# taz.de -- Oberbürgermeisterwahl in Potsdam: Alte Residenz sucht neuen Regenten
       
       > Nach 16 Jahren wird Potsdam im September einen neuen Oberbürgermeister
       > wählen. Der Wahlkampf hat begonnen. Ein Sieg der SPD ist keineswegs
       > sicher.
       
 (IMG) Bild: Potsdams OB Jann Jakobs (r.) Mike Schubert beim Wahlkampf 2010
       
       In Potsdam hat der Wahlkampf begonnen. Im September wird in der
       Brandenburger Landeshauptstadt ein neuer Oberbürgermeister gewählt. Gesucht
       wird jemand, der das rasante Wachstum der Stadt mit ihren rund 170.000
       Einwohnern managen kann. Schon jetzt ist klar, dass sich in der früheren
       Hohenzollernresidenz viel ändern wird, denn Amtsinhaber Jann Jakobs (SPD)
       tritt nach 16 Jahren Regentschaft nicht mehr an. Nun bringt sich die
       Stadtpolitik für das Rennen um die Nachfolge in Stellung.
       
       Vor einer Woche hat die SPD ihren Kandidaten in einer Mitgliederversammlung
       bestimmt: Der amtierende Sozialdezernent Mike Schubert soll das Rathaus für
       die Sozialdemokraten verteidigen. Das wäre auch für die Landes-SPD ein
       gutes Zeichen: Die schaffte es bei der Bundestagswahl nur auf den dritten
       Platz hinter CDU und AfD und liegt seit der gescheiterten Kreisreform
       darnieder.
       
       Schubert will das Wachstum der Stadt bremsen, Investoren zur Kasse bitten
       und mehr Sozialwohnungen bauen. Als Dezernent konnte sich der 44-Jährige
       bisher als Krisenmanager profilieren. So sorgte er für einen größeren
       Gebetsraum, als Muslime wegen Überfüllung der Potsdamer Moschee auf dem
       Bürgersteig beteten, und ließ einen insolventen Pflegedienst durch das
       kommunale Klinikum übernehmen. Parteiintern setzte sich Schubert gegen den
       langjährigen Kämmerer Burkhard Exner durch.
       
       ## CDU mit Rechtsanwalt im Rennen
       
       Für die Linke tritt die parteilose Gleichstellungsbeauftragte Martina
       Trauth an. Ein Parteitag nominierte sie Mitte Januar mit 90 Prozent der
       Stimmen. Inhaltlich lässt sie bisher noch vieles offen. Sie wolle zunächst
       in einen Dialog mit Bürgern treten. Der zweimal als
       Oberbürgermeisterkandidat gescheiterte Linke-Fraktionschef Hans-Jürgen
       Scharfenberg tritt nicht noch einmal an. Man wolle mit einer parteilosen
       Kandidatin ein Angebot machen, das über die Anhängerschaft der Partei
       hinaus Anklang finde, hieß es.
       
       Der CDU-Vorstand bestimmte den Babelsberger Rechtsanwalt und
       Wirtschaftslobbyisten Götz Friederich zum Kandidaten. Der 55-jährige
       frühere Fraktionschef in der Stadtverordnetenversammlung kritisiert die
       Ineffizienz in der Verwaltung und fordert eine Umgehungsstraße.
       
       ## Zwei linke Alternativen
       
       Spannend dürfte die Rolle der linksalternativen Wählergruppe Die Andere
       sein, die mit dem 52-jährigen Aktivisten Lutz Boede antritt. Der
       ehrenamtliche Fußballtrainer mischte unter anderem beim Bürgerbegehren
       gegen den Wiederaufbau der umstrittenen Garnisonkirche mit. Er könnte im
       ersten Wahlgang vor allem die Linke Stimmen kosten. Das deutete sich schon
       auf dem Nominierungsparteitag der Linken an: Dort wurde der Antrag
       gestellt, statt einer eigenen Kandidatin doch Boede zu unterstützen.
       
       Die Grünen treten mit ihrer Fraktionschefin Janny Armbruster an. Die
       Referentin an der Universität Potsdam tritt unter anderem für mehr
       Fahrradwege und die Stärkung des öffentlichen Nahverkehrs ein. In der Frage
       der barocken Restaurierung der Innenstadt – von den Potsdamer Grünen seit
       jeher betrieben – deutet sie Kompromissbereitschaft an: Ein Plattenbau nahe
       dem zentral gelegenen Alten Markt könne stehen bleiben.
       
       Wie das Rennen ausgehen wird, ist ungewiss. Umfragen gibt es auf lokaler
       Ebene bisher nicht. Jüngster Anhaltspunkt sind die Ergebnisse der
       Bundestagswahl. Damals lag die CDU mit 21,6 Prozent knapp vor der Linken
       mit 21,2 Prozent. Die SPD erreichte 18,3 Prozent der Zweitstimmen.
       Allerdings setzte sich im Kampf um das Direktmandat die SPD-Kandidatin
       durch.
       
       Mike Schubert werden – trotz des schwachen Trends in Bund und Land –
       momentan die besten Chancen zugeschrieben, sollte er in die Stichwahl
       kommen: Tritt Schubert dann gegen die Linke-Kandidatin oder den
       CDU-Bewerber an, wäre er für das jeweils andere Lager das kleinere Übel.
       Unklar ist bisher zudem, wer für die FDP und die AfD kandidiert.
       
       28 Jan 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Marco Zschieck
       
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