# taz.de -- Kolumne Gangneung Style: Der Guru der Church of Olympia
       
       > Der Gemeinde des quasi-religiösen IOC kann man sich kaum entziehen. Dem
       > Oberguru fehlt es an Charisma, doch dafür bietet sie Einmaliges.
       
 (IMG) Bild: Oberpriester der Church of Olympia Thomas Bach bei der Predigt
       
       Vielleicht 400 Meter vom Mediendorf entfernt trifft man auf die Zeugen
       Jehovas. In ihrer mobilen Auslage präsentieren sie jene Standardwerke, die
       man so ähnlich auch aus Deutschland kennt. Etwas weiter haben sich zwei
       Frauen aufgebaut, die Beutel mit der Aufschrift „Jesus is you“ verteilen.
       Mädchen werben anderntags für ein christliches Jugendwerk. An der
       Curling-Halle residiert die World Mission Society Church. Es kann kein
       Zufall sein, dass sie alle in der Nähe von Olympia auf Mission sind. Sie
       müssen eine Verwandtschaft mit der Church of Olympia spüren.
       
       Es mögen keine direkten Glaubensbrüder sein, deren Nähe sie da suchen, aber
       Olympia als quasireligiöse Gemeinschaft – die größte in diesen Tagen – hat
       sie angezogen wie Motten das Licht. Man glaubt in der Church of Olympia an
       den Erfolg, an Leistung, aber auch an das Gute, das die Welt zu einem
       besseren Ort machen soll. Dieser Anspruch ist so speziell wie die Idee, das
       Schicksal werde von einem höheren Wesen gelenkt.
       
       Die Church of Olympia wirbt mit einem Heilsversprechen, ihre Eschatologie
       ist die nächste Flower Ceremony. Der Messias ist nicht fern, er steht immer
       schon im Starthäuschen der Abfahrtsstrecke, er sitzt immer schon auf dem
       Rodel. Die Church of Olympia hat einen Oberguru, Thomas Bach. Der ist ein
       Meister des Schwafelsprech. Er sagt etwas, und man weiß sofort: Das kann so
       nicht stimmen. Das ist Propaganda, Phrase.
       
       ## Opferbereite Kirchgänger
       
       Das Unklare und Widersinnige gehören zwangsläufig zur Church of Olympia,
       denn sollte Bach von Korruption, Doping und Kommerzialisierung reden?
       Spricht ein katholischer Priester über Kindesmissbrauch und Frauenquote?
       Komisch nur, dass sie in der Church of Olympia so einen völlig
       uncharismatischen Typen an der Spitze dulden. Da hat die normale Kirche
       mehr drauf. Aber die Church of Olympia hat dafür etwas Einmaliges zu
       bieten: eine opulente Bildwelt, gegen die Michelangelo mit seinen Fresken
       nicht anstinken kann.
       
       Es gibt viele Jünger in der Church of Olympia. Zuerst sind da die Sportler,
       die der Church ihre Gesundheit opfern. Dafür werden sie von den olympischen
       Instanzen mit Edelmetall belohnt. Das ist, auf den ersten Blick, ein
       lächerlich schlechtes Geschäft. Man kann mit 40 – Claudia Pechstein
       ausgenommen – nicht mehr krauchen, hat aber, wenn man Glück gehabt hat,
       eine Goldmedaille im Schrank liegen.
       
       Zum Heer der Jünger gehören viele Journalisten, TV-Zuschauer und Sportfans.
       Irgendwie sind wir alle drin in der Church of Olympia. Das Schöne: Sie ist
       nicht mal kirchensteuerpflichtig. Amen.
       
       16 Feb 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Markus Völker
       
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