# taz.de -- Reaktionen auf Wagenknechts Rückzug: „Aufstehen“ ist völlig überrascht
       
       > Sahra Wagenknecht kündigt ihren Rückzug aus der Sammlungsbewegung an.
       > Nicht mal ihre engsten MitstreiterInnen hatte sie informiert.
       
 (IMG) Bild: Wagenknecht wies darauf hin, dass sie eine „neue Balance“ in ihrem Arbeitspensum finden müsse
       
       Nicht mal ihre engsten MitstreiterInnen hat [1][Sahra Wagenknecht über
       ihren Rückzug] informiert. Der Arbeitsausschuss der „Aufstehen“-Bewegung
       habe über ihren Rückzug auch nur aus der Presse erfahren, sagte der
       [2][Bundestagsabgeordnete Marco Bülow] am Sonntag der taz. Bülow hatte sich
       von Anfang an für das linke Projekt engagiert. Nun werde man sich erst
       einmal im Ausschuss beraten, so Bülow. Mehr wollte er nicht sagen, er ist
       ein höflicher Mann.
       
       Was für ein Paukenschlag: Wagenknecht, die prominente Frontfrau der linken
       Sammlungsbewegung, [3][will nicht mehr]. Gerade mal [4][ein halbes Jahr
       nach Gründung] gab die Fraktionsvorsitzende der Linkspartei bekannt, sich
       aus der Führung zurückzuziehen. „Wir brauchen eine Neuaufstellung an der
       Spitze von ‚Aufstehen‘“, sagte die 49-Jährige der Frankfurter Allgemeinen
       Sonntagszeitung. „Die Parteipolitiker sollten sich zurücknehmen, das
       betrifft auch mich selbst. Sie waren mit ihren Erfahrungen anfangs
       notwendig. Aber jetzt ist es richtig, Verantwortung abzugeben.“
       
       Wagenknecht hatte „Aufstehen“ Anfang September zusammen mit ihrem Ehemann
       Oskar Lafontaine gestartet, um linke Wähler zu erreichen, die sich von den
       Parteien abgewendet haben. Das Projekt sorgte für viele Spekulationen. Die
       prominente Linke, lautete eine, könnte „Aufstehen“ zu einer eigenen Partei
       ausbauen. Wagenknecht liegt in der Flüchtlingspolitik mit der offiziellen
       Linke-Position überquer. Sie möchte Zuwanderung begrenzen und hält
       Bekenntnisse zu offenen Grenzen für „weltfremd“.
       
       Doch der durchschlagende Erfolg von „Aufstehen“ blieb aus. Prominente
       Politiker konnte „Aufstehen“ nicht für sich gewinnen, im Arbeitsausschuss
       sitzen neben Bülow zum Beispiel der [5][ehemalige Staatsminister Ludger
       Volmer] und Ex-Bundestagsvizepräsidentin Antje Vollmer, zwei Grüne, die
       machtstrategisch keine Rolle mehr spielen. Auch der Dramaturg Bernd
       Stegemann ist dabei.
       
       ## Interne Probleme
       
       Zwar hat die Bewegung laut Wagenknecht 170.000 Unterstützer und 200
       Ortsgruppen. Auf der Straße sichtbar sind sie allerdings nicht. Zuletzt
       hatten interne Probleme für Schlagzeilen gesorgt. Mitglieder beschwerten
       sich [6][in einem offenen Brief] über mangelnde Aktivitäten und
       intransparente Strukturen.
       
       Für ihre überraschende Ankündigung erntete Wagenknecht viel Kritik aus den
       eigenen Reihen. „Mit dem Rückzug der Gründerin ist ‚Aufstehen‘ am Ende“,
       sagte der Bundestagsabgeordnete Thomas Nord. „Das war der Versuch, eine
       linksnationale Wahlplattform zu gründen – und er ist zum Glück
       gescheitert.“ Wagenknecht gestehe sich dieses Scheitern aber nicht ein,
       sondern versuche es anderen anzulasten.
       
       Der Linken-Abgeordnete Norbert Müller forderte Konsequenzen: „Aufstehen hat
       unsere Partei 1,5 Jahre lang gelähmt. Die Verantwortlichen dafür können
       sich jetzt nicht einfach wegschleichen und so tun, als sei nix gewesen“,
       twitterte er.
       
       Die [7][parteilose Abgeordnete Anke Domscheit-Berg], die für die Linke im
       Bundestag sitzt, erklärte: „Man kann Bewegungen nicht von oben anordnen und
       nicht undemokratisch führen.“ Es habe Partei und Fraktion sehr belastet,
       dass Wagenknecht lange „inhaltliche Widersprüche“ vertreten habe. „Ob ihr
       Rücktritt von ‚Aufstehen‘ das ändert, wird sich zeigen.“
       
       ## Die Gründe für den Rückzug
       
       Wagenknecht nannte in der FAS drei Gründe für ihren Rückzug. Zum einen die
       Reaktion der Linken, der SPD und der Grünen. „Die Parteien, die wir
       ansprechen wollten, haben sich eingemauert.“ „Aufstehen“ sei gegründet
       worden, um aus der Sackgasse herauszukommen, dass es Mehrheiten in der
       Bevölkerung für soziale Forderungen gebe, aber nicht ansatzweise eine
       Chance auf andere politische Mehrheiten im Bundestag. „Die Parteiführungen
       der SPD und der Linken fühlen sich in der Sackgasse offenkundig so wohl,
       dass sie die Chance, die ‚Aufstehen‘ mit seiner großen Resonanz bedeutet
       hat, ausgeschlagen haben.“
       
       Außerdem habe sie die Schwierigkeit unterschätzt, auf ehrenamtlicher Basis
       Strukturen für so viele Menschen zu schaffen – und Unterstützer „auch in
       großer Zahl auf die Straße zu bringen“. Dafür brauche es wohl einen
       Auslöser wie die Benzinpreiserhöhungen für die Gelbwesten in Frankreich.
       Wagenknecht, die zuletzt vier Wochen krankheitsbedingt ausfiel, wies zudem
       darauf hin, dass sie eine „neue Balance“ in ihrem Arbeitspensum finden
       müsse.
       
       Es gab in der Linken aber auch Leute, die sich um Versöhnung bemühten.
       „Häme oder Nachtreten sind fehl am Platze“, sagte der [8][Außenpolitiker
       Stefan Liebich]. „Der Weg von ‚Aufstehen‘ hat offenkundig keine
       gesellschaftlichen Veränderungen erreicht.“ Wer sich in oder nahe der
       Linkspartei für mehr Gerechtigkeit engagieren wolle, sei willkommen.
       „Unsere Arme sind offen.“
       
       10 Mar 2019
       
       ## LINKS
       
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