# taz.de -- Kolumne Pressschlag: Leaks in Zeiten der Propaganda
       
       > Hacker nehmen sich den Fußball vor und finden Indizien für organisiertes
       > Doping. Doof nur, dass die Hinweise aus Russland kommen.
       
 (IMG) Bild: Jede Menge Kicker haben Ausnahmegenehmigungen für Dopingmittel
       
       Nun wissen wir also, dass auch im Hochleistungsfußball Asthmapatienten
       unterwegs sind. Nachdem die Hackergruppe „Fancy Bears“ Dokumente
       zugänglich gemacht hat, aus denen hervorgeht, dass bei der WM 2010 in
       Südafrika jede Menge Kicker medizinische Ausnahmegenehmigungen für
       Dopingmittel hatten. Der DFB hat bestätigt, dass auch Spieler der
       Nationalmannschaft über entsprechende Atteste verfügten.
       
       Namen hat der Verband keine genannt und somit nicht bestätigt, dass es sich
       um Mario Gomez, Hans-Jörg Butt und Dennis Aogo handelte, wie es in dem
       internen Fifa-Papier heißt, das gehackt wurde. Jetzt wird wieder einmal
       über Ausnahmegenehmigungen diskutiert, über Atteste, die Leistungssportlern
       schwere Krankheiten bescheinigen, über ärztlich legitimiertes Doping. Doch
       es gibt noch eine zweite Diskussion. Die beschäftigt sich mit den Hackern
       und ihren möglichen Motiven.
       
       Die sollen nämlich aus Russland kommen. Die Bären sollen ein Alias des
       Hackerkollektivs „Sofacy Group“ sein, das auch für den Angriff auf die
       Dateninfrastruktur des Deutschen Bundestags verantwortlich gemacht
       wird. Die Fancy Bears sind also keine weißen Ritter, die im Kampf gegen die
       finsteren Mächte des Sports für Sauberkeit und Fair Play stehen. Ihre Hacks
       sind beinahe ebenso verdächtig wie die Sportler, die in den geleakten
       Dokumenten der Einnahme von verbotenen Substanzen bezichtigt werden.
       
       Und so wird mit jedem Hack das vermeintliche Rachemotiv mitgeliefert, das
       die vermeintlichen Russen antreibt, in den Datenbanken, von Sportverbänden,
       der Fifa und Antidopingagenturen zu wühlen. Der jüngste Fußballhack, in dem
       Dokumente geleakt wurden, nach denen es allein 2016 über 200 positive
       Dopingproben im Fußball gegeben hat, kommt kurz nach den Recherchen über
       Doping im russischen Fußball. Demnach war beinahe die komplette
       Nationalmannschaft gedopt zur Fußball-WM 2014 nach Brasilien gereist.
       
       ## Vorwurf – Gegenvorwurf
       
       Es ist das Spiel von Antipropaganda als Propaganda, das hier im
       Sportbereich seine Fortsetzung findet. Auf kritische Berichterstattung über
       Russland reagieren russische Staatsmedien meist mit einem Gegenvorwurf.
       Berichten über das staatlich gelenkte Dopingprogramm in Russland, das zu
       den Olympischen Winterspielen in Sotschi seinen Höhepunkt fand, wird mit
       Vorwürfen gekontert, nach denen auch in den Ländern, in denen die
       russischen Dopingpraktiken besonders vehement kritisiert werden,
       Medikamentenmissbrauch zur Leistungssteigerung betrieben werde. Es tobt so
       etwas wie eine mediale Vorwurfsschlacht. Die Leaks der Fancy Bears wirken
       da als Katalysator.
       
       Nun waren die Dokumente meist echt, die das Bärenkollektiv veröffentlicht
       hat. Der Untersuchungsbericht der US-Antidopingagentur Usada über den
       umstrittenen Trainer des britischen Wunderläufers Mo Farah hat es in sich.
       Dass dieser bei der WM in London dennoch gefeiert wurde, als gebe es da
       kein Verdachtsmoment, könnte durchaus daran liegen, dass den Hackern aus
       Russland finstere Motive unterstellt werden.
       
       Wissen kann man das natürlich nicht. Aber so ist es eben in diesen Zeiten
       von Antipropaganda als Propaganda.
       
       27 Aug 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Rüttenauer
       
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