# taz.de -- Politische Krise in Nicaragua: Tausende protestieren gegen Ortega
       
       > Die Demos gegen die Regierungspolitik gehen weiter. Die Opposition will
       > Neuwahlen. Das US-Außenministerium spricht eine Reisewarnung für
       > Nicaragua aus.
       
 (IMG) Bild: Vor allem Student*innen haben sich den Protesten angeschlossen. Diese vergleicht Ortega mit Ex-Diktator Somoza
       
       MANAGUA dpa | Nach blutigen Zusammenstößen zwischen Demonstranten,
       Regierungsanhängern und Polizisten in Nicaragua haben Tausende Menschen
       gegen die Regierung von Präsident Daniel Ortega protestiert. Sie zogen am
       Montag durch die Hauptstadt Managua und skandierten „Frieden“, „Freiheit“
       und „Weg mit Daniel Ortega“.
       
       Zu dem „Marsch für den Frieden“ hatten Unternehmerverbände und Studenten
       aufgerufen. Auch in den Städten León, Chinandega, Matagalpa, Estelí,
       Matiguás, Nueva Guinea, El Tule und Bluefields gingen zahlreiche Menschen
       auf die Straße.
       
       Im Gegensatz zu den vergangenen Tagen ließ die Polizei die Demonstranten
       gewähren und ging nicht mit Gewalt gegen die Menschen vor. Auch die
       regierungstreuen Schlägertrupps, die sich zuletzt immer wieder heftige
       Auseinandersetzungen mit den Demonstranten geliefert hatten, griffen nicht
       ein.
       
       Zuvor hatte die Regierung zum Dialog aufgerufen. „Wir beten ständig für den
       Frieden und den Dialog, als einzige Möglichkeit, um voranzuschreiten“,
       sagte Ortegas Ehefrau und Vizepräsidentin Rosario Murillo.
       
       ## EU verurteilt Ausschreitungen
       
       Die jüngsten Proteste hatten sich an der geplanten Erhöhung der
       Sozialversicherungsbeiträge entzündet. Bei Zusammenstößen zwischen
       Demonstranten, Regierungsanhängern und Sicherheitskräften waren in den
       vergangenen Tagen nach Angaben von Menschenrechtsgruppen rund 30 Menschen
       ums Leben gekommen und Dutzende verletzt worden. Zudem wurden zahlreiche
       Geschäfte zerstört und geplündert. Angesichts des Drucks von der Straße
       kassierte Ortega die umstrittene Reform wieder.
       
       Die Europäische Union verurteilte die Ausschreitungen in dem
       mittelamerikanischen Land. „Gewalt ist nicht akzeptabel. Die
       Meinungsverschiedenheiten müssen im Dialog aus dem Weg geräumt werden“,
       sagte ein EU-Sprecher. „Die Proteste sollten friedlich verlaufen und die
       Sicherheitskräfte sich zurückhalten.“
       
       Die US-Regierung forderte Familien von in Nicaragua stationierten
       Diplomaten auf, das Land zu verlassen. Regierungsmitarbeiter hätten die
       Möglichkeit, freiwillig auszureisen, teilte das Außenministerium mit. Zudem
       riet es US-Amerikanern von Reisen nach Nicaragua ab: Zur Begründung hieß
       es, die Lage sei sehr angespannt und eine sichere Versorgung nicht mehr
       gewährleistet.
       
       Die Opposition fordert eine Neuwahl. Die Krise sei nur durch eine freie und
       demokratische Wahl zu lösen, sagte Víctor Hugo Tinoco von der
       Oppositionspartei MRS. „Die Proteste spiegeln den tiefen Konflikt zwischen
       dem Volk und der Diktatur wider.“ Vor der jüngsten Präsidentenwahl 2016
       hatte Ortega die Opposition in dem mittelamerikanischen Land weitgehend
       ausgeschaltet.
       
       „Die Leute werden die Rücknahme der Reform nicht als eine Lösung der Krise
       akzeptieren“, sagte der frühere Vizeaußenminister Tinoco. „Sie wollen, dass
       die seit Jahren andauernden Angriffe auf die Institutionen des Landes
       aufhören.“
       
       24 Apr 2018
       
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