# taz.de -- Spannungen mit Pakistan nach Anschlag: Indien sucht noch nach Vergeltung
       
       > Saudi-Arabiens Kronprinz versucht die Empörung in Indien über den
       > Anschlag in Kaschmir zu besänftigen. Delhi macht Pakistan verantwortlich.
       
 (IMG) Bild: Indische und pakistanische Soldaten am Grenzübergang Wagah (Archivbild)
       
       BERLIN taz | Indiens Regierung sucht noch einem Weg, wie sie den Pakistan
       zugeschriebenen [1][Terroranschlag auf Polizeikräfte in Jammu und Kaschmir]
       vom letzten Donnerstag vergelten kann. Indiens Armee macht für den
       Autobombenanschlag, bei dem mindestens 41 Inder getötet wurden und zu dem
       sich die pakistanische Terrorgruppe Jaish-e-Mohammad bekannt hat, den
       pakistanischen Militärgeheimdienst verantwortlich. Die Regierung in
       Islamabad weist dies empört zurück.
       
       Indiens hindunationalistischer Ministerpräsident Narendra Modi, der sich
       spätestens im Mai landesweiten Wahlen stellen muss, hatte kurz nach der Tat
       eine scharfe Reaktion angekündigt und dem indischen Militär freie Hand
       gegeben. Doch bisher wurden vor allem unversöhnliche Drohungen
       ausgetauscht.
       
       An diesem Mittwoch ist noch Saudi-Arabiens Kronprinz Mohammed bin Salman in
       Delhi. Er wurde von Modi am Flughafen empfangen. Nach pakistanischen
       Medienberichten hat er eine persönliche Botschaft von Ministerpräsident
       Imran Khan an Modi dabei und ist damit in der Rolle eines Vermittlers.
       
       Bin Salmans Reise, die ihn zunächst nach Pakistan führte und bei der nach
       Indien noch Pakistans Verbündeter China auf dem Programm steht, soll
       eigentlich vor allem geschäftlichen Zwecken dienen. Indien bezieht rund 20
       Prozent seiner Ölversorgung aus Saudi-Arabien. Riad möchte Indien gern mehr
       Öl verkaufen und damit dem Erzfeind Iran Anteile abjagen.
       
       ## Diplomatische Isolierung sofort gescheitert
       
       Indiens Regierung erklärte nach dem Anschlag zunächst, Pakistan
       diplomatisch isolieren zu wollen. Doch nur Stunden später traf bin Salman
       in Islamabad ein und sagte dort saudische Investitionen im Umfang von 20
       Milliarden Dollar zu. Isolation sieht anders aus.
       
       Am Dienstag hatte Pakistans Regierungschef Khan Indien Zusammenarbeit bei
       der Aufklärung des Anschlags zugesichert – sofern Delhi Beweise für eine
       pakistanische Verwicklung vorlege – und ansonsten im Falle eines
       Militärschlags mit Vergeltung gedroht. Pakistan werde „nicht nur über
       Vergeltung nachdenken, Pakistan wird Vergeltung üben“, warnte Khan.
       
       Indien und Pakistan haben seit ihrer Unabhängigkeit 1947 bereits drei
       Kriege gegeneinander geführt, darunter zweimal um das zwischen beiden
       Staaten sowie China geteilte Kaschmir.
       
       Mittlerweile sind die beiden Erzfeinde atomar bewaffnet. Das schwächere
       Pakistan behält sich ausdrücklich das Recht vor, auf einen indischen
       Angriff mit konventionellen Waffen selbst atomar zu antworten. Das macht
       das Risiko indischer Militärschläge etwa auf „Terrorcamps“ in Pakistan
       unberechenbar.
       
       Pakistan bat jetzt die Vereinten Nationen um Vermittlung, wohl wissend, das
       Indien dies seit Jahrzehnten ablehnt. Das große Indien will mit dem kleinen
       Pakistan nur bilateral verhandeln, doch vereiteln Terroranschläge seit
       Jahren Fortschritte. Indien verweigert seit Jahrzehnten in Kaschmir auch
       eine Volksabstimmung unter UN-Aufsicht, der Delhi früher eigentlich mal
       zugestimmt hatte.
       
       Der pakistanische Militärgeheimdienst ISI hat in der Vergangenheit
       islamistische Terrorgruppen unterstützt, um mit diesen die Politik in den
       Nachbarländern Afghanistan und Indien in seinem Sinn zu beeinflussen. Die
       vom Militär abhängige Regierung in Islamabad hat selbst kaum Kontrolle über
       den ISI und verlangt von Indien stets Beweise.
       
       ## Repression in Kaschmir heizt Widerstand an
       
       Indiens Vorwürfe sind zugleich reflexartig und vernachlässigen die
       Tatsache, dass unter der muslimischen Mehrheit im indischen Teil Kaschmirs
       in den letzten Jahren der militante Widerstand gegen die Repression der
       indischen Sicherheitskräften gewachsen ist. Zur Zeit wird Jammu und
       Kaschmir, wie der von Indien kontrollierte Teil Kaschmirs offiziell heißt,
       direkt von Delhi aus regiert. Indiens Sicherheitskräfte genießen dort
       absulute Straflosigkeit.
       
       In Indien außerhalb Kaschmirs hat es seit Freitag bereits mehrfach
       Demonstrationen und Kundgebungen gegeben, auf denen insbesondere
       Hindufundamentalisten eine militärische Vergeltung gegen Pakistan fordern.
       Auch gab es Berichte über Beschimpfungen von kaschmirischen Muslimen in
       indischen Städten.
       
       Der Gouverneur des Bundesstaates Maghalaya, Tathagata Roy, schloss sich am
       Dienstag per Twitter Forderungen nach einem innerindischen Boykott von
       Produkten aus Jammu und Kaschmir und von Reisen dorthin an. Der frühere
       Ministerpräsident von Jammu und Kaschmir, Omar Abdullah, warf ihm darauf
       vor, ein Kaschmir ohne Kaschmiris haben zu wollen: „Das eine geht aber
       nicht ohne das andere.“
       
       20 Feb 2019
       
       ## LINKS
       
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 (DIR) Sven Hansen
       
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