# taz.de -- ZDF-Serie „Zarah – Wilde Jahre“: Im Kampf gegen die Macker
       
       > Die Serie „Zarah – Wilde Jahre“ erzählt von einer feministischen
       > Journalistin in den Siebzigerjahren. Dabei bedient sie leider olle
       > Klischees.
       
 (IMG) Bild: Hauptfigur und Feministin Zarah Wold (Claudia Eisinger) legt sich mit Abtreibungsgegnern an
       
       Das Thema ist für eine deutsche Fernsehserie ungewöhnlich: In „Zarah –
       Wilde Jahre“ (ab heute, 21 Uhr) steigt die fiktive feministische
       Buchautorin Zarah Wolf (Claudia Eisinger) 1973 bei Deutschlands größter
       Illustrierten als stellvertretende Chefredakteurin ein. Sie will ein großes
       Publikum für feministische Positionen interessieren – davor muss sie sich
       aber erst einmal gegen die ketterauchenden Alkoholikermacker in der
       Redaktion durchsetzen.
       
       „Die Hauptfigur ist ausgedacht, aber wir haben uns natürlich an realen
       Vorbildern orientiert“, sagt Volker A. Zahn, der zusammen mit seiner
       Ehefrau Eva Zahn die sechs Folgen der ersten Staffel geschrieben hat. „Es
       gab ja nicht allzu viele Frauen, die sich Anfang der 70er Jahre einen Namen
       in großen Redaktionen machen konnten. Das waren zum Beispiel Ingrid
       Kolb, Alice Schwarzer, Peggy Parnass oder Wibke Bruhns.“
       
       Die Geschichte spielt zwar in den 70er Jahren, die Figuren sind aber modern
       gestaltet. „In unserer Serie sollen keine Zombies aufmarschieren, die
       vielleicht historisch korrekte, aber heute völlig unverständliche
       Formulierungen benutzen“, sagt Eva Zahn. „Wir finden es besser, wenn die
       Figuren heutig sind und wir uns mit ihnen identifizieren können, statt in
       der Historie stecken zu bleiben.“
       
       Diese Entscheidung wird in der Auftaktfolge zum Problem, weil diese zudem
       reichlich Unwahrscheinliches und einige Übertreibungen aufweist – und
       dadurch insgesamt ein massives Glaubwürdigkeitsproblem entsteht. Bei einer
       vollkommen fiktiven Serie wäre das nicht so wild; aber hier besteht ja der
       Anspruch, Zeitgeschichtliches zu erzählen.
       
       ## Feminismus als Klischee
       
       So ist es kaum vorstellbar, dass eine Quereinsteigerin sofort eine so hohe
       Position bekleidet. Außerdem besitzt die Figur Zarah Wolf ein arg
       selbstbewusstes Auftreten, legt sich sofort mit den Kollegen an und tauscht
       hinter dem Rücken des Chefs eine sexistische Titelseite aus. In keiner
       Sekunde hält man all das für realistisch. Noch dazu stammen viele der
       verwendeten Songs aus den 60er Jahren, was nicht gerade für ein
       70er-Jahre-Gefühl sorgt.
       
       In manchen Szenen entsteht außerdem der Eindruck, als ob die Autoren und
       der Regisseur Richard Huber (warum eigentlich keine Frau?) nicht genau
       wissen, worum genau es bei Feminismus eigentlich geht, und das Thema
       nutzen, um Klischees abzubilden und sich lustig zu machen – Latzhosen und
       Vagina-Erkundungen inklusive.
       
       Komplett missraten ist die erste Folge dennoch nicht. Es gibt eine ganze
       Reihe von Erzählsträngen und Charakteren, die neugierig machen. In den
       weiteren Folgen nimmt die Qualität dann auch zu, die verhandelten Themen
       werden ernster genommen: der Kampf gegen den Abtreibungsparagrafen 218 und
       die damit verbundenen Repressionen, das Erbe der Nazi-Väter, die Frage nach
       den richtigen politischen Strategien. Dazu kommt eine Reihe privater
       Probleme der Figuren.
       
       ## Vergessene Kämpfe
       
       Angesichts dieser Themenfülle müsste die Serie eigentlich heillos
       überfrachtet sein. Es gelingt aber, alle Aspekte elegant in die Story
       einzubauen sowie unterhaltend in Szene zu setzen. Und könnte man einige
       Charaktere anfangs noch für eindimensional halten, entpuppen diese sich als
       so komplex und widersprüchlich, wie sie es im zeitgemäßen Fernsehen sein
       sollten. Sogar die doch sehr spröde Hauptfigur kommt einem ein bisschen
       näher.
       
       In diesem Kontext sind dann auch die von den Autoren bewusst modern
       gestalteten Figuren kein Störfaktor mehr, sondern erleichtern einigen
       Zuschauern vielleicht sogar den Zugang zu vergessenen oder nie bekannten
       Auseinandersetzungen um die Emanzipation der Frau.
       
       Wenn die Serie halbwegs erfolgreich läuft, soll es weitergehen. Die erste
       Staffel ist wahrlich kein Meisterwerk geworden, hat aber gute Momente und
       entwickelt sich positiv. Zarah Wolf sollte noch nicht entlassen werden.
       
       7 Sep 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sven Sakowitz
       
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