# taz.de -- Hanfparade am Samstag in Berlin: „Cannabis könnte knapp werden“
       
       > Die Hitze schadet dem Hanfanbau, sagt Experte Georg Wurth. Am Samstag
       > fordert die Hanfparade zum 22. Mal die Legalisierung.
       
 (IMG) Bild: Wird hier meistens indoor angepflanzt: Hanf
       
       taz: Herr Wurth, ist die Hitze gut oder schlecht für die Cannabispflanzen,
       die in hiesigen Gärten und Balkonkästen wachsen? 
       
       Georg Wurth: Freiland-Cannabis kann von der Hitze profitieren. Die Pflanzen
       brauchen aber viel Wasser. Wenn sie nicht gegossen werden, vertrocknen sie
       genauso wie alle anderen Pflanzen in freier Natur. Wer im Frühjahr eine
       Pflanze in den Wald gestellt hat und im Herbst zurückkommt, wird sie
       wahrscheinlich nicht mehr vorfinden.
       
       Auf dem Balkon ist die Pflege einfacher. Gibt es eine gute Ernte? 
       
       Der Hanfverband betreibt da kein Monitoring. Und die Leute informieren uns
       auch nicht ständig darüber, wie ihr Grow läuft.
       
       Wie bitte? 
       
       Wie ihr Anbau läuft. Ihr Grow. Man muss aber damit rechnen, dass es
       Probleme gibt. Das meiste Cannabis wird hier ja indoor angebaut. Wenn sich
       die Plantage auf einem Dachboden oder in einer Fabrikhalle befindet,
       könnten bei dem heißen Wetter ganze Ernten kaputtgehen.
       
       Die Räume müssten gekühlt werden? 
       
       Ja. In heißen Gebieten in den USA wird das zum Teil gemacht. In Deutschland
       ist das eher nicht üblich. Es kann also sein, dass es am Markt ein bisschen
       knapp wird. Die Hitzewelle schlägt ja auch in Albanien und Marokko zu, von
       wo viel Marihuana beziehungsweise Haschisch importiert wird.
       
       Ist das schon mal vorgekommen, dass es in Berlin zu wenig Cannabis gab? 
       
       Wir hatten diese Situation schon mal 2006, im Sommer der Fußball-WM. Da war
       es auch lange sehr heiß. Danach war tatsächlich eine deutliche Verknappung
       auf dem Markt spürbar.
       
       Was bedeutet das für die Preisentwicklung? 
       
       In Berlin kostet das Gramm normalerweise 6 bis 10 Euro. Es wird dann
       teurer. 2006 hat es sogar dazu geführt, das zunehmend gestreckte Ware auf
       dem Markt aufgetaucht ist. Das heißt, das Gewicht wurde durch Sand,
       Talkumpulver oder Fischfutter erhöht.
       
       Gibt es beim medizinischen Cannabis auch Engpässe? Seit März 2017 gibt es
       das in Apotheken auf Rezept. 
       
       Es ist nach wie vor so, dass einzelne Sorten nicht verfügbar sind oder
       Patienten lange warten müssen. Für die Therapie ist das ein Desaster. Die
       Importeure kommen aber langsam hinterher. Allerdings ist der Preis für
       Apothekengras deutlich gestiegen, als das Gesetz im März 2017 in Kraft
       trat. Hanfblüten aus der Apotheke kosten über 20 Euro pro Gramm. Vor der
       Gesetzesänderung war das deutlich weniger.
       
       Bei der Kostenübernahme waren die Krankenkassen anfangs sehr restriktiv.
       Hat sich das gebessert? 
       
       Nicht wesentlich. Bei circa zwei Drittel der Anträge werden die Kosten
       übernommen. Bei den übrigen stellt sich die Frage, ob die Patienten das
       selbst bezahlen. Für Menschen, die kein hohes Einkommen haben, ist das ein
       großes Problem. Im Moment entwickelt sich da gerade eine
       Zweiklassenmedizin.
       
       Am Samstag findet die Hanfparade statt – zum 22. Mal seit 1997. An welchem
       Punkt ist die Debatte um die Legalisierung von Cannabis heute angekommen? 
       
       Bundesweit ist der Verfolgungsdruck nach wie vor hoch. Berlin gilt eher als
       liberal. Hier sucht die Polizei nicht gezielt nach Cannabiskonsumenten.
       Immer mehr Parteien sprechen sich für die Legalisierung aus. In den 90er
       Jahren waren das nur die Grünen, dann sind die Linken dazugekommen, jetzt
       gehört auch die FDP dazu. In der Bevölkerung und in den Parlamenten bewegt
       sich die Zahl der Legalisierungsbefürworter in Richtung 40 Prozent. In
       Berlin ist das noch ein bisschen mehr. Es gibt hier ja auch einen ganz
       guten Koalitionsvertrag.
       
       Die rot-rot-grüne Regierungskoalition hat ein Modellprojekt für die
       lizenzierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene angekündigt. Wird das noch in
       dieser Legislaturperiode starten? 
       
       Ich halte das nicht für unmöglich. Berlin ist offenbar fest entschlossen,
       den entsprechenden Antrag beim Bundesamt für Arzneimittel und
       Medizinprodukte zu stellen – und wenn der abgelehnt wird, was zu erwarten
       ist, eventuell auch dagegen zu klagen.
       
       Noch ist aber nichts passiert. 
       
       So einen Antrag schreibt man nicht von heute auf morgen. Das Vorhaben
       scheitert möglicherweise nur noch an der CDU. Die SPD-Bundestagsfraktion
       befürwortet die Modellprojekte im Grunde genommen. Das heißt, die Große
       Koalition muss sich positionieren. Vielleicht verhandelt die SPD ja mal
       ernsthaft und steht für ein Thema ein.
       
       Es gibt also allen Grund, auf die Straße zu gehen? 
       
       Genau. Je mehr Druck, desto eher passiert etwas. Die Hanfparade ist nach
       wie vor die größte Demonstration für die Legalisierung von Cannabis in
       Deutschland. Das macht schon Eindruck.
       
       10 Aug 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Plutonia Plarre
       
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