# taz.de -- Deutscher ESC-Vorentscheid: Unbekümmerte Frauenpower
       
       > Das Duo „S!sters“ gewinnt die Vorentscheidung zum ESC auch dank
       > Publikumshöchstwertung. Die antiisraelische BDS-Kampagne ist auch vor
       > Ort.
       
 (IMG) Bild: „S!sters“ gewinnt den Vorentscheid für den ESC und fährt im Mai nach Israel
       
       BERLIN taz | Jüngst erst wurden sie, die nie zuvor in einem Duo gesungen
       haben, zu einer Zweier-Frauengruppe zusammengecastet – „nicht wir haben uns
       gefunden, sondern das Lied fand uns“, sagte die eine von beiden, Laurita
       Spinelli. Die andere, Carlotta Truman, pflichtete ihr bei, zumal beim
       Jubel, als feststand, dass sie als „S!sters“ [1][mit dem Titel „Sister“]
       den deutschen Vorentscheid zum Eurovision Song Contest, gewonnen hatte.
       
       Ihr Titel, geschrieben von einem internationalen Autor*inneteam, handelt
       vom Vorsatz, als Frauen miteinander schwesterlich umzugehen, auf
       Zickenkriege zu verzichten, auf Giftereien – auf Hass, der zu nichts führe.
       
       Wenn man so will, hat das deutsche Televotingpublikum damit seine
       Zustimmung zu zwei definitiv unbekümmert und angstfrei performenden
       Sängerinnen ausgedrückt – als Statement zur sich immer weiter
       popularisierenden [2][#metoo-und-die-Konsequenzen-]Debatte. „S!sters“,
       deren Namen mit Ausrufezeichen zu schreiben sei, wie es aus deren Team hieß
       – was auch immer das zu bedeuten haben könnte –, waren bei der ARD-Show
       „Unser Lied für Israel“ die einzigen der sieben Acts, die zwar mit
       Lampenfieber, aber ohne Spitzenerwartungen zu Werke gingen.
       
       Die anderen, etwa Makeda, BB Thomaz, Aly Ryan ([3][der modernste Act unter
       allen]), Lily among clouds sowie die beiden Solisten Linus Bruhn und Gregor
       Hägele, verhedderten sich öfter als selbst gewünscht in den Tönen –
       allesamt waren sie, die meist selbst für ihre Lieder als Komponisten und
       Texter verantwortlich waren, irgendwie von übergroßer Nervosität
       heimgesucht, besonders die beiden Jungmänner.
       
       „S!sters“ hingegen hofften, so sagten sie zuvor, auf nichts – und hatten am
       Ende viele Sympathien bei den Jurys auf ihrer Seite, den Jackpot aber
       knackten sie mit dem Televoting der ARD-Zuschauer*innen – zwölf Punkte, die
       Höchstwertung.
       
       ## Eine musizierende BDS-Kampagne
       
       2,84 Millionen Menschen guckten die Show, das ist für den Sender ein guter
       Wert – womöglich hatte das öffentliche Interesse mit dem vorjährigen
       deutschen [4][ESC-Kandidaten Michael Schulte] zu tun, der in Lissabon beim
       ESC den vierten Platz schaffte und am Freitagabend aus Berlin die Show
       mitkommentierte. Neben ihm, der durch den ESC zu einem erfolgreichen
       Künstler im deutschen Pop 2018 wurde, traten auch Lena Meyer-Landrut,
       Andreas Bourani, die Band Revolverheld sowie der „All German Pop Hero“ Udo
       Lindenberg auf.
       
       „S!sters“ treten am 18. Mai beim Finale des ESC in Tel Aviv. In den
       internationalen Wetten werden sie als deutscher Act auf einem vorderen
       Platz gehandelt. Als Favorit gilt bislang [5][der Italiener Mahmood mit
       seinem Lied „Soldi“].
       
       Die antiisraelische Szene rund um die BDS-Kampagne trat auch in
       Berlin-Adlershof auf, allerdings vor dem Studio, aus dem die Show
       übertragen wurde. Gut drei dutzend Menschen agitierten das ankommende
       Saalpublikum nicht allein mit einem Flugblatt, auf dem das Eurovisionslogo
       mit Stacheldraht zu sehen war, darunter die Überschrift „Artwashing
       Apartheid“, sondern auch mit Gesang, der vorher aufgenommen war.
       
       In einer bizarren Coverversion von Buck’s Fizz' [6][ESC-Siegestitel von
       1981, „Making Your Mind Up“] – in einer Art Umdichtung gegen Israel an und
       für sich. Es gehört zu den interessantesten Aspekten dieser Kritiker*innen
       – die vom Publikum beinah vollständig ignoriert wurden –, dass sie sich mit
       Hilfe von eurovisionsgeschichtlichem Material gut auf ihre Demonstration
       vorbereitet hatten: Eine Mühe, die nicht von jeder politischen Intervention
       behauptet werden kann.
       
       23 Feb 2019
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.eurovision.de/teilnehmer/Ssters-Deutschlands-Kandidaten-beim-ESC-2019,deutschland1288.html
 (DIR) [2] /Schwerpunkt-metoo/!t5455381
 (DIR) [3] https://www.youtube.com/watch?v=28Zv4REajVU
 (DIR) [4] /Eurovision-Song-Contest/!5572173
 (DIR) [5] https://www.youtube.com/watch?v=22lISUXgSUw
 (DIR) [6] https://www.youtube.com/watch?v=pACePi441ds
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jan Feddersen
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Eurovision Song Contest
 (DIR) BDS-Movement
 (DIR) S!sters
 (DIR) Israel
 (DIR) Maruv
 (DIR) Talkshow
 (DIR) Schwerpunkt Eurovision Song Contest
 (DIR) Schwerpunkt Eurovision Song Contest
 (DIR) Netta Barzilai
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Kolumne ESC in Tel Aviv #1: Gesperrte Straßen am Strand
       
       In Tel Aviv laufen die Vorbereitungen für den Eurovision Song Contest. Die
       Künstler*innen proben fleißig. Nur die Kampfjets stören.
       
 (DIR) Ukrainischer ESC-Vorentscheid: Wenn Musik politisiert
       
       Gewinner der Absage der ESC-Vorentscheidsgewinnerin Maruv ist Poroschenkos
       Präsidentschaftsherausforderer. Die ukrainische Regierung ist hilflos.
       
 (DIR) Der Sänger der Pop-Band Talk Talk ist tot: Graue Jahre, schwarze Tage
       
       Die Platten seiner Band Talk Talk sind Schätze, die sich immer wieder heben
       lassen. Nun ist Mark Hollis, Sänger der britischen Pop-Band, gestorben.
       
 (DIR) Eurovision Song Contest: Ein verdammt gutes Jahr
       
       Mit „You let me walk alone“ ersang Michael Schulte beim ESC im Mai 2018
       Deutschland einen vierten Platz. Das brachte ihm Ruhm und Ehre.
       
 (DIR) Sängerin über Frauen in der Musik: Siegerlächeln in grünem Stoff
       
       Hyäne Fischer mischt die österreichische Popszene auf. Ihr nächstes Ziel
       ist der ESC. Ihre Namensgeberin Helene Fischer ist eine fantastische
       Showwoman, findet sie.
       
 (DIR) Sängerin Netta über Empowerment: „Ich sollte die Heldin so vieler sein“
       
       Sängerin Netta hat im Mai den Eurovision Song Contest gewonnen. Sie
       versteht sich nicht als politischer Mensch – eine Botschaft hat sie
       dennoch.