# taz.de -- Kommentar Wahl in Kolumbien: Aufwind für die Linke
       
       > Die Macht der alten Eliten ist zäh. Trotzdem hat der Ex-Guerillero
       > Gustavo Petro gute Aussichten, die Stichwahl am 17. Juni zu gewinnen.
       
 (IMG) Bild: Für einen Linken ganz schön weit gekommen: Gustavo Petro feiert seine Zweitplatzierung
       
       Die [1][Wahl vom Sonntag] markiert eine Zeitenwende: Erstmals seit
       Einführung der Stichwahl durch die Verfassung von 1991 hat ein linker
       Kandidat in Kolumbien ernste Aussichten auf den Wahlsieg. Im blutigen
       Wahlkampf 1990 waren die Kandidaten der Linken ermordet worden. Auch auf
       Gustavo Petro wurde während der aktuellen Kampagne geschossen. Der Kandidat
       blieb aber unverletzt. Die Chancen stehen nicht schlecht, dass er auch die
       kommenden drei Wochen bis zur Stichwahl überlebt.
       
       Gewonnen hat die erste Runde der Wahl mit 39,12 Prozent der Stimmen zwar
       Iván Duque, Kandidat der rechten Partei Centro Democrático. An zweiter
       Stelle aber lag mit 25,09 Prozent Gustavo Petro von der linken Bewegung
       Colombia Humana. Die beiden Bestplatzierten treten bei der Stichwahl am 17.
       Juni gegeneinander an. Bei der Wahl geht es vor allem um die Zukunft des
       international gefeierten, aber im Land selbst sehr umstrittenen
       Friedensprozesses mit der Farc-Guerilla.
       
       Bemerkenswert ist, dass Kolumbien sich mit der Stichwahl zwischen Duque und
       Petro politisch gegen den Trend in Lateinamerika bewegt: Während bis vor
       kurzem fast der gesamte Subkontinent von linken Präsidenten regiert wurde,
       wählten die Kolumbianer stets konservativ bis stramm rechts. Der scheidende
       Präsident Juan Manuel Santos hat zwar mit der Farc-Guerilla Frieden
       geschlossen, doch wirtschaftspolitisch fährt er einen neoliberalen Kurs,
       der nur wenige reich gemacht hat. Jetzt, da das Pendel wieder nach rechts
       ausschlägt, hat in Kolumbien die Linke Aufwind. Denn das Gesicht der Linken
       sind nicht länger die Comandantes der FARC, die für einen Sozialismus des
       vergangenen Jahrhunderts kämpfen.
       
       Es mag sein, dass die Zeit noch nicht reif ist für eine politische Wende.
       Die Angst vor Veränderung dürfte noch immer größer sein als die Lust, etwas
       Neues zu probieren. Wenn man Gustavo Petro beim Wort nimmt, wird er das
       Land demokratisieren, die Wirtschaft diversifizieren, die Abhängigkeit vom
       Erdöl und anderen Rohstoffen vermindern, Pluralität zulassen und versuchen,
       auf der Basis eines Grundkonsenses ein geeintes Land zu schaffen.
       
       Von extremistischen Vorhaben, die ihm politische Gegner wie
       Mainstream-Medien zuschreiben, kann indes keine Rede sein. In Europa würde
       der ehemalige Guerillero als grüner Sozialdemokrat durchgehen. Allerdings
       müsste er sich darauf einstellen, von einem rechts dominierten Kongress,
       der erst vor zwei Monaten gewählt wurde, nach Strich und Faden behindert zu
       werden. Und die Medien, die ihm schon während seiner Zeit als Bürgermeister
       von Bogotá das Leben mit Verleumdungskampagnen schwer machten, werden wohl
       kaum eine Waffenruhe verkünden.
       
       Kongress und Medien werden von jenen alten Eliten kontrolliert, die das
       Land seit Generationen regieren und den Reichtum untereinander aufteilen.
       Die Agenda von Petro, der gegen die Korruption antritt und alle am Reichtum
       teilhaben lassen will, verstehen sie als Kampfansage.
       
       28 May 2018
       
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