# taz.de -- Gruppe E: Serbien – Schweiz: Serben verbaseln Führung
       
       > Serbien spielt Turbo-Folk. Die Schweiz müht sich um Besitz.
       > Rütli-Kosovaren schießen zwei Tore. Eines der besseren WM-Spiele.
       
 (IMG) Bild: Aleksandar Mitrovic (r.) traf zum 1:0. Ein schnelles, gutes Spiel blieb es bis zum Ende
       
       Die Voraussetzungen: Serbien hat knapp [1][gegen Costa Rica gewonnen], die
       Schweiz [2][überraschend einen Punkt gegen Brasilien] geholt. Brasilien
       wiederum [3][besiegte am Nachmittag Costa Rica]. Die Schweiz muss
       mindestens einen Punkt holen, besser drei. Serbien sollte auf keinen Fall
       verlieren. Aber noch ist in dieser Gruppe für alle außer Costa Rica einiges
       möglich.
       
       Die politischen Voraussetzungen: Der serbische Sänger Bora Dordevic
       erinnerte nach dem Auftaktsieg gegen Costa Rica auf Facebook in einem
       Gedicht daran, dass Costa Rica als erstes Land weltweit das Kosovo
       anerkannte. WM-Lyrik, ein Auszug: „Mein Jungstier ist der Dribbler Tadic,
       der bald sein wird wie Ratko Mladic“. Drei Buchstaben trennen dicht und
       Dichtung. Wie man hört, bibbern Schweizer Literaturhäuser schon vor
       Lesungsanfragen.
       
       Zum Glück für Serbien spielt die Schweizerin Carla del Ponte nicht mit, die
       von 1999 bis 2007 als Chefanklägerin des Internationalen Strafgerichtshofes
       für die Kriegsverbrechen im ehemaligen Jugoslawien zuständig war und es
       dabei nicht selten mit Serben zu tun bekam. Für die Schweiz dabei sind aber
       Granit Xhaka und Xherdan Shaqiri mit ihren kosovarischen
       Familienverzweigungen; sie treiben serbischen Nationalisten seit Tagen
       jenen Ausdruck ins Gesicht, den sonst nur der Name del Ponte auslöst.
       
       Das Ergebnis: 1:2 (1:0).
       
       Das Spiel: Munterer Anfang. Chance für Granit Xhaka, Chance für Aleksandar
       Mitrovic, nochmal Mitrovic und Tor für Serbien (5.). Ein Angriff, so
       schlicht wie [4][ein Hufeisenplan]. Serbien ist besser, überraschender,
       schneller. Mitrovic darf im Schweizer Strafraum agieren wie Schweizer
       Banken in Zürich – frei und ungehemmt. Eigentum ist in der Schweiz nicht
       ganz unwichtig, im Spiel müht sich die „Nati“ um Ballbesitz. Kleinere
       Chancen folgen. Serbien lässt etwas nach, spielt ruppiger, um das Tempo
       kurz vor der Halbzeit rasant anzuziehen, [5][bisschen Turbo-Folk halt].
       
       Es geht munter weiter. Beide Teams haben Lust auf schnellen Fußball. Und
       Xhaka trifft aus der Distanz (53.). Schönes Tor. Shaqiri mit einem
       Drehschuss an den Außenpfosten. Ausgerechnet die Kosovo-Connection. Aber
       (koso)wo war da die serbische Abwehr? Offensiv bleibt Serbien gefährlich,
       besonders auffällig: Aleksandar Kolarov. Shaqiri dreht auch auf, aber
       vorerst als potenzieller Autor für modernen „Ich-Journalismus“. Kurz vor
       Schluss spielt dann die Schweiz Turbo-Folk, Vladimir Stojkovic im
       serbischen Tor bleibt cool wie ein Slibowitz aus dem Eisfach. Bis zur 90.
       Minute: Die Schweiz kontert mit Shaqiri, der noch cooler abschließt: 1:2.
       
       Die Wette des Spiels: Mindestens vier Tore, mindestens 13 Ecken, mindestens
       fünf Karten und mindestens ein Strafstoß – so lautet die Online-Wette eines
       Kollegen, der drei Euro gesetzt hat. Quote 151. Ein gutes Urlaubsgeld wäre
       drin gewesen. Wäre.
       
       Das Werder-Faktor: Mladen Krstajic, einst harter Innenverteidiger bei
       Werder Bremen, trainiert die Serben. Auf der serbischen Bank sitzt Milos
       Veljkovic, der ebenfalls bei Werder Bremen in der Innenverteidigung spielt.
       Härte fehlt ihm manchmal noch. Als Schiedsrichter agiert erstmals Felix
       Brych, den man im Weserstadion – wie sagt man das jetzt höflich? –
       [6][nicht so gern sieht.]
       
       Die Geste des Spiels: Shaqiri und Xhaka provozieren nach dem Spiel mit
       Fingerbewegungen, [7][die den albanischen Doppeladler andeuten]. Unnötig
       wie [8][Enver Hoxhas Bunkersystem in Albanien].
       
       Und nun: Ein Punkt gegen Costa Rica reicht der Schweiz fürs Achtelfinale,
       wenn Serbien gegen Brasilien verliert. Nach Spanien gegen Portugal und
       Kroatien gegen Argentinien war die unscheinbare Partie Serbien gegen
       Schweiz das bisher drittschönste WM-Spiel.
       
       22 Jun 2018
       
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 (DIR) [6] https://www.werder.de/forum/threads/und-der-schiedsrichter-ist.40188/
 (DIR) [7] https://twitter.com/search?f=images&vertical=default&q=Albanien&src=typd
 (DIR) [8] http://www.spiegel.de/einestages/bunker-in-albanien-ein-volk-unter-beton-a-947666.html
       
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