# taz.de -- Gleichstellungspolitik in Deutschland: Da geht noch was
       
       > Mit einem Manifest und Besuchen: Ein Frauenbündnis fordert die
       > Parteispitzen dazu auf, sich nicht auf Manuela Schwesigs Arbeit
       > auszuruhen.
       
 (IMG) Bild: Das Bündnis will Schwesigs Errungenschaften nicht abwerten, sondern erweitern
       
       BERLIN taz | Katja Suding wird am Donnerstag Besuch bekommen. Ein
       Frauentross will bei der FDP-Politikerin in Berlin-Mitte an die Bürotür
       klopfen. Das hat einen Grund: Suding ist Spitzenkandidatin ihrer Partei für
       die Bundestagswahl im September, es ist gut möglich, dass die Liberalen
       demnächst wieder mitregieren dürfen.
       
       Was das für Suding konkret heißt, ist noch nicht ausgemacht. Mit Gewissheit
       aber lässt sich jetzt schon sagen, dass die FDP nicht in jedem Fall eine
       Partei für Frauen ist. Im liberalen [1][Wahlkampfprogramm] finden sich
       Vorhaben wie „Trennung von Netz und Betrieb im Schienenverkehr“,
       „Innovative Kreislaufwirtschaft“, „Blaues Wachstum“, „Meerespolitik als
       Zukunftsaufgabe“.
       
       Um Frauen und ihre Chancen, genauso häufig wie Männer ganz oben in
       Unternehmen, Parlamenten und Universitäten anzukommen, um gleichen Lohn für
       Frauen und Männer, wenn sie dieselbe Arbeit tun, geht es nur am Rande.
       
       Genau darum geht es aber den Frauen, die am Nachmittag bei Katja Suding vor
       der Tür stehen werden: 16 Frauenverbände, die ihren eigenen Angaben zufolge
       insgesamt 12,5 Millionen Frauen vertreten. Unternehmerinnen, Ärztinnen,
       Juristinnen, Ingenieurinnen, Landwirtinnen, Regisseurinnen, arbeitende
       Mütter, Managerinnen. Ihnen dauert das alles zu lange mit der tatsächlichen
       Gleichstellung der Geschlechter – Gesetze für Frauenquoten und
       Gehältertransparenz, Elternzeiten, Elterngelder und Vätermonate hin oder
       her.
       
       Da geht noch was, findet das Frauenbündnis und hat eine Art Manifest
       aufgesetzt. In der „Berliner Erklärung“, so der Titel des Papiers, fordern
       die Verbände unter anderem, die Frauenquote auszuweiten. Davon würden nicht
       nur Frauen in den 108 Großunternehmen profitieren, wie das jetzt der Fall
       ist, sondern auch jene in rund 3.500 kleineren Firmen. Wer die Quote nicht
       einhält, soll Strafe zahlen.
       
       Und weil das ja nicht nur die FDP etwas angeht, sondern auch alle anderen
       Parteien, die in den Bundestag wollen, haben die Frauen ein straffes
       Programm: die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer
       (CDU) wird ebenso besucht wie der SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz,
       Dietmar Bartsch von der Linkspartei, die Grüne Katrin Göring-Eckardt und
       Joachim Herrmann von der CSU.
       
       Das kann man als indirekte Kritik am Quotengesetz der
       Noch-Familienministerin Manuela Schwesig, SPD, werten. Als Missbilligung
       des unzureichenden Transparenzgesetzes für Gehälter, das ebenfalls aus
       Schwesigs Haus stammt und nur für Beschäftigte in Betrieben ab 200
       Mitarbeitenden gilt. Die Gesetze waren, bevor sie beschlossen wurden,
       hochumstritten; Lobbyistinnen und Schwesig haben sie gegen heftige
       Widerstände vor allem aus der Wirtschaft und der Union durchgesetzt. Und
       als sie endlich da waren, zeigten sich manche Befürworterinnen enttäuscht:
       zu wenig Biss, kaum Sanktionen, mehr Makulatur als echter Fortschritt.
       
       Aber so wollen die Bündnisfrauen ausdrücklich nicht verstanden werden. Die
       Gesetze sind schon gut, sagt Monika Schulz-Strelow, Präsidentin des Vereins
       Frauen in die Aufsichtsräte (FidAR): „Aber sie gehen noch nicht weit genug.
       Das muss sich jetzt ändern.“
       
       Manuela Schwesig hat Glück. Sie muss das nämlich nicht mehr machen.
       Demnächst wird sie [2][Ministerpräsidentin in Mecklenburg-Vorpommern] und
       muss sich in der Bundespolitik nicht mehr mit blockierenden
       Koalitionspartnern herumschlagen, keine neuen überzeugenden Argumente für
       erweiterte Quoten und offengelegte Gehälter finden.
       
       Übrigens: Sudings FDP lehnt eine Quote ab. „So werden Frauen zu
       Platzhaltern degradiert und nicht entsprechend ihrer Leistungen gewürdigt“,
       heißt es im Wahlkampfprogramm. So kann man das auch sehen.
       
       1 Jun 2017
       
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