# taz.de -- Solidemonstration in Neumünster: Über Puigdemont hinaus
       
       > Linke, Antifas, Katalanen: 100 Unterstützer kommen nach Neumünster, um
       > gegen die Inhaftierung separatistischer Politiker zu demonstrieren.
       
 (IMG) Bild: So kann's gehen: Sie sind da, Puigdemont ist weg
       
       NEUMÜNSTER taz | In einer Wolke steigen die gelben Luftballons in den
       Himmel über Neumünster auf. „Llibertat!“, das katalanische Wort für
       Freiheit, und „Internationale Solidarität“, rufen die Menschen, die sich
       auf dem Marktplatz der Stadt in Schleswig-Holstein versammelt haben. Es
       sind vielleicht 100, die sich auf dem weiten Platz fast ein wenig
       verlieren.
       
       Vermutlich wären sie mehr gewesen, wenn er noch in der Stadt wäre – er,
       „der Präsident“, wie viele der katalanischen Aktivisten Carles Puigdemont
       nennen. Zwölf Tage lang hat der ehemalige Regionalpräsident Kataloniens in
       Neumünster in Haft gesessen. Am Freitag [1][wurde er entlassen] und setzte
       sich nach einem kurzen Statement vor den Toren der Justizvollzugsanstalt in
       ein Auto, das ihn nach Berlin brachte. Statt mit dem Demonstranten zu
       marschieren, hält Puigdemont [2][eine Pressekonferenz in Kreuzberg].
       
       „Schon ein bisschen gemein“, sagt Pau, Katalane aus Barcelona, der heute in
       Hamburg lebt. „Einen Tag hätte er noch abwarten können.“ Als die
       Solidaritätskundgebung, die von Linken, Antifa und Aktivisten der ANC, der
       Katalanischen Nationalversammlung, getragen wurde, geplant wurde, war von
       Puigdemonts Freilassung noch nichts bekannt gewesen.
       
       ## „Es sind weitere Politiker in Haft“
       
       Auch Jordi, der extra aus Thüringen angereist ist, hätte sich eine
       Veranstaltung mit Puigdemont gewünscht: „Das wäre gut gewesen.“ Aber viele
       hatten Verständnis für die Entscheidung des Separatistenführers, aus der
       Provinz in die Hauptstadt zu wechseln: „Das für ihn wichtiger, er trifft da
       die Politiker“, meint eine Frau aus dem Örtchen Kremperheide in
       Schleswig-Holstein, Katalonien-Fan und Jordis Gastgeberin.
       
       Jaume Castan, der in Dänemark an einer Universität Internationale Politik
       lehrt, ist mit seiner Freundin Claudia zur Demo angereist, die er – ob mit
       oder ohne Puigdemont – für wichtig hält: „Es sind weitere Politiker in
       Haft.“ Für deren Freilassung müsse es ein lautstarkes Signal geben. Dass
       das Schleswiger Oberlandesgericht den Vorwurf der Rebellion verworfen und
       Puigdemont unter Auflagen freigelassen hatte, nennt Castan einen „Schlag
       ins Gesicht“ für die spanische Regierung: „Damit haben sie nicht
       gerechnet.“
       
       Politische Fragen seien nicht über die Kriminalisierung politischer Akteure
       zu lösen, sondern müssten demokratisch gelöst werden. Es sein nun wichtig,
       dass Europa sich einmische: „Die EU muss klarmachen, dass selbst ein braver
       Schüler wie der spanische Staat demokratische Regeln im Umgang mit
       Minderheiten und inneren Widerständen einhalten muss.“
       
       ## Kritik an Luckes Puigdemont-Besuch
       
       Zu denen, die im Demonstrationszug mitlaufen, gehören auch Gruppen der
       Antifa aus Neumünster und Kiel. Wie passt Antifa zu einem Politiker wie
       Puigdemont, der sich im Gefängnis ausgerechnet von AfD-Gründer Bernd Lucke
       besuchen ließ? Julian Schmidt von der Kieler Antifa verzieht das Gesicht.
       „Keine Frage, Carles Puigdemont ist bürgerlicher Politiker, für den allein
       ich hier nicht unbedingt demonstrieren müsste.“
       
       Aber die katalanische Sache verdiene durchaus Solidarität, meint Schmidt:
       „Da sind viele lokale und linke Bewegungen beteiligt, die ein Gegengewicht
       zum Rechtsruck der europäischen Politik darstellen könnten.“ Aber Kritik,
       etwa über den Kontakt zu Lucke, sei berechtigt, so Schmidt.
       
       Bernd Lucke verband mit seinem Besuch offenbar große mit kleiner Politik:
       Seine Partei der Liberal-Konservativen Reformer (LKR) steht in Neumünster
       aktuell im Kommunalwahlkampf, die Plakate der Mini-Partei säumen den Weg
       der Demonstranten vom Bahnhof bis zum Marktplatz.
       
       7 Apr 2018
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Esther Geißlinger
       
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