# taz.de -- EU will Privatinsolvenzen neu regeln: Früher schuldenfrei
       
       > Die EU will die Laufzeit von Privatinsolvenzen auf drei Jahre verkürzen.
       > Schuldner*innen in Deutschland könnten schon bald davon profitieren.
       
 (IMG) Bild: Viele Menschen in Privatinsolvenz leben an der Armutsgrenze
       
       FRANKFURT/MÜNCHEN dpa | – Verbraucher in der Schuldenfalle können hoffen:
       Sie sollen nach einer Pleite künftig schneller die Chance auf einen
       schuldenfreien Neuanfang bekommen. Die EU will die Laufzeit von
       [1][Privatinsolvenzen] auf drei Jahre verkürzen. Dies ist in bestimmten
       Fällen in Deutschland zwar möglich. Allerdings schaffen es bislang nur die
       wenigsten Betroffenen. Zuletzt waren es nach Daten der Wirtschaftsberatung
       Crif Bürgel 5,8 Prozent. Aus Sicht von Insolvenzrechtsexperten sind die
       Hürden für die meisten zu hoch.
       
       Denn nur, wer innerhalb von drei Jahren mindestens 35 Prozent der
       Gläubigerforderungen sowie die Kosten des Verfahrens für das Gericht und
       den Insolvenzverwalter stemmt, kann vorzeitig von der Restschuld befreit
       werden. Die reguläre Laufzeit einer Privatinsolvenz in Deutschland beträgt
       aktuell sechs Jahre.
       
       Das könnte sich nun ändern. Europäisches Parlament, Rat und Kommission
       haben sich jüngst auf eine Verkürzung auf drei Jahre geeinigt. Die
       entsprechende Richtlinie dürfte voraussichtlich im Sommer vorliegen. „Sie
       sollte zügig in deutsches Recht umgesetzt werden“, mahnte Kai Henning,
       Fachanwalt für Insolvenzrecht. „Die Richtlinie sieht vor, dass der
       Schuldner innerhalb von drei Jahren eine Entschuldung erreichen können
       muss. Die bisherige deutsche Regelung wird so nicht bleiben können.“
       
       Das Bundesjustizministerium erklärte auf Anfrage, man werde sich nach der
       endgültigen Verabschiedung der Richtlinie so schnell wie möglich an die
       Umsetzung machen.
       
       ## Entlastung der Justiz
       
       Von den neuen Vorschriften dürften allerdings nur Verbraucher profitieren,
       die in Zukunft in die Schuldenfalle geraten. „Eine Anwendung des künftigen
       Systems auf Altfälle wäre sehr ungewöhnlich“, sagte Henning, der Mitglied
       in der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht und Sanierung im Deutschen
       Anwaltverein (DAV) ist. Die Experten hatten bereits in der Vergangenheit
       einen Erlass der restlichen Schulden grundsätzlich nach drei Jahren ohne
       jede Quote gefordert – auch um die Justiz zu entlasten.
       
       Nach Berechnungen von Crif Bürgel erreichten seit Inkrafttreten der
       Insolvenzrechtsreform im Sommer 2014 insgesamt 7,4 Prozent der Betroffenen
       einschließlich ehemals Selbstständiger die Restschuldbefreiung nach drei
       Jahren. Crif Bürgel wertete Daten der Amtsgerichte aus.
       
       Durchschnittlich sind die Betroffenen den Angaben zufolge mit rund 30.000
       Euro verschuldet. Zwischen den Altersgruppen gibt es aber große
       Unterschiede. Unter 25-Jährige stehen im Schnitt mit knapp 11. 000 Euro in
       der Kreide. Ihnen gelinge es überproportional häufig, schon nach drei
       Jahren die restlichen Schulden erlassen zu bekommen.
       
       Bei Älteren ist der Berg der Verbindlichkeiten meist deutlich größer, etwa
       wegen des Kaufs einer Immobilie. Über 61-Jährigen, die Privatinsolvenz
       anmeldeten, hatten demnach im Schnitt ein Minus von 45 000 Euro angehäuft.
       
       ## Besitztümer werden gepfändet
       
       Betroffene müssen während der Laufzeit der Insolvenz den [2][Teil ihres
       Einkommens, der über das Existenzminimum hinausgeht, abgeben]. Besitztümer,
       sofern sie nicht lebensnotwendig sind, werden gepfändet.
       
       Nach Daten der Auskunftei Creditreform rutschten im vergangenen Jahr 68 600
       Privatleute (ohne ehemals Selbstständige) in die Pleite. Das waren 4,7
       Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Hauptgründe hierfür sind nach
       Einschätzung von Creditreform sinkende Arbeitslosenzahlen und steigende
       Bruttolöhne.
       
       3 Feb 2019
       
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