# taz.de -- Slime-Gitarrist Elf über Störtebeker: „Am Störte-Song saß ich eine Stunde“
       
       > „Legal, illegal, scheißegal“ – Slime dichteten Parolen für die Ewigkeit.
       > Gitarrist Elf erklärt, was Störtebeker und der „liebe Gott“ im Punk
       > verloren haben.
       
 (IMG) Bild: Schrummeln bis heute gern den Störtebeker: Gitarrist Elf (2.v.l.) und seine Band Slime
       
       taz: Elf, wäre Störte heute Punk? 
       
       Michael „Elf“ Mayer: Der Legende nach war er der deutsche Robin Hood. Immer
       gegen die Obrigkeit! Den reichen Pfeffersäcken etwas wegnehmen und es den
       Armen gegeben. Die Beute wurde an alle verteilt. Das ist schon eine
       antikapitalistische Einstellung. Finde ich gut!
       
       Okay, die Punks finden Störtebeker gut – die Neonazis aber auch. Warum? 
       
       Die Nazis wollen doch alles und jeden vereinnahmen. Einer wollte sich den
       Begriff „Hardcore“ beim Patentamt sichern. Es gibt eine Fascho-Band, die
       unseren Song „Linke Spießer“ gecovert hat! Und Störtebeker? Der war ein
       Mann des Volkes und gab den Armen zu essen. Vielleicht verstehen die
       Faschos das unter National-Sozialismus. Nur dass die Armen einen deutschen
       Pass haben müssen. Bescheuert.
       
       Wann haben die Punks Störte entdeckt? 
       
       Ich glaube, das waren wir. Ich habe den Song „Störtebeker“ 1982 für unser
       Album „Alle gegen Alle“ geschrieben. Als Kind habe ich eine Hörspiel-LP
       über die Geschichte Störtebekers rauf und runter gehört – mit Claus Wilcke,
       Hellmut Lange und Hans Clarin: großartig! Vielleicht habe ich diese Platte
       ’82 wieder gehört, kann sein. Da kam ein Lied vor: „Wo uns’re Fahne weht,
       ist es für jedes Schiff zu spät …“
       
       „Wir sind im Kampfe vereint …“ 
       
       „… Des lieben Gottes Freund, und aller Welt Feind!“ Das kommt im Slime-Song
       auch vor! Text und Melodie habe ich eins zu eins übernommen. Am kompletten
       Text habe ich maximal eine Stunde geschrieben. Das war früher so. Auch an
       „Bullenschweine“ wurde nicht lange gefeilt. Manchmal saßen wir im
       Proberaum, haben improvisiert und fantasiert, einer gab ein Riff vor – und
       fertig war der Song!
       
       Punks grölen „Des lieben Gottes Freund, und aller Welt Feind“? 
       
       Ja, das war grenzwertig, stimmt. Wir sind ja eigentlich Atheisten. Aber das
       gehört eben zu Störtebeker dazu – und das Lied war ja auch auf der LP!
       Kinder wollen ja auch alle Piraten sein, in den Ami-Filmen waren die
       Seeräuber auch immer die Guten – auch wenn sie in Wirklichkeit gemordet und
       geplündert haben. Wir haben die Stelle dann einfach drin gelassen.
       
       Spielt ihr den Song heute noch? 
       
       Klar, er gehört zu den Klassikern. So wie: „Deutschland muss sterben.“ Ohne
       geht nicht, das wäre seltsam. Die Leute wollen das hören. Der Song geht
       einfach gut ab, hat einen Rock-’n’-Roll-Touch, bisschen Ramones. Außerdem
       haben wir eine Affinität zum FC St. Pauli. Piraten, Totenkopf und so. Das
       ist ja fast eine Hymne.
       
       Störte ist nicht totzukriegen, Punk sprichwörtlich auch nicht. Mögt ihr ihn
       deswegen? 
       
       Kann sein. Klar wird Störte kommerziell ausgeschlachtet. Es gibt
       Restaurants, Führungen und ein Störtebeker-Festival. Das ist okay. Auch als
       Musiker musst du sehen, wo du bleibst. Komplett für umsonst spielen ist
       Quatsch. Ich will von der Musik leben und meine Miete bezahlen. Deswegen
       nehme ich Geld für meine Konzerte. Oft wird gesagt: Die „Toten Hosen“, das
       sind keine Punks. Ich finde die Jungs gut. Die haben uns letztens als
       Vorband engagiert – über die Gage mussten wir nicht lange verhandeln. Die
       haben einfach gezahlt und an uns gedacht. Es gibt auch Millionäre, die sind
       Punks.
       
       6 May 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Tobias Scharnagl
       
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