# taz.de -- Abgeordnetenhaus Berlin: Einig uneinig
       
       > Die AfD sorgt sich um Verrohung im Wahlkampf. SPD, Linke und Grüne
       > bestätigen zwar den Befund, werfen ihr aber vor, für dieses Klima selbst
       > verantwortlich zu sein.
       
 (IMG) Bild: Wollte aus SPD-Sicht bloß eine Opferrolle inszenieren. AfD-Fraktionschef Georg Pazderski
       
       „Wir dürfen es nicht hinnehmen, dass der Staat vor linken, rechten oder
       religiösen Extremisten auch nur einen Schritt zurückweicht.“ Was machen
       etablierte Parteien mit einer solchen Feststellung, wenn sie nicht aus den
       eigenen Reihen, sondern von AfD-Fraktionschef Georg Pazderski kommt? Der
       spricht von Verrohung im Wahlkampf, von Attacken auf alle Parteien und baut
       darauf die Forderung nach einer „Erfassungsstelle für Angriffe auf die
       Meinungs- und Versammlungsfreiheit“ auf. SPD, Linke, Grüne, CDU und FDP
       lehnen das ab, tun sich aber nicht leicht damit und behelfen sich viel
       damit, dass der Antrag nicht weiter helfe.
       
       „Die Beschreibung der aktuellen Situation mit zunehmender
       Gewaltbereitschaft ist nicht von der Hand zu weisen“, räumt etwa der
       SPD-Abgeordnete Florian Dörstelmann ein. Und erwähnt einen abgebrannten
       CDU-Wahlkampfbus und Anschläge auf die Jugendorganisation Die Falken in
       Neukölln. Aber eine Erfassungsstelle, angesiedelt bei der
       Landeswahlleiterin? „Straftaten werden von der Polizei erfasst, die kann
       das besser“, sagt Dörstelmann. Er vermutet, der Antrag von der AfD nur
       vorgeschoben, „um eine Opferrolle zu inszenieren.“
       
       Pazderski war ausführlich auf einen medienbekannten Fall in Weißensee
       eingegangen, in dem eine linke Gruppe einen dort ansässigen Zahnarzt unter
       Druck setzt und zum Wegzug drängt. Weder Dörstelmann noch einer seiner
       Nachredner gehen auch nur mit einem Wort auf diesen Fall ein.
       
       Allgemein sagt der SPDler zwar: „Ich verurteile jeden Übergriff im
       Wahlkampf, gleich wem er gilt“ – und während die Opposition diesen Satz
       beklatscht, gibt es vom SPD-Koalitionspartner Linkspartei dafür keinen
       Beifall. Doch das Problem des Antrags sei „die Glaubwürdigkeit der
       Antragsteller selbst“, sagt Dörstelmann und verweist dazu auf jüngste üble
       Äußerungen innerhalb der AfD in Sachsen-Anhalt um deren Vorsitzenden André
       Poggenburg.
       
       Das ist für den parlamentarischen Geschäftsführer der AfD-Fraktion,
       Christian Hansel, eine Vorlage – er nehme dankend zur Kenntnis, dass
       Dörstelmann keine Verfehlungen bei der Berliner AfD sehe. Was sich in
       Sachsen-Anhalt abgespielt habe, „das ist ein Skandal“. Redner von Linken
       und Grünen hingegen, aber auch Innensenator Andreas Geisel (SPD) machen die
       AfD selbst mit dafür verantwortlich machten, dass das politische Klima
       durch Hetze und Populismus so verroht sei, wie die AfD es beklagt.
       
       CDU und Liberale mögen so nicht argumentieren. „Jede Relativierung
       politischer Gewalt ist absolut indiskutabel“, sagt der FDP-Mann Marcel
       Luthe. Fange man an zu unterscheiden, ob sich ein Anschlag gegen die AfD-
       oder die Linksfraktion richte, „würden wir unseren demokratischen Konsens
       aufkündigen“, sagt auch Burkard Dregger (CDU). Er differenzierte aber
       seinerseits und wirft dem rot-rot-grünen Senat vor, bei der Bekämpfung
       linker Gewalt zu versagen.
       
       Senator Geisel sorgt schließlich noch für Überraschendes: Er kündigt an,
       bis Jahresende ein „Versammlungsfreiheitsgesetz“ vorzulegen. Es soll
       vorhandene Vorschriften bündeln und als Grundsatz haben: im Zweifel für die
       Versammlungsfreiheit. Gegenprotest solle dabei in Sicht- und Hörweite
       ermöglicht werden. Derzeit gibt es in Berlin laut Geisel jährlich rund
       5.000 Demonstrationen.
       
       6 Jul 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Stefan Alberti
       
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