# taz.de -- Gebietsreform der Thüringer Regierung: Nu' mal schön langsam
       
       > Das wichtigste Projekt der rot-rot-grünen Koalition scheitert vor dem
       > Landesverfassungsgericht. SPD und Grüne wollen das Reformtempo zügeln.
       
 (IMG) Bild: Vom Sonnenstein im Eichsfeld kann der Blick unbehindert von Kreisgrenzen schweifen
       
       DRESDEN taz | Nach dem Scheitern der Gebietsreform vor dem
       Landesverfassungsgericht brütet die von Bodo Ramelow (Linke) geführte
       rot-rot-grüne Koalition in Thüringen über den Konsequenzen. Vor allem von
       SPD und Grünen werden jetzt Stimmen laut, die Kreisreform nicht übers Knie
       zu brechen und sich zunächst auf die unstrittigen Gemeindefusionen zu
       konzentrieren. „Jeder Schritt muss jetzt erfolgreich sein“, mahnt der
       Fraktionsvorsitzende der Grünen, Dirk Adams, gegenüber der taz.
       
       Die Funktional- und Gebietsreform ist das aufwändigste Vorhaben der seit
       Herbst 2014 regierenden Koalition aus Linken, SPD und Bündnisgrünen. Als
       einziges Bundesland leistet sich Thüringen bei nur 2,2 Millionen Einwohnern
       immer noch 17 Landkreise, fünf kreisfreie Städte und mehr als 800
       Gemeinden. Änderungen an dieser historisch-kleinstaatlich gewachsenen
       Struktur hatten frühere CDU-geführte Regierungen immer wieder verschleppt.
       
       Mit einem Vorschaltgesetz legte die neue Regierung Eckwerte einer Reform
       wie Kreis-Mindestgrößen fest. Gegen dieses Gesetz hatte die oppositionelle
       CDU geklagt – und am Freitag vor Gericht recht bekommen. „Die Thüringer
       Landesregierung ist krachend gescheitert“, meint CDU-Landeschef Mike
       Mohring in der Leipziger Volkszeitung.
       
       Inhaltlich hatte das Landesverfassungsgericht am Gesetz nichts auszusetzen.
       Es bemängelte jedoch, dass Anhörungs- und Informationspflichten gegenüber
       den Landtagsabgeordneten nicht eingehalten wurden. Das Protokoll der
       Anhörung der kommunalen Spitzenverbände lag den Abgeordneten erst vier
       Wochen nach der Abstimmung vom 23. Juni 2016 vor. Deshalb sei das Gesetz
       aus formalen Gründen nichtig.
       
       Noch am Freitag hatte Ministerpräsident Ramelow erklärt, am Reformprojekt
       festhalten zu wollen. Seine Fraktionsvorsitzende Susanne Hennig-Wellsow
       sieht ebenfalls „keinerlei Anlass, an einer umfassenden Funktional-,
       Verwaltungs- und Gebietsreform zu zweifeln“.
       
       ## „Wir wollen die Reform, aber wir müssen wissen, wie“
       
       Ebenso wie SPD-Landesgeschäftsführer Michael Klostermann, lenkt die
       Linkspartei die Aufmerksamkeit auf Landtagspräsident Christian Carius von
       der CDU. Das Scheitern des Vorschaltgesetzes falle „in seine persönliche
       Verantwortung“, weil er die Auslieferung des Anhörungsprotokolls verzögert
       und so möglicherweise das Gesetz „vorsätzlich torpediert“ habe, erklärte
       Klostermann.
       
       Grünen-Fraktionschef Adams sinniert hingegen selbstkritischer, ob man sich
       vor einem Jahr mit einer Verschiebung der Abstimmung nicht viel hätte
       ersparen können. Ministerpräsident Ramelow hat selbst das Motto
       „Gründlichkeit vor Schnelligkeit“ ausgegeben. Aber im April 2018 sollen
       eigentlich Landräte bereits in den neuen Strukturen gewählt werden.
       
       Er sei wie viele seiner Abgeordneten „ein Freund geordneter Verfahren“,
       antwortet SPD-Fraktionschef Matthias Hey. „Wir wollen diese Reform, aber
       wir müssen jetzt schleunigst wissen, wie das geht!“
       
       Um das genauer festzulegen, wartet nun alles auf die ausführliche
       Begründung des Verfassungsgerichts. Nicht so lange warten kann das
       Regierungskabinett. Auf seiner Sitzung am Dienstag muss es unter anderem
       entscheiden, ob es die Klage gegen das laufende Volksbegehren gegen die
       Gebietsreform zurückzieht. Die ist eigentlich schon obsolet, weil das
       Vorschaltgesetz nichtig und damit auch die Unterschriftensammlung
       gegenstandslos geworden ist.
       
       12 Jun 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Michael Bartsch
       
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