# taz.de -- ARD-„Tatort“ aus Frankfurt: Moralinsaure Zustandsbeschreibung
       
       > In den Reihen eines Chors versteckt sich viel Deutschtümelei. In einem
       > Friseursalon liegt eine Leiche. An der Wand steht „Kill all Nazis“.
       
 (IMG) Bild: Vera und die Kommissarin
       
       „Fröhlicher Liedgutabend“ steht auf dem Flyer, der auf eine Veranstaltung
       des Chors „Concordia“ hinweist, und den Kommissar Brix (Wolfram Koch)
       konsterniert betrachtet. „Mein Gott, ich krieg Angst.“ Nun ist das deutsche
       Volksliedgut zwar manchmal nicht schön, wird aber auch durchaus nicht nur
       von Nazis gesungen.
       
       Doch dieser fünfte Fall für das Frankfurter Ermittlerduo Brix/Jannecke
       (Margarita Broich) liebt das Symbolschwangere, und so trügt das Gefühl des
       Kommissars nicht: In den Reihen des volkstümelnden Chors versteckt sich in
       der Tat viel Deutschtümelei oder, wie Brix sagt: „braune Scheiße“. Es geht
       um die Identitären, die hier „die Kongruenten“ heißen: die neurechte
       Intellektuellen-Abteilung der Nazis, die optisch ein bisschen auf linken
       Hipster macht, aber stramm nationalistisch ist.
       
       Was ist passiert? In einem ausgebrannten Friseursalon finden sich die
       Leiche von Azubi Melanie und der Schriftzug: „Kill all Nazis.“ Angestellte
       Vera (Jasna Fritzi Bauer) will einen der afrikanischen Dealer von gegenüber
       bei dem Anschlag beobachtet haben, zuvor habe er Streit mit der toten Azubi
       gehabt. Vera schimpft auf die „Kanaken“, der Kommissarin kommen Zweifel:
       Sie folgt Vera, sieht sie in einer Nazi-Kaschemme tanzen und fragt sich, ob
       den Dealern die Tat von rechts untergeschoben werden soll.
       
       Ein Hoch auf Margarita Broich, die es schafft, auch die gröbsten
       Plattitüden mit Verve vorzutragen: „Mensch, die Hautfarbe und die
       Nationalität haben doch gar nichts mit Gut und Böse zu tun“, herrscht sie
       Vera an, und man hat Angst, dass der Kommissarin dabei die Augen aus dem
       Kopf kullern. „Land in dieser Zeit“ als Titel trifft es denn auch ganz gut:
       eine manchmal etwas holzschnitzartige, etwas moralinsaure, aber durchaus
       zutreffende Zustandsbeschreibung. Und am Ende sitzt man da und denkt: Was
       für eine Scheiße!
       
       8 Jan 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Anna Klöpper
       
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