# taz.de -- 225 Tote bei Fährunglück: Tansania trauert
       
       > Weil die „MV Nyerere“ hoffnungslos überladen war, kenterte sie bei der
       > Einfahrt in ihren Zielhafen Bwisya auf dem Victoria-See.
       
 (IMG) Bild: Die Unterseite der gesunkenen „MV Nyerere“ ragt noch aus dem Victoriasee
       
       BERLIN taz | Eigentlich war die Fähre „MV Nyerere“ für 101 Passagiere und
       drei Autos ausgelegt. Aber am Donnerstagnachmittag sank sie auf dem
       Victoriasee vor der Küste Tansanias, und bis Sonntag früh wurden schon 225
       Leichen aus dem Schiffskörper und dem Wasser gezogen.
       
       Die Bergungsarbeiten, angeführt von der tansanischen Marine, dauerten bis
       zum Sonntag an. 41 Passagiere hatten sich retten können – das Boot war also
       hoffnungslos überfüllt, mit rund 265 Personen, wie am Sonntag das
       Verkehrsministerium bekannt gab.
       
       Es ist das größte Fährunglück auf dem Victoriasee seit 1996, als das
       Kentern der „MV Bukoba“ rund 800 Menschen in den Tod riss.
       
       Ukara ist eine dichtbesiedelte bewaldete Insel, rund 80 Quadratkilometer
       groß im Südosten des riesigen Sees, etwa 10 Kilometer von der Nachbarinsel
       Ukerewe entfernt, von wo aus die Fähre gestartet war.
       
       Die Fahrt von Ukerewe nach Ukara wird sogar touristisch angepriesen. „MV
       Nyerere“, steht in einem Werbetext, „legt gegen 11 Uhr von Bugolora am
       Nordufer der Insel Ukerewe ab. Es ist eine ziemlich neue Fähre mit einem
       erstaunlich hohen Sicherheitsstandard. Die Fähre legt nach gut einer Stunde
       in Bwisya auf der Insel Ukara an.“
       
       ## Zementsäcke, Mais, Getreide
       
       In Bugolora war am Donnerstag Markttag, das Schiff war entsprechend hoch
       beladen: Zementsäcke, große Ladungen Mais, ein Lastwagen voller Getreide.
       Das Wetter war stürmisch. Die „MV Nyerere“ sank um 13.48 Uhr Ortszeit nur
       50 Meter von der Anlegestelle Bwisya entfernt, also in Sichtweite
       zahlreicher Menschen.
       
       Einer Version zufolge drängelten sich die Passagiere gerade alle zum
       Aussteigen nach vorne und brachten aufgrund ihrer großen Zahl damit das
       Schiff zum Umkippen.
       
       Einer anderen zufolge war der Steuermann in sein Handy vertieft und machte
       ein fatales abruptes Drehmanöver, als er merkte, wie nahe er schon dem Ufer
       war. So oder so: Die Fähre kenterte, ihre Passagiere stürzten ins Wasser
       oder saßen unter dem Schiffskörper in der Falle.
       
       Tansania steht nun unter Schock. Am Sonntag fand auf der Insel Ukara ein
       erstes staatliches Massenbegräbnis zehn nicht identifizierter Toter statt,
       in Anwesenheit des tansanischen Premierministers Kassim Majaliwa.
       Identifizierte Tote wurden ihren Familien übergeben.
       
       Seit Freitag herrscht im ganzen Land Staatstrauer. Die Verantwortlichen, so
       die Regierung, sollen verhaftet und eine Untersuchungskommission eingesetzt
       werden. Auf Ukara ist eine Gedenkstätte geplant.
       
       Ostafrika sieht sich eigentlich als Region des rapiden Wachstums und der
       schnellen ökonomischen und gesellschaftlichen Modernisierung, mit einer
       raschen Zunahme des grenzüberschreitenden Handels und einem zügigen Ausbau
       aller Verkehrswege zwischen den Küstenstaaten Tansania und Kenia und den
       Binnenländern Uganda, Ruanda und Burundi. Tragödien wie die Havarie der „MV
       Nyerere“, verursacht höchstwahrscheinlich durch eine Mischung von
       Gedankenlosigkeit und Inkompetenz, darf es da eigentlich nicht mehr geben.
       
       23 Sep 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dominic Johnson
       
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