# taz.de -- Klimawandel in Norwegen: Den Walen wird es zu warm
       
       > Touristen-Safaris zu den Meeressäugern in Norwegen werden immer
       > unsicherer. Die Wale ziehen sich in nördlichere Gewässer zurück.
       
 (IMG) Bild: Seltener werdendes Bild in norwegischen Gewässern
       
       Wer schon immer mal in Norwegen an einer Walsafari teilnehmen wollte,
       sollte damit nicht zu lange warten. Die Wale könnten sonst nämlich
       verschwunden sein. Nein, nicht wegen des Walfangs, von dem die
       NorwegerInnen trotz aller internationaler Proteste nach wie vor nicht
       lassen können. Sondern weil sich die Meeressäuger dann weiter nach Norden
       und in Meeresgebiete verzogen haben könnten, die nicht mehr so bequem zu
       erreichen sein werden.
       
       „Ich hoffe ja immer noch, ich könnte falsch liegen“, sagte Audun Rikardsen,
       Professor für Marinebiologie an der Universität Tromsø in der vergangenen
       Woche im norwegischen Rundfunk. Aber es habe ganz den Anschein, dass sich
       bereits eine deutliche Änderung vollzogen habe. Der Walbestand im der
       Region Tromsø vorgelagerten küstennahen Nordatlantik habe sich deutlich
       verringert. „Schon jetzt ist die Wahrscheinlichkeit, noch welche sehen zu
       können, äußerst gering“. Für die Tourismusbranche sei das sicher keine gute
       Nachricht, „aber wir haben schon immer davor gewarnt, dass dieses Abenteuer
       nicht von Dauer sein kann“.
       
       Denn vor der nordnorwegischen Küste halten sich die Wale ja nicht auf, um
       Touristen und Touristinnen eine fotografische Freude zu machen, sondern
       weil sie hier bislang reiche Beute gefunden hatten. Doch die ist in Form
       großer Heringsschwärme stetig weiter auf dem Weg nach Norden. Ähnlich wie
       der Kabeljau lebt auch der Hering da, wo es Nahrung für ihn und seine
       Nachkommen gibt: Plankton, Krebstiere und andere Kleinlebewesen. Und die
       wiederum wollen eine bestimmte Wassertemperatur haben. Weil sich die Meere
       aufgrund des Klimawandels immer mehr erwärmen, folgt in dieser
       Nahrungskette nun ein Klimaflüchtling dem anderen immer weiter nach Norden.
       
       Die Entwicklung habe mittlerweile eine beunruhigende Geschwindigkeit
       angenommen, konstatierte eine Ende Oktober in der Wissenschaftszeitschrift
       PNAS veröffentlichte Studie norwegischer und russischer ForscherInnen.
       Danach steigen auf dem Grund der Barentssee die Temperaturen jährlich um
       0,13 Grad. War der Weltklimarat im Jahr 2014 noch davon ausgegangen,
       Fischpopulationen würden sich aufgrund der Erwärmung der Ozeane im Schnitt
       in einem Jahrzehnt 40 Kilometer nach Norden bewegen, kommt diese Studie nun
       auf den vierfachen Wert.
       
       „Noch können wir den Walen hinterherfahren“, berichtet der Besitzer eines
       größeren Walsafari-Schiffs in Tromsø gegenüber NRK: Das seien schon mal
       mehr als 100 Kilometer weit. Aber es gebe natürlich eine Grenze, ab der
       Zeitaufwand und Treibstoffverbrauch einfach zu groß werden.
       
       Anbieter mit kleineren Booten müssen bereits aufgeben und bieten
       Alternativen wie Fischereiausflüge an. Man müsse ehrlich sein, betont Chris
       Hudson von „Visit Tromsø“: „Nicht etwas versprechen, das man nicht mehr
       halten kann.“ Ein Naturspektakel bleibt den TouristInnen aber in jedem
       Fall: die Polarlichter.
       
       13 Nov 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Reinhard Wolff
       
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