# taz.de -- Solarstrom aus der Steckdose: Günstiger Strom durch Balkonmodul
       
       > Steckdose, Stromzähler und Anmeldepflichten: Wie zum Beispiel
       > Wohnungsmieter mit Solarzellen selbst Energie erzeugen können.
       
 (IMG) Bild: Echter Solarkraftzwerg: Minisolarmodul auf einem Balkon
       
       FREIBURG taz | Anfangs sprach man von Guerilla-Photovoltaik, von
       Rebellenkraftwerken oder (speziell in Österreich) von Solarkraftzwergen.
       Heute nennt man sie schlicht Balkonmodule oder Plug-in-PV. Gemeint sind
       damit Solarmodule, die in die heimische Steckdose gestöpselt werden, um
       günstigen Solarstrom auch für Mieter nutzbar zu machen. Bei den
       Netzbetreibern gehen zunehmend entsprechende Anfragen ein – und die Stadt
       Freiburg diskutiert bereits, solche Kleinstanlagen zu fördern.
       
       Das Thema gewinnt an Bedeutung, seit eine neue technische Norm die
       Steckermodule aus der rechtlichen Grauzone herausgeholt hat. In der
       Solarstadt Freiburg zum Beispiel berichtet der Versorger Badenova von
       ersten Kundenanfragen und geht von weiter zunehmendem Interesse aus. Auch
       Stromnetz Berlin, Stromnetz Hamburg und die Stadtwerke München hatten schon
       Anfragen.
       
       Einer der Pioniere ist Sebastian Müller aus dem Freiburger Stadtteil
       Mooswald. Er hat kürzlich ein 300-Watt-Modul erworben, um damit seine
       Stromrechnung zu senken. Das Modul habe inklusive Versand 350 Euro
       gekostet, zuzüglich 20 Euro für Kabel, sagt Müller. An einem
       unverschatteten Standort kann es bei optimaler Ausrichtung rund 300
       Kilowattstunden Strom im Jahr erzeugen.
       
       Wird dieser komplett im Haushalt verbraucht und ersetzt damit Netzstrom, so
       sinkt die Stromrechnung um rund 80 Euro im Jahr. Aufgrund der Physik wird
       schließlich immer erst der eigene Strom verbraucht, ehe Strom aus dem Netz
       bezogen wird.
       
       Und doch ist die Praxis nicht ganz so einfach, wie es im ersten Moment
       klingt. Denn die Nutzung der normalen Steckdose – der Schukodose – ist nach
       den geltenden technischen Regeln nicht erlaubt. Man muss eine spezielle
       Einspeisedose montieren oder montieren lassen; ein verbreitetes Modell ist
       die Wieland-Dose.
       
       ## Und wer montiert die neue Dose?
       
       Der Austausch kostet Geld, weshalb es bei der Stadt Freiburg schon die Idee
       gibt, die Umrüstung zu fördern. Die Stadt finde das Balkonstrom-Konzept
       „sehr interessant“, sagt Klaus von Zahn, Leiter des Umweltschutzamtes. Im
       Laufe des Jahres, wenn das kommunale Förderprogramm „Energiebewusst
       Sanieren“ überarbeitet wird, werde man prüfen, ob die Stadt auch
       Balkonmodule aufnehmen kann.
       
       Strittig ist, wer die neue Dose montiert. Der Elektrotechnikerverband VDE
       erklärt, der Austausch müsse „durch eine Elektrofachkraft ausgeführt“
       werden. Damit ergibt sich eine bizarre Situation: Während jeder Heimwerker
       eine gewöhnliche Steckdose – wenn nötig – selbst austauscht und beim Ausbau
       von Kellerräumen mitunter ganze Elektroinstallationen selbst verlegt, wird
       hier ein Elektriker verlangt. Ist das logisch? Florian Regnery vom Forum
       Netztechnik/Netzbetrieb im VDE stellt in Frage, ob tatsächlich jeder
       Heimwerker eine Schukosteckdose installieren darf: „Dass es gängige Praxis
       ist, heißt noch nicht, dass es erlaubt ist.“
       
       Verunsicherung herrscht zudem oft hinsichtlich der Anmeldepflichten. Das
       Modul (bis zu zwei Module sind technisch unkritisch) muss beim örtlichen
       Netzbetreiber angezeigt werden. Dieser muss es akzeptieren, wenn es den
       technischen Normen entspricht. Erste Unternehmen – zum Beispiel Westnetz –
       bieten bereits ein schlankes Anmeldeformular für steckerfertige
       Solaranlagen auf ihrer Homepage an.
       
       Eine Anmeldung bei der Bundesnetzagentur sei unterdessen nur erforderlich,
       wenn auch Strom eingespeist wird, nicht jedoch beim kompletten
       Eigenverbrauch des Stroms, erklärt die Deutsche Gesellschaft für
       Sonnenenergie (DGS). Eine Anmeldung als Gewerbe sei auch nicht nötig,
       sofern man keine EEG-Vergütung in Anspruch nimmt.
       
       Theoretisch kann man zwar auch für Einzelmodule die EEG-Vergütung nutzen,
       doch da die Einspeisemenge (sofern überhaupt Überschuss erzeugt wird)
       gering ist, dürfte der Aufwand einer Anmeldung in vielen Fällen
       unverhältnismäßig sein.
       
       Meldet man sein Modul beim Netzbetreiber an, verlangt dieser zumeist einen
       Zweirichtungszähler, der auch die Einspeisung erfasst. Die Kostenregelungen
       sind unterschiedlich. Bei Stromnetz Berlin ist der Austausch des Zählers
       kostenlos, auch unterscheiden sich die Zählergebühren eines
       Zweirichtungszählers nicht von denen eines normalen Bezugszählers.
       Stromnetz Hamburg unterdessen berechnet 13,11 Euro zusätzlich im Jahr für
       den Einspeisezähler, zudem muss der Kunde die Kosten des Zählertauschs
       tragen.
       
       Aber auch ohne Einspeisezähler hält die DGS die Rückspeisung, die
       naturgemäß gering ist, für zulässig. Wenn die rückgespeiste Menge unter der
       Messtoleranz des Stromzählers liegt (vier Prozent des Jahresstrombezugs)
       sei auch ein rückwärtslaufender Stromzähler nicht zu beanstanden. Die DGS
       verweist hier auf elektrische Antriebe, wie etwa Aufzüge, die zeitweise im
       Generatorbetrieb laufen und dann Strom einspeisen.
       
       So bleiben beim Einsatz der Rebellenmodule in der Praxis Spielräume. Und
       weil einige Solarfreunde die Regeln genauer nehmen als andere, spricht die
       DGS einerseits von „zahmen Rebellen“ und andererseits von „wilden
       Rebellen“.
       
       Weitere Infos im Internet unter: [1][www.pvplug.de]
       
       19 Feb 2019
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.pvplug.de/
       
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