# taz.de -- Belgien vor dem WM-Halbfinale: Taktik als Staatsgeheimnis
       
       > Wie sich Belgien auf das Halbfinale gegen Frankreich vorbereitet, weiß
       > niemand. Der verletzte Stürmer Nacer Chadli spielt auch auf einem Bein.
       
 (IMG) Bild: Will auch mit Verletzung gegen Frankreich spielen: Nacer Chadli (links)
       
       DEDOWSK taz | Über allen thront der heilige Georg. Der Drachentöter ist der
       Schutzpatron des Sports in Dedowsk. Ein Ikonenabbild von ihm hängt über der
       Trainingshalle des Kickboxklubs „Profi Sport“. Viel mehr Sport ist nicht in
       Dedowsk, der 30.000 Einwohner zählenden Gemeinde im Moskauer Umland –
       normalerweise. Aber was ist schon normal in diesen Tagen?
       
       Die belgische Nationalmannschaft trainiert in Dedowsk auf dem Rasenplatz
       hinter der Kickboxhalle. Den haben die russischen Gastgeber für das Turnier
       WM-reif getrimmt. Im Ort selbst weiß vielleicht gar keiner, wie schön der
       Rasen ist. Die Belgier trainieren hinter Wellblechzäunen. Niemand soll
       sehen, was sie sich für das Spiel am Dienstag in Sankt Petersburg
       ausdenken.
       
       Natürlich wird zwei Tage vor dem Spiel nicht verraten, wie weit die
       taktischen Vorbereitungen gediehen sind. Nacer Chadli, der Stürmer, der mit
       seinem Tor Belgiens Last-Second-Erfolg gegen Japan sichergestellt hat, sagt
       nach dem letzten Training des Teams vor der Abreise an den Finnischen
       Meerbusen, dass man noch nicht wisse, wie man spielen werde. Er sitzt in
       dem temporären Pressekonferenzraum neben dem Trainingsplatz, der doch arg
       klein geworden ist im Laufe des Turniers. Fast 30 Kamerateams haben ihre
       Stative aufgebaut. [1][Belgien ist in den Fokus der Sportwelt geraten].
       Nacer Chadli kann man ansehen, dass ihm das ganz gut gefällt.
       
       Natürlich möchte er unbedingt spielen gegen Frankreich, glaubt, seine
       Verletzung, wegen der er sich in der 83. Minute des Viertelfinals gegen
       Brasilien hat auswechseln lassen, sei nicht so schlimm, dass sie ihn daran
       hindern könnte. „Ich würde auch mit einem Bein gegen Frankreich spielen“,
       sagt er.
       
       Und wieder strahlt er, weil er einfach glücklich ist, erleben zu dürfen,
       was da gerade um ihn herum und mit ihm passiert. „Einen Monat vor
       Bekanntgabe des Kaders war ich nicht mal sicher, dass ich nominiert werde“,
       meint er. „Das ist alles Neuland für mich“, sagt er noch. Mit seinem Klub
       West Bromwich Albion ist er gerade aus der Premier League abgestiegen.
       Jetzt ist er einer der Aufsteiger des Turniers.
       
       ## „Es gibt noch keinen Plan Mbappé“
       
       Aber ob es einen Platz für ihn gibt in der Elf gegen Frankreich, das soll
       niemand wissen. Kein Wunder. Die taktische Variabilität ist wohl die größte
       Stärke der Belgier in diesem Turnier. Brasiliens Spieler jedenfalls haben
       nicht schlecht gestaunt, als Belgien mit Eden Hazard und Nacer Chadli als
       Außenstürmer aufgelaufen ist und Kevin de Bruyne seine Spielmacherposition
       verlassen hat und als leicht zurückgezogene Neun gespielt hat. In der
       Mitte, auf Außen. Chadli würde spielen, wohin ihn der Trainer schickt.
       
       In dieser Hinsicht kann sich Coach Roberto Martinez auf seine Spieler
       verlassen. „An der Taktiktafel kann ich viele Spiele gewinnen“, hatte er
       nach dem Coup gegen Brasilien gesagt, als man ihn mit Lob für seinen Kniff
       überhäufte. „Die Spieler müssen es dann auch umsetzen wollen.“ Und alle
       seien bereit gewesen, für den Erfolg eben auch gewohnte Positionen zu
       verlassen.
       
       Jetzt kommt eine neue Herausforderung auf Martinez zu. Gegen Panama,
       Tunesien und Japan war sein Team Favorit und konnte den gewohnten
       ballbesitzorientierten Stil auf den Platz bringen. Gegen Brasilien hat die
       Mannschaft Konterfußball zelebriert, weil klar war, dass Brasilien das
       Spiel machen würde.
       
       Im Spiel gegen Frankreich gibt es keinen klaren Favoriten. Ob Belgien das
       Spiel wieder an sich reißen wird, ist eine der Fragen, auf die man bis zum
       Anpfiff keine Antwort erhalten wird. Auch ob es reichen wird, die
       klassische, belgische Dreierabwehr gegen das französische Phänomen Kylian
       Mbappé aufzubieten, wird niemand verraten. „Es gibt noch keinen Plan
       Mbappé“, meinte Chadli, bevor er sich in den Bus setzte und sich in das
       noble Golf Resort chauffieren ließ, in dem das Team während der WM
       Quartier genommen hat.
       
       Zurückgeblieben ist das Bild des drachentötenden Georg über der
       Trainingshalle. Der ist als russischer Nationalheiliger ja eigentlich gar
       nicht zuständig für die Belgier. Aber wer weiß, wem er seinen Segen gibt,
       jetzt, [2][da die Russen nicht mehr mitspielen dürfen]?
       
       10 Jul 2018
       
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 (DIR) Andreas Rüttenauer
       
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