# taz.de -- WM-Affäre 2006: Er hat sich bemüht
       
       > DFB-Chef Reinhard Grindel zeigt sich im Sportausschuss
       > kooperationsbereit. Das Lob der eigenen Aufklärungsarbeit gerät aber ins
       > Zwielicht.
       
 (IMG) Bild: Reines Gewissen? DFB-Chef Reinhard Grindel (neben dem Papst) nimmt das für sich in Anspruch
       
       BERLIN taz | Viele Fragen haben die Bundestagsabgeordneten des
       Sportausschusses im Sitzungssaal 4800 an Reinhard Grindel gerichtet. Dass
       die Antworten des Präsidenten des Deutschen Fußball-Bunds (DFB) nichts
       wirklich Neues erbrachten, erstaunte indes kaum.
       
       Schließlich hatte Grindel bereits im November die Aufklärungsarbeit für
       beendet erklärt, auch wenn misslicherweise die entscheidende Frage noch
       ungeklärt ist: Wofür hat das WM-Organisationskomitee via Franz Beckenbauer
       6,7 Millionen Euro nach Katar an die Firma des damaligen
       Fifa-Vizepräsidenten Mohammed bin Hammam überwiesen?
       
       Grindel betonte am Dienstag erneut, der DFB habe in seinen Möglichkeiten
       alle Antworten zu den Vorgängen um die Vergabe der WM 2006 gegeben. Es sei
       nun Aufgabe der Staatsanwaltschaft, die fehlenden Erkenntnisse zu gewinnen.
       
       So war der Termin am Dienstag in Berlin für Grindel nicht mehr als eine
       Repititionsübung und der Grünen-Abgeordnete Özcan Mutlu resümierte
       entsprechend: „Ich habe nichts erfahren, was ich nicht vorher schon wusste.
       Wir fordern weiterhin eine lückenlose Aufklärung und Transparenz.“
       
       ## Strategiewechsel des DFB
       
       Eine Erkenntnis hob er hervor, habe er dann doch neu gewonnen. Der DFB habe
       gemerkt, dass er kooperieren müsse. „Herr Grindel war bemüht, alle Fragen
       zu beantworten.“ Im Dezember ließ er noch einen Termin im Sportausschuss
       platzen, und der DFB stellte zu diesem Anlass auch noch die Zuständigkeit
       des Sportausschusses infrage.
       
       Davon war nun keine Rede mehr. Möglicherweise hat das auch mit den
       Druckmitteln zu tun, die den Bundestagsabgeordneten theoretisch zur
       Verfügung stehen. So sprach sich Mutlu gegen eine Unterstützung der
       Bundesregierung für die DFB-Bewerbung um die EM 2024 aus, solange die
       Affäre um die WM 2006 nicht restlos aufgeklärt sei. Der Steuerbefreiung auf
       die Gewinne, welche die Uefa stets vom Ausrichterland einfordert, müsse die
       Bundesregierung ja nicht zustimmen.
       
       Realistisch ist ein derartiges Szenario zwar nicht, doch der DFB hat
       offenbar bemerkt, dass es taktisch klüger ist, seine ihm mehrheitlich loyal
       ergebenen politischen Mitspieler ernst zu nehmen. Dieser neuen Einsicht war
       es wohl auch zu verdanken, dass Reinhard Grindel dann dem Sportausschuss
       doch noch ein wenig Aufklärungsarbeit in Aussicht stellte.
       
       Denn Mutlu brachte einen wunden Punkt aus dem Freshfield-Bericht, den der
       DFB in Auftrag gegeben hatte, zur Sprache. Im Privatbesitz des verstorbenen
       DFB-Präsidenten Gerhard Mayer-Vorfelder gibt es nämlich DFB-Akten, welche
       die Erben den Freshfield-Ermittlern nur auszugsweise zur Verfügung gestellt
       haben. Allein das ist schon ein seltsamer Vorgang.
       
       ## Unzugängliche DFB-Akten
       
       Und Mutlu wundert sich generell über diese Angelegenheit: „Es ist doch
       merkwürdig, dass man DFB-Akten mit nach Hause nimmt und dort aufbewahrt.
       Warum hat der DFB bislang nicht mit Mitteln der Justiz versucht, in Besitz
       seiner Akten zu kommen?“
       
       Grindel versprach, dass er der Geschichte noch einmal nachgehen und dem
       Sportausschuss die Informationen nachreichen werde. Zumindest wusste er,
       dass die Schweizer Behörden bereits eine Durchsuchung im Hause von
       Mayer-Vorfelder beantragt und durchgeführt hatten. Mit deren
       Aufklärungsdrang können wohl weder die deutschen Behörden, die
       Staatsanwaltschaft Frankfurt, noch der DFB mithalten.
       
       Auch das war eine interessante Erkenntnis am Dienstag. Und sie stand
       offenkundig im Widerspruch zur Darstellung von Grindel, dass der Verband
       alles zur Aufklärung getan habe und man deshalb „völlig reinen Herzens“
       sei.
       
       Die Grünen setzen derweil auch die Bundesregierung unter Druck. Mit einer
       Kleinen Anfrage hat man die Regierung ins Verhör genommen. Unter anderem
       geht es darum, warum gegenüber der Regierung von Katar keine diplomatischen
       Bemühungen unternommen wurden, um mehr über die Motive der Überweisung von
       Beckenbauer an bin Hammam zu erfahren. Die Bundesregierung drückte sich um
       eine Antwort und bestätigte nur, dass dies in den bilateralen Gesprächen
       kein Thema gewesen sei.
       
       ## Hoffen auf die Schweiz
       
       Dagmar Freitag, die Vorsitzende des Sportausschusses und SPD-Abgeordnete,
       zeigte nach dem Besuch von DFB-Chef Grindel Verständnis für dessen
       Position: „Der DFB befindet sich in einem Dilemma. Seine
       Aufklärungsinstrumente sind begrenzt, die Befugnisse staatlicher
       Ermittlungsbehörden deutlich größer.“ Sie verstehe, dass man erst einmal
       die Arbeit der Staatsanwaltschaft abwarten wolle.
       
       Andererseits erklärte sie zum Fall der unzugänglichen DFB-Akten im Hause
       Mayer-Vorfelder: „Die Anrufung der Gerichte ist schon ein Mittel, das
       erwartbar ist, wenn ein Verband sich zu einer umfänglichen
       Aufklärungsarbeit bekennt.“
       
       Es scheint so, als ob die Entzauberung des deutschen Sommermärchens von
       2006 vorerst den Schweizer Behörden vorbehalten bleibt.
       
       19 Jan 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Johannes Kopp
       
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