# taz.de -- Hannover 96 in der Fußball-Bundesliga: Chronisch problematisch
       
       > An Streit um den Klubpräsidenten Martin Kind hat man sich bei Hannover 96
       > gewöhnt. Den Kampf gegen den Abstieg macht das nicht einfacher.
       
 (IMG) Bild: Auch Aufstützen hilft nicht aus der Krise: Hannovers Josip Elez kann das Pokal-Aus gegen Wolfsburg nicht verhindern
       
       HANNOVER taz | Ihre verzweifelten Versuche, die vielen Probleme abzuhaken,
       verdienen fast schon Mitleid. Wann immer Sportdirektor Horst Heldt und
       Cheftrainer André Breitenreiter in diesen Tagen öffentlich auftreten, um
       [1][das Dilemma von Hannover 96] zu erklären, wächst der Berg an Sorgen
       weiter. Dabei sind verletzte Spieler wie Torjäger Niclas Füllkrug, den vor
       dem Auswärtsspiel bei Schalke 04 (Samstag, 15.30 Uhr) akute Kniebeschwerden
       plagen, noch ein eher kleines Übel.
       
       Hinter den Kulissen des Vereins tobt ein zäher Streit. Dass eine
       hartnäckige Fan-Opposition eine außerordentliche Mitgliederversammlung und
       dabei die [2][Entmachtung von Präsident Martin Kind] erzwingen will, rundet
       die Misere eines Klubs ab, der sich nach den ersten neun Spieltagen der
       Fußball-Bundesliga mitten im Abstiegskampf positioniert hat.
       
       Rund um die Rückkehr an ihre frühere und gemeinsame Wirkungsstätte müssen
       sich Heldt und Breitenreiter einen Spiegel vorhalten lassen, der ein
       unangenehmes Bild zeigt. Beide haben im Auftrag von Schalke 04 schon am
       großen Rad des bezahlten Fußballs drehen dürfen. In Hannover geht es für
       das Duo auch darum, beim Jonglieren mit eher bescheidenen Möglichkeiten
       besondere Fähigkeiten zu beweisen, die ihnen später vielleicht mal wieder
       prominentere Jobs ermöglichen.
       
       Hannover 96 wird derzeit nicht als Adresse für schönen Fußball, sondern als
       Schauplatz für ein Machtgerangel wahrgenommen. „Wir dürfen nicht die Nerven
       verlieren“, sagt Breitenreiter und versucht, sich auf das Sportliche zu
       konzentrieren. Heldt dagegen muss als Sportdirektor ein grundlegendes
       Problem moderieren. Er steckt im Auftrag von Kind mitten in der Frage fest,
       wie stark Mitglieder bei einem modernen Profiverein noch mitbestimmen
       dürfen. Sein Chef findet, dass die Investoren das Sagen haben sollten. Der
       harte Kern der Fans findet, dass Kind nach mehr als 20 Jahren an der Spitze
       des Vereins schnellstmöglich abgelöst gehört.
       
       Eigentlich müsste sich Hannover 96 anderthalb Jahre nach dem Wiederaufstieg
       dringend auf das Schießen von Toren und das Sammeln von Punkten
       konzentrieren. Aber über allem schwebt bei den Niedersachsen ein Problem,
       auf dessen Lösung sogar die gesamte Liga wartet. Denn Kind ist in Hannover
       Mäzen, Gesellschafter, Funktionär und erster Entscheider in Personalunion.
       
       Genau das hat zu einem Machtvakuum geführt, das die Interessengemeinschaft
       „ProVerein 1896“ bemängelt. Deren Sprecher Robin Krakau sagt: „Der Wille
       der Mitglieder ist mit Füßen getreten worden. Das Problem ist nicht Martin
       Kind, sondern das System Martin Kind.“ Am Donnerstag sind 1.310 notariell
       beglaubigte Anträge von Mitgliedern eingegangen, die auf eine
       außerordentliche Mitgliederversammlung drängen.
       
       ## Abstieg und Lizenzentzug?
       
       Solche Störfaktoren von den Spielern fernzuhalten gehört in diesen Tagen
       eben auch zu den zentralen Aufgaben der sportlichen Leitung. „Um uns
       passiert viel. Aber wir wollen nicht, dass das Thema in der Kabine ist. Und
       wir brauchen die Unterstützung der Fans“, sagt Sportdirektor Heldt.
       
       Nach Ansicht der Kritiker von Kind kämpft Hannover 96 in dieser Saison
       nicht nur gegen den Abstieg, sondern nimmt auch das Risiko eines
       Lizenzentzugs in Kauf. Vor Kurzem hat eine Änderung der Vereinssatzung
       dafür gesorgt, dass der Einfluss der Mitglieder begrenzt bleibt. Kind
       kämpft weiterhin um eine Ausnahmegenehmigung von der 50+1-Regel, um
       Geldgebern mehr Einfluss auf die wesentlichen Entscheidungen zu
       ermöglichen.
       
       Dass er sich die Anteile an einer wichtigen Gesellschaft im komplexen
       Firmenkonstrukt von Hannover 96 sichern will, die als letztes Bindeglied
       zwischen dem Sportverein und der ausgegliederten Profiabteilung verblieben
       ist, möchten seine Gegner unbedingt verhindern. Ob Martin Kind damit
       wirklich und bewusst gegen die 50+1-Regel und damit gegen die
       Lizenzauflagen der Deutschen Fußball Liga verstößt, wird noch zu klären
       sein.
       
       Natürlich gehörte es in Hannover auch zur Vorbereitung auf den zehnten
       Spieltag in der Bundesliga, dass Trainer und Sportdirektor um eine
       Einschätzung solch kniffliger Themen gebeten wurden. „Es ist kein Platz für
       Nebengeräusche“, findet Breitenreiter. Unter seiner Regie hat Hannover 96
       seit mittlerweile einem Jahr kein Erstliga-Auswärtsspiel mehr gewonnen.
       Eine solche Bilanz sorgt dummerweise dafür, dass immer mehr Fans ihren
       Ärger über den autoritären Führungsstil von Kind mit dem Frust über die
       sportliche Talfahrt zu einer gefährlichen Mischung vermengen. Es brodelt in
       Hannover.
       
       3 Nov 2018
       
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