# taz.de -- Polizei ging rechtswidrig gegen Ultras vor: Kollektivstrafe ist nicht
       
       > Das OLG Braunschweig gibt einem Werder-Ultra gegen die Polizei recht: Die
       > hatte ihn und seine Reisegruppe festgenommen – wegen eines Graffitis.
       
 (IMG) Bild: Das OLG Braunschweig sieht unbegründete Betretungsverbote und Ingewahrsamnahmen für Ultra-Gruppen als rechtswidrig an
       
       BREMEN taz | Bürgerrechte gelten doch für Fußballfans. Das
       Oberlandesgericht Braunschweig [1][hat festgestellt], dass eine
       Ingewahrsamnahme eines Werder-Fans auf der Anreise nach Braunschweig
       rechtswidrig war. Gegen den Fan war im Juni 2017 von der Polizei Wolfsburg
       zudem ein Betretungsverbot ausgesprochen worden, obwohl er zuvor weder
       strafrechtlich in Erscheinung getreten war noch Ermittlungsverfahren gegen
       ihn geführt worden sind.
       
       Die Polizei hatte offenbar nach der Devise „Mitgefangen, mitgehangen“
       gehandelt: Bei der Anreise mit einem Reisebus zusammen mit 39 weiteren Fans
       hatte wohl einer „HB02 Ultras“ auf einer Raststätte gesprüht. Für die
       Polizei Grund genug, den Bus kurz vor dem Ziel von der Autobahn zu ziehen,
       alle Personen stundenlang zu durchsuchen und im Anschluss nach Hause zu
       schicken.
       
       Dabei konnte die Polizei nicht einmal einen Zusammenhang des Fans zu dem
       Graffiti feststellen. Sprühdosen oder Waffen fand die Polizei bei keinem
       der Insassen. Weil allerdings acht Mitfahrer für die Polizei als
       [2][„Gewalttäter Sport“] gelten, nahmen die Beamt*innen alle anderen mit in
       Gewahrsam und schickten den Bus zurück nach Bremen.
       
       Das ist nicht zulässig, wie das Oberlandesgericht nun beschloss und damit
       eine Einschätzung des Amtsgerichts aufhob: Allein eine Zugehörigkeit zur
       Ultra-Szene und eine Einstufung durch einen szenekundigen Beamten reiche
       nicht, um für einen derartigen Freiheitsentzug und ein Betretungsverbot
       erforderliche Gefahrenprognose zu begründen. Ein Betretungsverbot hätte
       gegen den Betroffenen ebenso wenig ausgesprochen werden dürfe. Schließlich
       sei dieser noch niemals polizeilich in Erscheinung getreten.
       
       ## Bagatellen als Vorwand für Aufenthaltsverbote
       
       Um die Maßnahmen zu rechtfertigen, brauche es handfeste Hinweise auf
       drohende Straftaten – wie mitgeführte Waffen, stellt der Beschluss klar.
       Und: Auch „das Bevorstehen von Straftaten aus einer Gruppe heraus
       rechtfertigt nicht den Gewahrsam gegen jedes Gruppenmitglied“. Im Klartext:
       Kollektivstrafen sind auch für Ultras rechtswidrig. Die Entscheidung des
       Senats ist unanfechtbar.
       
       Der Fan hatte unter Unterstützung vom Fanrechtefonds Beschwerde eingelegt.
       Wilko Zicht vom Fanrechtefonds sagte zum Beschluss: „Die Entscheidung ist
       ein Sieg des Rechtsstaates gegen eine Polizei, die meint, sich im Umgang
       mit Ultras nicht an die Gesetze halten zu müssen.“
       
       Die Polizei nutze deutschlandweit immer öfter Bagatellen auf der Anreise
       als Vorwand, um gegen Gästefans ein Aufenthaltsverbot zu verhängen oder
       diese wieder nach Hause zu schicken. Auch andere Vorkommnisse der
       vergangenen Jahre seien als rechtswidrig anzusehen. Er forderte ein Ende
       von „Kollektivstrafen im Gewand der Gefahrenabwehr“.
       
       5 Sep 2018
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://fanrechtefonds.de/download/urteile/2018-08-30_OLG_Braunschweig_Ingewahrsamnahme_rechtswidrig.pdf
 (DIR) [2] /!5525993/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gareth Joswig
       
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