# taz.de -- Rassistische Gewalt in Wismar: Festnahme nach Angriff auf Syrer
       
       > Mit einer Eisenkette ist ein Syrer zusammengeschlagen worden. Polizei und
       > Bürgermeister reagieren rasch. Doch das ist nicht immer so.
       
 (IMG) Bild: Schönes Wismar, hässlicher Angriff – immerhin: Diesmal wird ermittelt
       
       Nach einem Angriff auf einen Syrer in Wismar in Mecklenburg-Vorpommern am
       Mittwochabend hat die Polizei einen Verdächtigen vorläufig festgenommen.
       Der 26-Jährige stamme aus dem Raum Wismar und sei wegen allgemeiner
       Gewaltdelikte polizeibekannt, sagte eine Sprecherin der Schweriner
       Staatsanwaltschaft der taz. Ob ein Haftbefehl für Untersuchungshaft
       beantragt werden soll, werde im Laufe des Tages entschieden.
       
       Insgesamt drei Täter hatten den 20-jährigen Syrer nach Polizeiangaben mit
       einer Eisenkette zusammengeschlagen und verletzt. Innenminister Lorenz
       Caffier (CDU) kündigte die Einrichtung einer Sonderkommission der Polizei
       an. „Sollte sich tatsächlich ein rechtsextremistischer Hintergrund dieser
       feigen Tat bestätigen, macht mich das umso fassungsloser“, sagte Caffier.
       
       Bei dem Angriff sollen die Täter brutal vorgegangen sein: Der junge Mann
       sei allein auf dem Heimweg gewesen, als er von den Männern in einer
       Parkanlage erst rassistisch beleidigt und dann geschlagen wurde, heißt es
       nach Polizeiangaben. Zu zweit hätten sie zunächst auf ihn eingeprügelt,
       bevor der dritte mit der Eisenkette auf ihn einschlug. Als ihr Opfer zu
       Boden ging, sollen sie weiter auf ihn eingetreten haben. Sie brachen dem
       Geflüchteten laut Polizei die Nase, er erlitt Hämatome im Gesicht und auf
       dem Oberkörper. Die Polizei sucht Zeugen, die den Angriff beobachtet haben.
       
       Wismars Bürgermeister Thomas Beyer (SPD) zeigte sich entsetzt. Die Tat sei
       Ausdruck der „Pogromstimmung“ in Deutschland, sagte er dem NDR. Allerdings
       sei dies in der Hansestadt nicht der Alltag. Es gebe eine aktive
       Stadtgesellschaft, die mit friedlichen Mitteln dagegen halte. So hätten
       sich am vergangenen Montag etwa 70 Menschen einer Mahnwache der AfD
       entgegengestellt.
       
       ## Wismar ist Schwerpunkt für rechte Gewalt
       
       Das sehen nicht alle so: „Wir nehmen Wismar als Schwerpunkt wahr“, sagte
       Ulrike Seemann-Katz, Vorsitzende des Flüchtlingsrat Mecklenburg-Vorpommern.
       Neonazis und andere Rassisten hätten in Wismar in der Vergangenheit immer
       wieder zugeschlagen, Asylunterkünfte und Geflüchtete angegriffen.
       
       Häufig passiere von Seiten der Ermittlungsbehörden danach nicht viel,
       kritisiert sie. Dass dies in diesem Fall anders sei, liegt aus ihrer Sicht
       an den rassistischen Krawallen in Chemnitz und daran, dass eine Eisenkette
       im Spiel gewesen ist. „Die Flüchtlinge haben Angst, in Wismar auf die
       Straße zu gehen. Das ist das, was bei unseren Beratern ankommt“, sagte
       Seemann-Katz.
       
       ## Nach Sonnenuntergang nicht mehr auf die Straße
       
       Dieser Einschätzung pflichtet auch der Verein Lobbi bei, der in
       Mecklenburg-Vorpommern Beratung für Betroffene rechter Gewalt leistet. „Mit
       dem gestrigen wissen wir von fünf Angriffen in Wismar in diesem Jahr“,
       sagte Robert Schiedewitz von Lobbi. Landesweit hätten sie im ersten
       Halbjahr 49 Angriffe gezählt. „Hochgerechnet ist das ein Rückgang, aber
       kein massiver“ – und es seien immer noch mehr Fälle, als vor Beginn der
       rassistischen Mobilisierungen im Jahr 2015. Zudem würden nicht alle
       Übergriffe bekannt.
       
       In Wismar hätten sich die Angriffe zuletzt auf die Stadtteile Wendorf und
       Friedenshof konzentriert, erklärte Herso Wacays von der Initiative Pro
       Bleiberecht, die sich für Geflüchtete und ihre Rechte einsetzt. Das
       Stadtbild sei geprägt von Aufklebern mit Hakenkreuzen oder der Aufschrift
       ‚Nazi-Kiez‘. „Rassistische Gewalt und Beleidigungen sind Teil des Alltags
       von uns Flüchtlingen in Mecklenburg-Vorpommern“, sagt der Somalier, der
       seit drei Jahren im Land lebt. „Auf der Straße, in Supermärkten, in der
       Bahn, in der Kita für unsere Kinder – wir müssen uns ständig damit
       auseinandersetzen.“ Jeder finde seinen eigenen Weg damit umzugehen – und
       verlasse im Zweifel nach 21 Uhr nicht mehr das Haus, sagte Wacays.
       
       30 Aug 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Hannes Stepputat
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Rassismus
 (DIR) Angriff
 (DIR) Wismar
 (DIR) Bleiberecht
 (DIR) Bleiberecht
 (DIR) Horst Seehofer
 (DIR) Schwerpunkt Rassismus
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Kommentar Bleiberecht von Gewaltopfern: Nazis brauchen klare Ansagen
       
       Bremen hat ein Bleiberecht für Opfer rechter Gewalt beschlossen. Ein Signal
       auch an diejenigen, die rassistische Sorgen ernst nehmen wollen.
       
 (DIR) Bremen beschließt Bleiberecht: Opfer rechter Gewalt dürfen bleiben
       
       Angesichts von Pogromstimmung und rechter Gewalt beschließt Bremen,
       Betroffenen Schutz zu gewähren und plädiert für ein bundesweite Regelung.
       
 (DIR) Nach den Ausschreitungen in Chemnitz: Unterstützung für Sachsens Polizei
       
       Innenminister Seehofer hat sich nun zu den Vorfällen in Chemnitz geäußert:
       Er bietet der Polizei Verstärkung an. Diese gedenkt, ihr Aufgebot
       hochzufahren.
       
 (DIR) Neue Zahlen zu rechten Gewalttaten: Das rechte Auge bleibt blind
       
       Viele Delikte mit mutmaßlich rechtsextremem Hintergrund werden von der
       Polizei nicht als solche erfasst. Das zeigt eine Anfrage der Linken.