabhängig und das unter UN-Mandat stehende British-Kamerun stimmte in zwei
       Volksentscheiden ein Jahr später positiv über den Beitritt zur jungen
       Republik Kamerun ab. Bis heute gibt es für die 20 Prozent der Bevölkerung
       im Westen englischsprachige Schulen und englischsprachige Gerichte, die auf
       dem britischen Gewohnheitsrecht (Common Law) basieren. Im größeren Teil
       Kameruns wird französisch gesprochen und nach französischem Zivilrecht
       (Code Civil) geurteilt. Wichtige Ministerposten gehen immer an frankophone
       Kameruner. Dafür ist die Opposition englischsprachig.
       
       Auch über 50 Jahre nach der Unabhängigkeit gibt es in der Bevölkerung
       Schwierigkeiten, die Grenzziehungen zu akzeptieren. Erst 2008 wurde die
       Bakassi-Halbinsel, auf der Grenze zwischen Kamerun und Nigeria im Golf von
       Guinea gelegen, vom Internationalen Gerichtshof in Den Haag (International
       Court of Justice, ICJ) endgültig dem Staat Kamerun zugeordnet. Als
       Ölförderregion ist dieses Stückchen des Golfs von Guinea heißbegehrt. So
       reklamiert auch die gewaltlose, sezessionistische Organisation
       Südkamerunischer Nationalrat (SCNC) die Bokassa-Halbinsel für sich. Die
       SCNC erklärte 1999 die Unabhängigkeit Ambazonias, eines Landstrichs, der im
       Prinzip das Gebiet des ehemaligen British-Cameroon umfasst.
       
       12 Dec 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andrea Stäritz
       
       ## TAGS
       
 (DIR) migControl
 (DIR) Kamerun
 (DIR) Boko Haram
 (DIR) Kamerun
 (DIR) Kamerun
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Proteste in Kamerun: Anglophone Region im Aufruhr
       
       Der alte Präsident Paul Biya hat das Land nicht mehr im Griff. Ein
       Schulboykott gibt der anglophonen Aufstandsbewegung Auftrieb.
       
 (DIR) Amnesty-Bericht zu Kamerun: Mit Folter gegen Boko Haram
       
       Bilder von Amnesty zeigen US-Soldaten in einer Anlage in Kamerun, wo
       Islamisten gefoltert wurden. Die NGO fordert nun ein Ende der Hilfen.
       
 (DIR) Protestbewegung in Kamerun: Operation Geisterstadt
       
       Generalstreiks und Träume von Unabhängigkeit: Seit Monaten befindet sich
       der anglophone Landesteil Kameruns im Aufstand.
       
 (DIR) Bananenanbau in Kamerun: Wachstum ohne Mehrwert
       
       Kameruns Bananenproduktion boomt. Konzerne aus den USA und Europa
       profitieren. Doch viele Einheimische erhalten nur einen Hungerlohn.