# taz.de -- Weser-Kurier wird Fahrrad-Verleiher: Zeitung sattelt um
       
       > Mit „WK Bike“ hat der Bremer Weser-Kurier ein Fahrradverleihsystem
       > installiert. Dafür hat er knapp 50.000 Euro von der Wirtschaftsförderung
       > geschenkt bekommen.
       
 (IMG) Bild: Gesponserte Leihräder: 450 „WK-Bikes“ soll es bis Jahresende in Bremen geben
       
       BREMEN taz | 325 neue Leihfahrräder sind seit knapp zwei Wochen auf Bremens
       Straßen unterwegs. Unter dem Namen „WK Bike“ hat der Weser-Kurier (WK) das
       System des bundesweit größten Anbieters „Next Bike“ in die Stadt geholt –
       als, so schreibt es das Presse-Marketing-Portal DNV online, „neue
       Erlösquelle im Werbe- und Vertriebsmarkt.“
       
       Der WK hat die Räder gekauft, die App zur Lokalisierung der Fahrräder und
       die dazugehörige Plattform zur Buchung und Abrechnung stellt Next Bike zur
       Verfügung. Und: Der WK hat für sein neues Unternehmen 49.000 Euro
       „Marketingzuschuss“ von der Wirtschaftsförderung Bremen erhalten.
       
       Für gerade einmal zwei Monate hatte bis Anfang Juni mit dem Anbieter „Lime
       Bike“ bereits ein anderer Betreiber versucht, ein Leihfahrradsystem in der
       Stadt zu installieren ([1][taz berichtete]) – nach eigenen Angaben
       scheiterte das Unterfangen an einer Sondernutzungsgebühr in Höhe von rund
       160 Euro pro Monat für die nicht stationsgebundenen Leihräder.
       
       Diese recht schwammig erscheinende Begründung für den Rückzug des Anbieters
       erhielt einen noch merkwürdigeren Anstrich durch die Tatsache, dass Oliver
       Steffens, zuständig für das operative Geschäft von Lime Bike, zuvor bei
       Next Bike gearbeitet hat – und vor dem Ende von Lime Bike wieder zu Next
       Bike oder genauer: zu WK Bike wechselte. Dort ist er jetzt Werkstattleiter.
       
       Mit der Sondernutzungsgebühr will Bremen verhindern, was in anderen Städten
       für viel Unmut sorgt: Vermüllung durch haufenweise kaputte Leihfahrräder,
       die den Stadtraum verstopfen und für die sich niemand zuständig fühlt.
       Deswegen favorisiere man auch ein System mit festen Stationen für die
       Leihräder, heißt es dazu beim Verkehrsressort. Und das sei bei WK Bike
       geplant.
       
       Bloß: Die vorerst geplanten 40 Stationen für die WK-Bikes gibt es noch gar
       nicht. Erst zwei Stück sind installiert: vor dem WK-Verlagshaus und auf
       einem privaten Gelände am Universum. Die Sondernutzungsgebühr für die
       restlichen Fahrräder muss WK Bike freilich ebenfalls zahlen – dennoch ist
       der Verleiher mit einem System an den Start gegangen, das man in Bremen
       eigentlich nicht favorisiert.
       
       Und es ist fraglich, ob WK Bike bis Ende des Jahres die geplante Anzahl an
       Stationen tatsächlich eingerichtet haben wird: „Feste Stationen für die
       Fahrräder bei der Stadt Bremen zu beantragen und zu bekommen, ist quasi
       unmöglich“, sagt Oliver Steffens. Erst vor wenigen Tagen habe der
       Verkehrsausschuss des Beirats Mitte eine Leihfahrrad-Station am Bahnhof
       abgelehnt, „mit dem Argument, der Bahnhof stünde ja ohnehin bereits voller
       Räder“.
       
       ## Alternative abgelehnt
       
       Ganz so, sagt Hellena Harttung, Leiterin des Ortsamts Mitte, sei das nun
       nicht gewesen: „Wir begrüßen sogar ausdrücklich, dass es ein vernünftiges
       Leihfahrrad-System in Bremen gibt.“ Bloß habe WK Bike als Station einen
       Bereich vor dem Übersee-Museum haben wollen, wo ohnehin bereits
       Fahrradbügel stehen: „Die werden gut genutzt und müssten der Station
       weichen – damit waren wir nicht einverstanden.“ Als Alternative sei WK Bike
       ein anderer Platz um die Ecke vorgeschlagen worden. Der sei aber wiederum
       abgelehnt worden.
       
       Es sei in der Tat „nicht so einfach“ mit der Einrichtung der Stationen,
       sagt David Koopmann, Marketingleiter beim Weser-Kurier, „aber ich denke,
       das ist dennoch machbar.“ Sollte es bis Ende des Jahres nicht gelungen
       sein, für die bis dahin 450 Räder die geplanten Stationen einzurichten,
       „dann wird es statt dessen virtuelle Stationen geben, das macht ja nichts“,
       so Koopmann.
       
       Kooperationspartner von WK Bike sind die Bremer Straßenbahn AG (BSAG) und
       „Bike it!“, ein Programm der Wirtschaftsförderung Bremen, das Bremen für
       den Fahrradtourismus attraktiver machen soll. Tim Cordßen, Sprecher des
       Wirtschaftssenators, sagt: „WK Bike hat deswegen den Marketingzuschuss
       erhalten, weil wir ein Interesse daran haben, dass wir ein gut
       funktionierendes Leihradsystem bekommen.“
       
       ## Werbung in eigener Sache
       
       Der Weser-Kurier sei ein Anbieter, der vor Ort sei „und natürlich auch ein
       eigenes Interesse daran hat, dass die Räder in Ordnung gehalten werden und
       dass das Fahrradverleihsystem funktioniert – schließlich steht er mit
       seinem eigenen Namen direkt in der Stadt dafür ein“. Bremen habe hingegen,
       so Cordßen, „kein Interesse an einer inflationären Flutung anderer
       Anbieter, die vor Ort nicht greifbar sind.“
       
       Auf die Frage, ob es mit dem Prinzip der freien Marktwirtschaft vereinbar
       sei, einem privaten Wirtschaftsunternehmen, das die Stadt nun ebenfalls
       „flutet“, und zwar mit Werbeträgern und anhängenden Marketingaktionen in
       eigener Sache, auch noch nicht rückzahlungspflichtige Fördergelder zukommen
       zu lassen, erklärt Cordßen: „Wir haben ja glücklicherweise keine freie,
       sondern eine soziale Marktwirtschaft.“
       
       Und auf die Frage, ob es nicht sinnvoller sei, ein staatliches Projekt wie
       Bike it! mit einem stadteigenen Verleihsystem auszustatten, sagt er: „Dann
       würden wir ja in ein wirtschaftliches Risiko gehen. Wenn es private
       Anbieter gibt, die dieses Risiko eingehen wollen, ist das doch gut!“
       
       ## Gut für den Weser-Kurier
       
       Gut ist das vor allem für den Weser-Kurier: Denn der hat staatliches Geld
       für die Einrichtung eines Betriebes erhalten, mit dem er seine Stellung in
       Bremen weiter festigen kann. So können beispielsweise WK-AbonnentInnen ab
       September eine halbe Stunde am Tag kostenlos mit WK Bike fahren.
       
       „Wir sind neben Dresden die einzige Stadt in Deutschland, die dieses
       Verleihsystem privatwirtschaftlich macht“, sagt David Koopmann. „Woanders
       macht das zum Beispiel die Stadt in Kooperation mit dem ansässigen
       Betreiber des ÖPNV.“
       
       29 Jun 2018
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Archiv-Suche/!5507605&s=meyer-schilf&SuchRahmen=Print/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Simone Schnase
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Zeitungskrise
 (DIR) Schwerpunkt Zeitungskrise
 (DIR) Medienkrise
 (DIR) Weser-Kurier
 (DIR) Bremen
 (DIR) Weser-Kurier
 (DIR) Niederlande
 (DIR) Weser-Kurier
 (DIR) Weser-Kurier
 (DIR) Madsack
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Schlecht laufende Werder-App: „Weser-Kurier“ muss abspecken
       
       Die App „Mein Werder“ sollte den „Weser-Kurier“ ins digitale Zeitalter
       führen – nun wird das Vorzeigeprojekt erheblich dezimiert.
       
 (DIR) Niederländischer Radverleih boomt: „Nie mehr Getue mit dem Rad“
       
       Ein niederländischer Fahrrad-Abo-Pionier expandiert nach Deutschland: Einst
       eine Studierendenidee, sind die „Swapfietsen“ zum Renner geworden.
       
 (DIR) Überhöhte Abo-Zahlen: Weser-Kurier vor Gericht
       
       Das Bremer Landgericht hat festgestellt, dass der Weser-Kurier mit falschen
       „Abo“-Zahlen für die Beilagen wirbt. Parallel gibt es eine Strafanzeige
       wegen Betrugs.
       
 (DIR) Weser-Kurier plant Seiten-Einkäufe: Sport wird ausgelagert
       
       Erst war es nur ein Gerücht, nun bestätigte der Vorstand widerwillig: Der
       Bremer Weser-Kurier lässt sich künftig ganze Seiten vom hannoverschen
       Madsack-Verlag liefern.
       
 (DIR) Umbau bei DuMont und Madsack: Ein Team für 50 Zeitungen
       
       DuMont und Madsack gründen eine gemeinsame Hauptstadtredaktion – und
       streichen in der bisherigen DuMont-Redaktion Berlin wohl 17 Stellen.