# taz.de -- Terre des Femmes spaltet sich: Die Scheidung der Schwestern
       
       > Terre des Femmes Deutschland und Schweiz haben zu Sexarbeit und Kopftuch
       > unterschiedliche Positionen. Nun wollen sie nicht mehr zusammenarbeiten.
       
 (IMG) Bild: Protestaktion von Terre des Femmes gegen Zwangsprostitution im Jahr 2012
       
       Der jahrelang schwelende Streit zwischen dem deutschen und dem
       schweizerischen Verein der Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes (TdF)
       führt dazu, dass beide Vereine ihre Kooperation beenden. „Wir sind dabei,
       die Auflösungsvereinbarung zu verhandeln“, sagte die Geschäftsführerin von
       TdF Deutschland, Christa Stolle, der taz. Es gebe mittlerweile zu viele
       Positionen, „die wir gegenseitig nicht mehr mittragen können“.
       
       Aktueller Anlass die Scheidung einzureichen, ist für TdF Deutschland eine
       Kampagne namens „Sexarbeit ist Arbeit – für die Rechte von Sexarbeitenden“,
       in der die Schweizerinnen momentan gemeinsam mit Organisationen wie der
       Schweizer Aidshilfe aktiv sind. Von dieser Position distanziert sich TdF
       Deutschland „klar und eindeutig“. Prostitution sei „frauenverachtend“,
       „Ausbeutung“ und kein „Beruf wie jeder andere“, schreibt TdF Deutschland in
       einer [1][Stellungnahme vom Dienstag]. Man fordere ein Sexkauf-Verbot nach
       dem nordischen Modell mit Geld- und Gefängnisstrafen für Freier.
       
       Dieses Modell, kritisiert demgegenüber TdF Schweiz, führe zu einer
       „absurden Situation“: So werde das Gewerbe in die Illegalität gedrängt. Im
       Verborgenen aber könnten sich Sexarbeitende schlecht gegen Ausbeutung und
       Gewalt wehren.
       
       TdF Deutschland wurde 1981 in Hamburg gegründet. Der 2.000 Mitglieder
       zählende Verein setzt sich dafür ein, dass Mädchen und Frauen weltweit
       „frei, selbstbestimmt und in Würde“ leben können. Themen von TdF sind etwa
       Ehrenmorde oder Zwangsheiraten. Es war auch die Lobbyarbeit von TdF, die
       dazu führte, dass Vergewaltigung in der Ehe 1997 in Deutschland verboten
       wurde. 2003 gründete sich die Schwesterorganisation in der Schweiz, die
       gegenwärtig rund 350 Mitglieder hat.
       
       Bereits 2010 allerdings, sagte Nadine Brändli von TdF Schweiz der taz, habe
       es inhaltliche Schwierigkeiten gegeben. Damals forderte die
       rechtspopulistische SVP zum ersten Mal ein gesetzliches
       Vollverschleierungsverbot. Im Kanton Tessin gilt bereits ein
       Gesichtsverhüllungsverbot, in der Gesamtschweiz steht 2019 eine
       Volksabstimmung darüber an. „Ein Burkaverbot nützt niemandem“, sagte Nadine
       Brändli von TdF Schweiz. Die Betroffenen würden nur darunter leiden,
       stigmatisiert und aus der Gesellschaft ausgeschlossen zu werden. „Für die
       Rechte von Frauen zu sein heißt für uns aber, alle Frauen einzubeziehen.“
       
       TdF Deutschland will hingegen die vor allem „islamistisch bedingten“
       Vollschleier wie Burka und Nikab in der Öffentlichkeit verbieten. In
       Deutschland ist die AfD im Februar mit einem Antrag auf Burkaverbot
       gescheitert.
       
       Aber auch innerhalb von TdF Deutschland haben die Themen Sexarbeit und
       Kopftuchverbot zu Konflikten geführt: Vor einem Jahr distanzierten sich
       rund 30 Mitglieder von dem Beschluss des Vorstands, dem unter anderem die
       exponierte Islamkritikerin Necla Kelek angehört, ein Kopftuchverbot für
       Mädchen zu fordern. Die Unterzeichnerinnen des Schreibens befürchteten,
       dass solche Beschlüsse „rassistische Ressentiments reproduzieren und
       rechtspopulistische Tendenzen in der Gesellschaft legitimieren“.
       
       Wann die Trennung der beiden Schwestervereine vollzogen sein wird, ist noch
       unklar. Finanziell sind beide Vereine, die sich vor allem über Spenden und
       Mitgliedsbeiträge finanzieren, ohnehin unabhängig voneinander. Allerdings
       will der deutlich größere deutsche Verein wohl den Namen Terre des Femmes
       für sich reklamieren: „Unter unserem Namen weiter zu arbeiten, inhaltlich
       aber so konträre Positionen zu vertreten“, sagte
       TdF-Deutschland-Geschäftsführerin Christa Stolle, „ist schwierig.“
       
       26 Jul 2018
       
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 (DIR) [1] https://www.frauenrechte.de/online/allgemein-offene-briefe/3389-stellungnahme-von-terre-des-femmes-menschenrechte-fuer-die-frau-e-v-zur-position-von-tdf-schweiz-sexarbeit-ist-arbeit
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Patricia Hecht
       
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