# taz.de -- Unternehmen und die Verkehrswende: Ladestationen für E-Bikes reichen nicht
       
       > Firmenm werben mit Job-Tickets und Ladestationen für E-Bikes. Doch sie
       > könnten noch viel mehr für eine tatsächliche Verkehrswende tun.
       
 (IMG) Bild: Nicht mehr außergewöhnlich: Ladestation für Elektroräder
       
       BERLIN taz | Die klimaneutrale Brauerei produziert von der Auswahl der
       Zutaten bis zur hauseigenen Hackschnitzelanlage zur Wärmegewinnung astrein
       ökologisch – aber beim Transport zum Kunden wird es oft schmutzig. Denn die
       Verkehrsinfrastruktur gibt eine ökologische Lieferung auf der letzten Meile
       nicht her, kritisiert Katharina Reuter, Geschäftsführerin des Verbands
       Unternehmensgrün, eines Lobbyverbands der nachhaltigen Wirtschaft.
       
       Damit sich das ändert, hat Unternehmensgrün einen 5-Punkte-Plan für eine
       Mobilitätswende in Firmen vorgelegt. Die 276 Mitgliedsfirmen wollen damit
       die letzte Strecke zu KundInnen, den Pendelverkehr und den Fuhrpark
       ökologisch ausrichten. „Die Bedeutung der gewerblichen Mobilität wird
       unterschätzt“, glaubt Reuter. Allein im Berufsverkehr werden jährlich in
       Deutschland 340 Milliarden Kilometer von Personen zurückgelegt. Für den
       Transport von Waren kommen 450 Milliarden Kilometer hinzu.
       
       Insgesamt sind das 43 Prozent des gesamten Verkehrsaufkommens. Unternehmen
       könnten eine Menge tun, damit diese Strecken mit ökologischen
       Verkehrsmitteln zurückgelegt werden. „Dazu brauchen wir aber politische
       Leitplanken“, sagt Reuter. Eine solche Leitplanke wäre die Abschaffung der
       Steuerbegünstigung für Dienstwagen. Unternehmensgrün fordert die Umstellung
       auf Dienstrad und Jobticket für den Berufsverkehr.
       
       Klassische Forderungen wie Spinde und Duschen für die vom Radeln
       durchgeschwitzten Beschäftigten würden überschätzt, heißt es in dem
       5-Punkte-Plan. Wichtiger seien sichere Park- und Lademöglichkeiten für
       Räder und E-Bikes. Was fehlt, sei oft auch die Unternehmenskultur: Auch die
       Chefinnen und Chefs sollten öfter mit dem Rad zur Arbeit kommen.
       
       ## Kombinationen von Leihrad, Nahverkehr und Carsharing
       
       Außerdem plädieren die nachhaltigen UnternehmerInnen für die Bahncard 100
       anstatt Kurzstreckenflüge sowie für den Umstieg von Lieferwagen auf
       E-Lastenräder. Bundesweit müsse deren Anschaffung gefördert werden, nicht
       nur in Bundesländern wie Berlin und Baden-Württemberg, fordern sie.
       
       Außerdem setzen sie sich für mehr Radwege ein. Und dafür, dass E-Bikes bis
       zu 32 Kilometer in der Stunde fahren dürfen statt wie bislang 25. Um die
       E-Mobilität insgesamt zu unterstützen, fordert Unternehmensgrün außerdem
       den Ausbau der Ladeinfrastruktur. Durch Apps, die clevere Kombinationen von
       Leihrad, Nahverkehr und Carsharing vorschlagen, könnten die einzelnen
       Verkehrsträger viel besser vernetzt werden als heute. Ohnehin spare die
       Digitalisierung Wege und entlaste dadurch den Verkehr, etwa durch
       Homeoffice und flexiblere Arbeitszeiten.
       
       Unternehmen seien besser als Privatleute, die Verkehrswende voranzutreiben,
       sagt Weert Canzler, Verkehrsexperte des Wissenschaftszentrums Berlin (WZB).
       „Sie sind offener für rationales Verhalten im Verkehr“, erklärte er. Denn:
       Firmen reagierten schnell auf Kostenvorteile und Zeitersparnis.
       „Firmenflotten lassen sich viel einfacher umrüsten als Privatautos“, sagt
       er. Und: „Die erneuerbare Elektromobilität beginnt bei den gewerblichen
       Nutzern und sollte darum dort gezielt gefördert werden.“
       
       Das wäre etwa mit gezielten Abschreibungsmöglichkeiten in nachhaltige
       Investitionen der Fall. [1][Einfach auf E-Autos umzusteigen], würde das
       Verkehrsproblem nicht lösen, betont Weert. Denn: Autos verbrauchen zu viel
       Platz.
       
       Ansätze für eine Verkehrswende gibt es nicht nur bei Mitgliedern von
       Unternehmensgrün, deren Geschäftsmodell ohnehin oft mit nachhaltiger
       Mobilität zu tun hat. Etliche produzierende Firmen des Verbandes setzen auf
       Jobtickets, Aufladestationen für Mitarbeiter oder Warenlieferungen per
       E-Lastenrad.
       
       Auch konventionelle Unternehmen seien aufgeschlossen, sogar Autobauer, sagt
       Katharina Reuter: „BMW zum Beispiel führt ein Dienstrad-Leasing und
       Fahrrad-Ladestationen ein“, berichtet sie. Außerdem hat der Autohersteller
       267 neue Fahrradparkplätze geschaffen. Denn wenn weniger Beschäftigte mit
       dem Wagen zur Arbeit kommen, profitieren auch Autohersteller. Sie müssen
       dann ihren MitarbeiterInnen weniger Parkraum zur Verfügung stellen.
       
       22 Oct 2018
       
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