# taz.de -- Real Madrid in der Krise: Unter der dunkelsten Wolke
       
       > An eine derart schlechte Saison kann sich bei Real Madrid kaum einer
       > erinnern. Nun wird Trainer Zidane als Hauptschuldiger der Misere
       > gehandelt.
       
 (IMG) Bild: Steht derzeit im Regen: Real-Trainer Zinedine Zidane
       
       MADRID taz | In der Schlussphase segelten dann wieder die Flanken in den
       Strafraum. Flanken als Währung der Hilflosigkeit, als Symbol eines
       Verfalls, den keiner versteht. Noch im Sommer sezierte Real Madrid seine
       Gegner so virtuos und variabel, dass es die erfolgreichste Saison der
       Klubgeschichte hinlegte. Nun, in diesem Pokalviertelfinale gegen die
       Vorstädter aus Leganés, gab es zwei Torchancen: die erste verwertete Karim
       Benzema zu einem Treffer. Mit der zweiten scheiterte er an Nereo Champagne.
       Es lief die 81. Minute, und es war die erste Parade des Gästekeepers.
       
       Wenig später war es vorbei, und die „Pepineros“ jubelten, wie sie noch nie
       gejubelt hatten. Die „Gurkenbauer“ aus Leganés, wo sie für ihr Gemüse
       bekannt waren, bevor sie zur heutigen Trabantenstadt wuchsen. Die einen
       Etat von rund 45 Millionen Euro manövrieren (Real: 695) und erstmals
       überhaupt in einem Pokalviertelfinale standen. Und für die es jetzt also
       weitergeht, nach einem verdienten 2:1 auswärts, mit dem sie das
       unglückliche 0:1 aus dem Hinspiel wettmachten.
       
       Sie jubelten, wie kürzlich schon Villarreal über den ersten Erfolg seiner
       Geschichte im Estadio Santiago Bernabéu gejubelt hatte. Wie Girona, die als
       erster Ligadebütant seit 1990 bei Real siegte, wie sogar Al-Jazira aus
       Katar bei der Klub-WM lange führte und am Ende knapp 1:2 verlor. Real hat
       19 Punkte Rückstand in der Liga, nun also auch die andere nationale
       Titelchance verloren, und es ist gerade mal Januar. Es spielt die
       schlimmste Saison seit Erfindung des Farbfernsehens, nur ein Gewinn der
       Champions League könnte sie noch schminken, mindestens aber ein
       Weiterkommen gegen Topfavorit Paris im Achtelfinale. Aber wer soll daran
       glauben?
       
       Wenn das Königreich wankt, fehlt es nie an Dramatik, aber selbst die
       bekannten Maßstäbe wurden während der nächtlichen
       Katastrophenberichterstattung aus dem Bernabéu noch einmal verrückt. Nie in
       zwölf Jahren habe er Sergio Ramos unter einer so dunklen Wolke gesehen,
       erklärte der altgediente Vereinsreporter vom Radiosender Cadena Ser, als
       der Kapitän gegen ein Uhr nachts aus der Kabine kam und von einem
       „mentalen, mehr als körperlichen Problem“ sprach. Derweil sich die
       Diskutanten beim TV-Stammtisch „Chiringuito“ im Laienschauspiel von
       Empörung gegenseitig überboten. Das sei seine schlimmste Stunde im Job,
       sagte einer mit Grabesstimme.
       
       Auch über den Schuldigen dieser rätselhaften Misere herrschte Einigkeit.
       „Desaster wie diese markieren das Ende eines Trainers bei Real Madrid“,
       kommentierte die Sportzeitung As. „Der Schuldige ist Zidane“, assistierte
       man bei der Konkurrenz Marca.
       
       Die Rede ist von einem Mann, der Real vor gut zwei Jahren in fast ähnlich
       miserabler Lage übernahm, seitdem acht Titel holte und als Erster überhaupt
       die Champions League im heutigen Format verteidigte. Aber eben auch von
       einem, der alles dafür zu tun scheint, sein Ende herbeizuführen. Nachdem am
       Sonntag beim 7:1 gegen La Coruña endlich ein Befreiungsschlag aus der seit
       Wochen gärenden Krise gelungen schien, stellte er das Team im Pokal auf
       zehn Positionen um. Statt die zarte Welle zu reiten, setzte er auf eine
       B-Elf, die in den Runden zuvor im Bernabéu nicht mal den Drittligisten
       Fuenlabrada und den Zweitligisten Numancia besiegt hatte. Und das alles,
       obwohl der Pokal längst als Hoffnungsanker der ganzen Saison galt.
       
       Warum, wieso, Körper, Psyche – was ist wirklich los? Zidane konnte es nicht
       erklären. Alle internen Aussprachen haben auch nichts gebracht und für
       taktische Innovationen war er eh noch nie berühmt. Er machte es eher mit
       der Aura. Nun nahm er die Schuld auf sich („Ein Fiasko für mich, ich habe
       mich in vielem geirrt“), griff aber auch die Spieler an („In der ersten
       Halbzeit nicht kompetitiv“) und bestätigte, dass es gegen Paris wohl auch
       um seine Zukunft geht („Ganz klar“). In nichts konnte er den Eindruck
       zerstreuen, das Gefühl für Mannschaft und Situation verloren zu haben.
       „Damit konnte man nicht rechnen“, sagte er. Doch genau das musste man ja.
       
       25 Jan 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Florian Haupt
       
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