# taz.de -- HSV zerlegt den FC St. Pauli mit 4:0: Derby unter Feuer
       
       > In einem Stadtderby, das mehrfach vor dem Abbruch steht, demontiert der
       > HSV den FC St. Pauli. Das bedeutet auch eine Vorentscheidung im
       > Aufstiegskampf.
       
 (IMG) Bild: Mächtig Feuer unterm Dach: Die HSV-Fans haben auch am Ende des Spiels noch Munition
       
       HAMBURG taz | Am Ende feiern nur die in den weißen Trikots. Vor der
       Nordkurve veranstalten die Spieler des HSV Freudentänze vor ihren Fans, die
       skandieren „Die Nummer 1 der Stadt sind wir“.
       
       Währenddessen nehmen die Kicker vom Kiez mit hängenden Köpfen, aber dankbar
       die „St. Pauli, St. Pauli“-Rufe ihrer AnhängerInnen entgegen. Pfiffe gibt
       es kaum, obwohl der FC St. Pauli sich gerade mit 0:4 im eigenen Stadion vom
       Lieblingsfeind Nummer 1 hat auseinandernehmen lassen. Den Blick starr auf
       den zerfurchten Rasen gerichtet, haben die Spieler viel zu verarbeiten:
       Abschied zumindest vom direkten Aufstieg, Verlust der Stadtmeisterschaft,
       die vielen Fans noch mehr bedeutet als ein Ticket fürs Fußball-Oberhaus.
       
       Zum ersten Mal findet an diesem Sonntag ein Derby im fertig gebauten
       Millerntor-Stadion statt, zuletzt hatte es das 2011 gegeben. Und zum ersten
       Mal ist es eine Zweitligapartie. 0:0 haben sich die Rivalen im Volkspark
       getrennt, wer heute gewinnt, darf sich als Nummer eins in der Stadt fühlen
       – so lange, bis man wieder mal in einer Liga aufeinandertrifft. Und da
       zudem noch der aktuelle Tabellenvierte den Tabellendritten zu Gast hat,
       liegt viel sportliche Brisanz in der Partie.
       
       Doch ob der sportliche Aspekt überhaupt zum Tragen kommt, bleibt lange
       unklar – die Partie hat noch nicht einmal begonnen, da droht schon der
       Spielabbruch. Viereinhalb Minuten nach Anpfiff wird die Uhr das erste Mal
       angehalten, als Rauchbomben aus dem HSV-Block das Stadium blau einnebeln.
       Der Gestank ist so stark, dass viele VIP-Fans der Haupttribüne auf ein
       Kaltgetränk in den Ballsaal flüchten und sich die Sitze erst wieder füllen,
       als das Spiel wieder läuft.
       
       ## Es riecht nach Spielabbruch
       
       Die Warnung vor einem Spielabbruch wird die gesamte Partie begleiten, immer
       wieder gibt es farbigen Rauch auf beiden Seiten, Bengalos und
       Leuchtmunition kommen zum Einsatz. Nach 82 Minuten – es steht bereits 0:3 –
       fordert Schiedsrichter Felix Brych die Spieler auf, den Platz zu verlassen.
       Diesmal haben St.-Pauli-Fans gezündelt. Minuten lang weiß niemand, ob das
       Spiel nun nur unterbrochen oder doch abgebrochen wurde.
       
       „Noch ein Vorfall, dann ist es zu Ende“, teilt Brych den beiden Trainern
       mit, bevor es dann doch noch einmal weiter geht. Es gibt noch einen
       weiteren Vorfall, doch weil da nur noch zwanzig Sekunden der Nachspielzeit
       zu absolvieren sind, entscheidet sich der Unparteiische, dass die Partie
       nicht das erste abgebrochene Hamburger Derby sein soll.
       
       Auch bei den Fans sorgt das bunte Treiben für ein gespaltenes Echo. Als St.
       Pauli kurz nach der Halbzeitpause die Oberhand zu gewinnen scheint, werden
       aus dem Ultra-Block erneut Bengalos gezündet, sodass das Spiel erneut
       pausieren muss. St.-Pauli-Fans rufen aus der Gegengerade den Pyromanen der
       Südkurve entgegen: „Ihr seid scheiße, wie der HSV“ und „Haut ab! Haut ab!“.
       
       Auch Sportchef Uwe Stöver wird nach Ende der Partie bemerken, die meist von
       den eigenen Fans initiierten Pyro-Unterbrechungen hätten die Mannschaft
       „nicht in Fluss kommen“ lassen, zu einem Zeitpunkt, als „das Spiel längst
       noch nicht entschieden war.“ Denn zur Halbzeit führt der HSV in einer
       chancenarmen Partie knapp mit 1:0, nachdem Aaron Hunt nach 32 Minuten einen
       Freistoß an die Latte genagelt und Pierre-Michel Lasogga den Abpraller
       gedankenschnell zur Führung verwertet hat.
       
       In der zweiten Halbzeit versuchen die St. Paulianer, die sich zuvor auf
       solide Abwehrarbeit und gelegentliche, schlecht ausgespielte Konter
       beschränkt haben, mutiger anzugreifen – und bieten damit dem Gegner Räume.
       Der HSV, mit deutlich mehr Klasse im Passspiel und im Zweikampf am Start,
       nutzt das gnadenlos aus.
       
       Angetrieben von einem überragenden Orel Mangala kontern nun die Gäste aus
       Stellingen die Gastgeber aus. Khaled Narey (53. Minute) und erneut Lasogga
       (61.) nutzen die Unordnung in der überforderten St.-Pauli-Abwehr aus, bevor
       Douglas Santos in der Nachspielzeit zum 4:0-Endstand trifft.
       
       ## Nach dem Spiel bleibt es weit gehend ruhig
       
       Den Anhängern des FC St. Pauli bleibt an diesem Nachmittag nur die Freude
       an ihrer eigenen Choreographie. Erstmals gibt es ein Transparent im
       Stadion, das die ganze 120 Meter lange Gegengerade verdeckt und die
       Botschaft verkündet: „Hamburg ist braun-weiss.“ Über der Südkurve hängt
       zeitgleich ein riesiges Banner mit einem Totenkopf-Monster und der Zeile:
       „Sankt Pauli vom Wahnsinn besessen!“.
       
       Während es im Stadion turbulent zugeht, bleibt es außerhalb des Millerntors
       verhältnismäßig ruhig. 1.800 Polizisten – fast alles, was Hamburg
       aufzubieten hat – verstärkt durch wenige Kräfte aus Schleswig-Holstein und
       Bremen, sichern die umliegenden Straßen, eskortieren den HSV-Fanmarsch vom
       Dammtor zum Heiligengeistfeld und trennen, auch mithilfe von Wasserwerfern,
       Räumpanzern und Pferdestaffel, die beiden Fanlager. Das gelingt – zumindest
       bis Redaktionschluss – fast ohne Zwischenfälle und ohne, dass der gesamte
       Verkehr ins Stocken gerät.
       
       Ins Stocken geraten sind dagegen die Aufstiegsträume der St. Paulianer,
       während der HSV nach kurzer Krise wieder mit großen Schritten in Richtung
       Erste Liga eilt. „Wir wollen dranbleiben“, gibt St.Pauli-Trainer Markus
       Kauczinski nach der „bitteren Niederlage“ Durchhalteparolen aus.
       
       Doch der HSV ist nach dem Derby bereits sieben Punkte davon gezogen, Köln
       bereits acht, und selbst von Union Berlin auf Relegationsrang drei, trennen
       Hamburgs Nummer zwei vier Punke und 18 Tore. Der Aufstiegskampf ist damit
       bis auf Weiteres zum Dreikampf geworden oder wie Kauczinski einräumt: „Mit
       den Topteams der Liga können wir noch nicht mithalten.“
       
       10 Mar 2019
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Marco Carini
       
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