# taz.de -- Kommentar Bahn-Schlichtung: Das Himmelfahrtskommando
       
       > Die Bahn untergräbt den 2015 mit der Lokführergewerkschaft errungenen
       > Erfolg. Ramelow und Platzeck sollen nun wieder schlichten.
       
 (IMG) Bild: Die Lokführer wollen sich ihren Erfolg vom Sommer 2015 nicht nehmen lassen
       
       Bodo Ramelow und Matthias Platzeck sollen es richten. Schon wieder. Und
       abermals gleicht ihre Mission einem Himmelfahrtskommando.
       
       Auch wenn es bisher noch keine neuen Streiks gab: Wenn an diesem Mittwoch
       in Berlin die Schlichtung zwischen der Deutschen Bahn und der
       Lokführergewerkschaft GDL beginnt, geht es auch diesmal darum, einen weisen
       Kompromiss in einem Konflikt zu finden, der mehr ist als ein normaler
       Streit unter Tarifpartnern. Ausgang offen.
       
       Mit ihrem Vermittlungstalent war Ramelow und Platzeck vor eineinhalb Jahren
       das Kunststück gelungen, wieder etwas Rationalität in das völlig zerrüttete
       Verhältnis der Bahn mit der renitenten GDL einkehren zu lassen.
       
       Vorausgegangen war eine einjährige Tarifauseinandersetzung mit insgesamt
       neun äußerst wirkungsvollen Streiks. Die Härte des Arbeitskampfes hatte
       ihren Grund darin, dass bei dem Staatskonzern noch eine dritte Akteurin im
       Spiel ist: die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG), weitaus größer
       als die konkurrierende GDL, aber für den Bahnvorstand wesentlich leichter
       zu handhaben.
       
       Das Hauptproblem bestand darin, dass die Bahn keine Tarifverträge mit der
       GDL abschließen wollte, die von denen der zahmeren DGB-Gewerkschaft
       abweichen. Die Lokführergewerkschaft bestand hingegen darauf, nicht nur
       rhetorisch, sondern auch de facto als eigenständiger Verhandlungspartner
       anerkannt zu werden.
       
       ## Reduzierung der Arbeitszeit war ausgehandelt
       
       Mit der im Sommer 2015 erreichten Einigung schienen Ramelow und Platzeck
       den gordischen Knoten zerschlagen zu haben: Die Bahn schloss mit der
       Lokführergewerkschaft ein Tarifpaket ab, das in vielen Punkten zwar
       identisch war mit dem Abschluss, auf den sie sich schon vorher mit der EVG
       verständigt hatte.
       
       Aber es gab einen entscheidenden Unterschied: die Reduzierung der
       Arbeitszeit von 39 auf 38 Stunden. Die allerdings sollte es erst ab Januar
       2018 geben. Das ließ der Arbeitgeberseite genug Zeit, um auch mit der EVG
       eine entsprechende Vereinbarung zu treffen.
       
       Doch genau das ist nicht geschehen. Entgegen des von ihm selbst
       propagierten Gleichbehandlungsgrundsatzes hat sich der Bahnvorstand in
       seiner diesjährigen Tarifrunde mit der EVG neben einer 2,5 prozentigen
       Lohnerhöhung für 2017 und einer Einmalzahlung von 550 Euro auf ein Modell
       verständigt, nach dem sich die Beschäftigten aussuchen können, ob sie ab
       2018 lieber eine Stunde weniger pro Woche arbeiten, jährlich sechs Tage
       mehr Urlaub oder 2,6 Prozent mehr Lohn erhalten wollen.
       
       Gegen eine solch innovative Wahlmöglichkeit ist eigentlich nichts
       einzuwenden, sie hat nur einen gravierenden Haken: Es ist schlichtweg
       dreist, nunmehr von der GDL zu verlangen, sie einfach zu übernehmen. Denn
       es würde ihren Erfolg von 2015 in Frage stellen.
       
       ## Erneute Machtprobe
       
       Die damals abgerungene Arbeitszeitreduzierung nun verrechnen zu wollen,
       zeugt davon, dass die Bahn zu wenig aus dem letzten Arbeitskampf gelernt
       hat. Es ist der alte Fehler, der GDL aufzwingen zu wollen, was mit der EVG
       ausgehandelt wurde. Damit droht eine neue Machtprobe, die möglicherweise
       erneut die Reisenden ausbaden müssen.
       
       Beharrt der Vorstand auf einer nachträglichen „Kompensation“ der
       Stundenverkürzung durch einen Verzicht auf eine prozentuale Lohnerhöhung,
       dürfte eine Verständigung in der jetzt beginnenden Schlichtung äußerst
       schwierig werden.
       
       Er wird mehr bieten müssen. Denn die GDL wird eine Nullrunde für 2018 nicht
       akzeptieren können. Im Falle eines Scheiterns drohen ab Mitte Februar
       Streiks.
       
       Das zu verhindern, ist nun die Aufgabe des rot-roten Duos Ramelow und
       Platzeck. Sie haben schon einmal bewiesen, dass sie gewiefte wie integre
       Unterhändler sind, die eine Lösung finden können. Im Sinne der
       Bahnreisenden ist zu wünschen, dass ihnen das auch diesmal gelingt. Einfach
       wird es nicht.
       
       11 Jan 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Pascal Beucker
       
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