# taz.de -- Maßnahmen gegen Gewalt an Frauen: Bundesregierung hat keine Eile
       
       > In der Istanbul-Konvention verpflichtet sich die Bundesregierung dazu,
       > Hilfsangebote für Frauen zu schaffen. Tatsächlich tut sich aber wenig.
       
 (IMG) Bild: Women's March in Berlin: Diese Frau demonstrierte im Januar gegen Frauenfeindlichkeit
       
       BERLIN taz | Mit der Ratifizierung der [1][Istanbul-Konvention] vor einem
       Jahr verpflichtete sich die Bundesregierung, systematisch gegen Gewalt an
       Frauen und Mädchen vorzugehen. Nun erfragte die Linke mittels einer
       Bundestags-Anfrage den Stand der Umsetzung und zeigte sich alles andere als
       zufrieden. „Die Regierung entzieht sich den Verpflichtungen der Konvention.
       Das ist mehr als enttäuschend“, sagte Cornelia Möhring, frauenpolitische
       Sprecherin der Fraktion.
       
       Die Istanbul-Konvention ist ein Übereinkommen des Europarats zur Verhütung
       und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen, das 2011 in Istanbul unterzeichnet
       wurde. Es schafft verbindliche Rechtsnormen gegen Gewalt, schreibt die
       Gleichstellung der Geschlechter in den Verfassungen vor und will die
       Situation von Frauen mit Prävention, Bildung, Hilfsangeboten und
       funktionierender Strafverfolgung verbessern. Den völkerrechtliche Vertrag
       unterzeichneten seitdem 46 Staaten, 33 ratifizierten ihn.
       
       „Die Bundesregierung scheint zu glauben, dass sie unter
       Menschenrechtsabkommen einfach ihre Unterschrift setzen kann und damit dem
       Abkommen genüge getan wird“, sagte Möhring. Zahlreiche Verpflichtungen
       seien noch nicht erfüllt, zum Beispiel die Gründung einer
       Koordinierungsstelle auf Bundesebene und einer unabhängigen
       Monitoring-Stelle. Die Einrichtung eines unabhängigen Forschungsinstitut
       für Gewalt gegen Frauen ist ebenfalls nicht vorgesehen.
       
       „Deutschland erfüllt bereits die Anforderungen der Istanbul-Konvention“,
       lautet hingegen die Antwort der Bundesregierung. Dies trifft bisher aber
       höchstens auf die Anpassung von Gesetzen zu. Aufgrund der Konvention
       reformierte die Bundesregierung Ende 2016 zum Beispiel das deutsche
       Sexualstrafrecht. Strukturelle Probleme ist sie dagegen noch nicht
       angegangen.
       
       ## Frauenhäuser seien Ländersache
       
       Für [2][den gravierenden Platzmangel in Frauenhäusern] zum Beispiel habe
       die Regierung nach wie vor keine Lösung, so Möhring. Die Finanzierung eines
       flächendeckenden Hilfesystems für Frauen sei Ländersache, entgegnet die
       Bundesregierung. 2019 solle jedoch das Bundesförderprogramm „Gemeinsam
       gegen Gewalt an Frauen“ starten, das Konzepte zur Schließung der Lücken
       erproben solle.
       
       „Momentan verzeichnen wir einen Rückgang an Frauenhausplätzen, obwohl der
       Bedarf steigt. Mit so einer Politik setzt die Regierung Menschenleben aufs
       Spiel“, sagte Möhring. Die aktuellsten Zahlen der Bundesregierung stammen
       aus dem Jahr 2012. Damals fehlten rund 1.300 Frauenhausplätze.
       
       Ebenfalls fehlen Pläne für spezielle Hilfsmaßnahmen für ältere oder
       obdachlose Frauen. „Ältere Frauen haben die Möglichkeit (…) die gleichen
       Angebote wahrzunehmen wie Frauen und Mädchen in jüngerem Alter“, heißt es
       in der Antwort der Bundesregierung. Und: „Die Hilfsangebote der (…) Schutz-
       und Beratungseinrichtungen stehen in der Regel auch wohnungs- und
       obdachlosen Frauen offen.“
       
       Auch zusätzliche, spezialisierte Hilfsdienste für digitale Gewalt sind
       nicht geplant. So verwies die Regierung lediglich auf das seit 2017
       laufende Projekt „Aktiv gegen digitale Gewalt“, ohne dabei auf dessen
       Umfang oder eine mögliche Ausweitung einzugehen. Das Projekt fördert unter
       anderem Weiterbildungen für Berater*innen im Umgang mit Cyberstalking.
       
       19 Feb 2019
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://rm.coe.int/1680462535
 (DIR) [2] /Ueberlastete-Frauenhaeuser/!5521440
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Lenne Quentin
       
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