# taz.de -- Huddersfield in der Premier League: Nach 45 Jahren wieder aufgestiegen
       
       > Huddersfield Town spielt endlich wieder in Englands erster Liga. Dort
       > will der Verein als Underdog Eindruck hinterlassen.
       
 (IMG) Bild: Lob für den „Terrier-Geist“: David Wagner, Coach von Huddersfield, bei der Aufstiegsfeier seines Klubs
       
       Darauf haben sie 45 Jahre gewartet. Als der Fußballverein Huddersfield Town
       zuletzt in der höchsten englischen Klasse spielte, war Edward Heath
       Premierminister, und T Rex standen an der Spitze der britischen Charts. Am
       Samstag hat die Warterei ein Ende, dann beginnt die neue Saison der Premier
       League, und Huddersfield Town tritt in London gegen Crystal Palace an.
       
       Im Mai hatte Huddersfield, das 1924, 1925 und 1926 englischer Meister war,
       das Entscheidungsspiel um den Aufstieg im ausverkauften Londoner
       Wembley-Stadion gegen Reading gewonnen. Nach 120 Minuten stand es immer
       noch 0:0, im Elfmeterschießen gewann Huddersfield 4:3. Christopher
       Schindler schoss den letzten Elfmeter. Mit seinem Heimatverein 1860 München
       hatte er den Aufstieg in die Bundesliga immer verpasst.
       
       Drei andere Deutsche haben ebenfalls großen Anteil am Aufstieg: Chris Löwe,
       der 2012 mit Borussia Dortmund deutscher Meister geworden war; Michael
       Hefele, der voriges Jahr ablösefrei von Dynamo Dresden gekommen war; und
       vor allem David Wagner, der den Verein seit November 2015 trainiert. Der
       45-Jährige aus Frankfurt war früher ein erfolgreicher Mittelstürmer, später
       arbeitete er als Nachwuchstrainer in Hoffenheim und Dortmund.
       
       Mit dem damaligen BVB-Trainer Jürgen Klopp ist er befreundet, seit sie in
       Mainz spielten. Als Trainer bevorzugen beide eine ähnliche Taktik und
       Spielweise, sodass ihn britische Zeitungen als „Klopp-Klon“ bezeichneten.
       Nun werden sie mindestens zwei Mal in der Saison gegeneinander spielen.
       Zwischen Huddersfield und Liverpool liegen rund 100 Kilometer,
       fußballerisch ist der Abstand wesentlich größer.
       
       ## Der Aufstieg ist ein großes Wunder
       
       Wagner nennt Huddersfields Aufstieg ein „Märchen“. Er schreibt den Erfolg
       dem „Terrier-Geist“ seiner Spieler zu. Der Terrier ist das Wappentier des
       Teams, nach dem Aufstieg wurde das Logo modernisiert. Es soll laut Webseite
       des Vereins die Zugehörigkeit zur Spitze der Fußballpyramide symbolisieren.
       Was Ablösesummen und Gehälter betrifft, ist die englische Premier League
       trotz des Neymar-Deals noch immer die Spitze der Pyramide.
       
       Die Terrier waren erst 2012 in die zweite Liga aufgestiegen. In der
       vorvergangenen Saison landete die Mannschaft auf dem 19. Platz. Der Club
       verfügte über eins der niedrigsten Budgets der Liga, es lag bei rund 10
       Millionen Pfund. Zum Vergleich: Wayne Rooney, der bei Manchester United die
       Saison mehr oder weniger auf der Ersatzbank verbracht hatte, bekam mehr als
       15 Millionen im Jahr. Huddersfields Aufstieg ist ein fast so großes Wunder
       wie Leicester Citys Meisterschaft 2016. Und das Wunder ist lukrativ, es ist
       für den Verein wegen der Fernsehgelder mindestens 170 Millionen Pfund wert.
       
       Auch die Stadt soll von dem Aufstieg profitieren. Jim Chisem, der Sekretär
       des Fanclubs, sagt: „Plötzlich sind alle an Huddersfield interessiert. Es
       ist eine Stadt mit einer radikalen Geschichte.“ 1907 wurde mit Victor
       Grayson der erste revolutionäre Sozialist ins Unterhaus gewählt, auf dem
       St. George’s Square steht die Statue eines anderen Politikers aus
       Huddersfield: Harold Wilson, der ehemalige Premierminister.
       
       ## Die billigsten Premier-League-Spiele überhaupt
       
       Huddersfield liegt im Ballungsraum West-Yorkshire, trotz der Universität
       ist es eine Industriestadt mit gut 160.000 Einwohnern. Früher wurden hier
       vor allem Textilwaren produziert, was der Stadt bis Anfang des vorigen
       Jahrhunderts zu beachtlichem Wohlstand verhalf. Heute gibt es nur eine
       Handvoll von Unternehmen, die aber kaum noch Jobs anbieten.
       
       Der Anteil von Einwanderern aus Indien, Pakistan und Bangladesch ist mehr
       als sechs Mal so hoch wie im britischen Durchschnitt, weil die
       Textilfabriken die Immigranten in den sechziger Jahren rekrutiert haben.
       Seit dem Brexit-Votum vom Juni vorigen Jahres hat sich die Situation
       geändert. 55 Prozent haben in Huddersfield für den Austritt aus der EU
       gestimmt, und eine Reihe von Einheimischen sieht das als Lizenz für offenen
       Rassismus, der sich aber nicht nur gegen Asiaten richtet, sondern auch
       gegen Polen und andere EU-Bürger, sagt Chisem, der eine deutsche Oma hat.
       
       Dass er eine Saisonkarte hat, versteht sich von selbst. Der Verein hat den
       Preis nur um zwanzig Pfund erhöht, die Karte kostet nun 199 Pfund. Billiger
       bekommt man Premier-League-Fußball nirgendwo zu sehen, beim FC Arsenal
       London muss man für die Saisonkarte 891 Pfund bezahlen. Jim Chisem freut
       sich auf den Kampf David gegen Goliath – und der wird zumindest eine Saison
       lang bei jedem Spiel von Huddersfield stattfinden.
       
       11 Aug 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Sotscheck
       
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