# taz.de -- Proteste in Griechenland: Ein Kompromiss gilt als Verrat
       
       > In Thessaloniki tun Zehntausende ihren Unmut zum Namensstreit mit dem
       > Nachbarn Mazedonien kund. Die UNO versucht zu vermitteln.
       
 (IMG) Bild: Die Bezeichnung Mazedonien geht gar nicht: Demonstranten am Sonntag in Thessaloniki
       
       ATHEN taz | Es war keine Neuauflage der Großkundgebung von 1992, als über
       eine Million Menschen die Straßen eroberten, um für „den griechischen
       Charakter von Mazedonien“ zu demonstrieren. Immerhin kamen am Sonntag
       mindestens 50.000 Demonstranten, glaubt man den Schätzungen in
       Thessaloniki, Hauptstadt der nordgriechischen Region Mazedonien.
       
       Eben darum geht es: Die meisten Griechen wollen nicht, dass der
       Nachbarstaat seinen in der Verfassung verankerten Namen „Republik
       Mazedonien“ behält. Griechenland beansprucht den Namen für sich als Teil
       seines historischen Erbes und befürchtet außerdem Gebietsansprüche auf
       seine gleichnamige Provinz im Norden.
       
       Auch auf der Kundgebung am Sonntag wurden diese Argumente mit Pathos
       vorgetragen. „Demonstriert, meine Brüder“, erklärte der erzkonservative
       Bischof von Thessaloniki. Tausende Menschen waren mit Bussen angereist, mit
       Plakaten und Sprechröhren protestierten sie gegen einen „Verrat“ im
       Namensstreit. Historiker und Journalisten waren die Hauptredner, Politiker
       ergriffen nicht das Wort.
       
       Aber sie waren dabei – allen voran die rechtsextremen Abgeordneten der
       Goldenen Morgenröte. „Ich verstehe nicht, warum ausgerechnet jetzt eine
       Chance auf Annäherung zwischen Athen und Skopje bestehen soll“,
       protestierte der konservative Oppositionsabgeordnete Kostas Gioulekas im
       Radiosender Skai. Gemeint ist die aktuelle Verhandlungsrunde über den Namen
       „Mazedonien“, die UN-Vermittler Matthew Nimetz vergangene Woche eingeleitet
       hatte.
       
       Am Rande der Kundgebung kam es vereinzelt zu Zusammenstößen mit der
       Polizei. Bis Sonntagabend war unklar, inwiefern auch Rechtsextreme daran
       beteiligt waren. Twitter-Meldungen zufolge soll ein seit neun Jahren von
       Autonomen besetztes Gebäude verbrannt worden sein. Antifa-Aktivisten werfen
       den Rechten vor, im Haus Brandsätze gelegt zu haben.
       
       ## Ein Zeichen der Versöhnung
       
       Laut Pressemeldungen sind Kompromissvorschläge wie „Nova Makedonija“ und
       „Ober-Mazedonien“ im Gespräch, „Republik Mazedonien“ bleibt tabu. Nun wird
       über ein Treffen beider Regierungschefs auf dem Weltwirtschaftsgipfel in
       Davos spekuliert.
       
       Immerhin erklärte Ministerpräsident Alexis Tsipras in der Sonntagszeitung
       Ethnos, es sei „nicht absurd, dass der Nachbarstaat den Begriff Mazedonien
       im Namen führt“. Auch der linksgerichtete Bürgermeister von Thessaloniki
       will den Kompromiss und sorgte zudem für ein Zeichen der Versöhnung:
       Neulich empfing er den Premier des Nachbarlandes, Zoran Zaev, zu einem
       Privatbesuch in der nordgriechischen Metropole.
       
       Aus griechischer Sicht existiert zwar kein Staat mit dem Namen Mazedonien.
       Trotzdem landete ein mazedonischer Regierungschef an diesem Tag auf dem
       „Flughafen Mazedonien“ – also bei den Griechen.
       
       Bis der Namensstreit endgültig geregelt ist, pocht Griechenland auf die
       offizielle Ortsbezeichnung „ehemalige Jugoslawische Republik Mazedonien“
       („Former Yugoslav Republic Macedonia“). Unter diesem Namen wurde der
       Nachbarstaat auf griechisches Drängen in den Neunzigerjahren international
       anerkannt.
       
       Doch die Realität hat auch die Griechen eingeholt: „Wir müssen sehen, dass
       140 Länder der Welt den Nachbarstaat mit dem Namen Republik Mazedonien
       anerkannt haben“ mahnte neulich Vizeaußenminister Jannis Amanatidis.
       
       21 Jan 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jannis Papadimitriou
       
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