# taz.de -- Minderjährige Schmuggler in Simbabwe: Als Tafadzwa seine Unschuld verlor
       
       > Am größten Umschlagplatz für Handelswaren schlagen sich hunderte
       > Straßenkinder allein durch. Sie sind in kriminellen Banden das unterste
       > Glied.
       
 (IMG) Bild: Ihre Gesichter verstecken sie vor der Kamera: Tafadzwa und seine Arbeitskollegen in Breitbridge
       
       BREITBRIDGE taz | Tafadzwa ist ein Profi. Wenn am Busbahnhof Dulivhadzimo
       in der Stadt Beitbridge an der Grenze zwischen Simbabwe und Südafrika ein
       Busfahrer den Motor anlässt und startbereit ist, kommt er mit seinen
       Wasserflaschen angerannt, reicht das Wasser durchs Fenster, nimmt das Geld
       entgegen und kramt dann nach Wechselgeld. Bis er es findet, ist der Bus
       schon losgefahren, der Passagier ist um sein Geld gebracht. Anfangs tat er
       noch so, als würde er dem Bus nachlaufen; inzwischen spart er sich die
       Mühe. „Einmal habe ich auf diese Weise 20 US-Dollar verdient!“, prahlt der
       simbabwische Junge.
       
       Tafadzwa ist 15. Er ist drogensüchtig, er ist Waisenkind. Als seine
       alleinerziehende Mutter in Simbabwes Hauptstadt Harare starb, war er sieben
       Jahr alt. Er verbrachte drei Jahre auf der Straße und ernährte sich aus
       Mülleimern.
       
       Dann hörte er: An der Grenze zu Südafrika kann man gut Geld verdienen. Er
       versteckte sich in einem Lastwagen nach Beitbridge, mit einem Stück Brot
       und etwas Wasser. Die Reise dauerte ewig. Eine Woche hing er dann am
       Busbahnhof Dulivhadzimo herum, bis ihn eine Frau namens MaMoyo als
       Wasserverkäufer anstellte.
       
       „Ich arbeite jetzt“, sagt der 15-Jährige stolz. „Ich bin auch der Chef der
       anderen Kinder, die für meinen Boss arbeiten.“
       
       Bei MaMoyo wohnt Tafadzwa inzwischen auch. Sie hat insgesamt sechs
       Kinderarbeiter in einem Zimmer bei sich zu Hause in Mfelandawonye in
       Dulivhadzimo. Ihre eigenen Kinder leben da nicht, „dies ist kein Ort für
       Kinder“, sagt sie.
       
       Tafadzwa und die anderen Straßenkinder sind für MaMoyo keine Kinder mehr.
       Tafadzwa ist drogenabhängig, er stiehlt, raucht und betreibt Glücksspiele.
       Vor einem Jahr wurde er vergewaltigt – von MaMoyo, seiner Beschützerin. Er
       hatte keine Wahl. In Simbabwe liegt das Mündigkeitsalter, ab dem
       Geschlechtsverkehr legal ist, bei 12.
       
       ## Durch Armut in die Kriminalität gezwungen
       
       Überall in Beitbridge sieht man Kinder, die als Träger oder Verkäufer
       arbeiten. Der Ort gilt als einer der größten Warenumschlagplätze Afrikas.
       So gut wie alle Güter des täglichen Bedarfs bezieht Simbabwe aus Südafrika
       – über Beitbridge.
       
       Mindestens 150 Straßenkinder leben in der Grenzstadt, sagt ein Beamter der
       Wohlfahrtsbehörde, aber das seien nur diejenigen, mit denen seine Behörde
       Kontakt habe. „Die meisten sind gekommen in der Hoffnung, nach Südafrika zu
       gelangen“, erklärt er und sagt, er könne nichts für sie tun. „Wir haben
       kein Geld, um sie nach Hause zu bringen, oder um die Einzelfälle zu
       prüfen.“
       
       Auf der anderen Seite der Grenze äußert sich Kinderpsychologe Kiabetso
       Malutha kritischer. „Beitbridge ist verseucht mit Kindern, die aus ganz
       Simbabwe kommen, um Arbeit zu finden oder nach Südafrika weiterzuziehen“,
       sagt der Südafrikaner, der an der Universität Limpopo lehrt. „Sie haben
       einen Armutshintergrund, der sie zwingt, die Schule zu verlassen. Sie enden
       als Drogenabhängige, Verbrecher und Opfer von Geschlechtskrankheiten oder
       Aids, besonders die Mädchen, die sich prostituieren, um zu überleben.“
       
       Sie sind auch ein Machtfaktor. Vergangenes Jahr verhängte die Regierung von
       Präsident Robert Mugabe in Simbabwe ein Importverbot für Konsumgüter aus
       Südafrika. Die Straßenkinder von Beitbridge gingen auf die Straße: Sie
       plünderten Läden und Warenlager, hauten Autos kaputt und zerstörten
       Straßenschilder. Güter im Wert von mehreren Millionen Dollar wurden
       vernichtet.
       
       Kiabetso Malutha sagt, man muss mit diesen Kindern viel früher zu arbeiten
       anfangen. „In Südafrika kümmert man sich um ihre Schulgebühren und ihre
       Kleidung“, erklärt er. Simbabwes Wohlfahrtsbehörden hätten dafür aber kein
       Geld. Das wurde kürzlich auch in Simbabwes Parlament thematisiert. Der
       Wohlfahrtsausschuss bemängelte fehlende Finanzierung seitens der Regierung.
       
       Oft haben die Kinder keine Eltern mehr. Ihre Großeltern müssen sich um sie
       kümmern und können es nicht. „Die schlechte Wirtschaftslage macht die Lage
       schwieriger“, sagt Kudakwashe Munyoro von der Organisation Women and Law in
       Southern Africa. „Die Regierung (in Simbabwe) hat ihre Verantwortung
       vernachlässigt, Grundbildung, Basisdienste wie Wohnraum und Basisversorgung
       wie Nahrung zur Verfügung zu stellen.“
       
       11 Nov 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Rex Mphisa
       
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