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       > Über Hass im Internet und was man konkret dagegen tun kann, erzählt Sina
       > Laubenstein vom „No-Hate-Speech-Movement“ im Gespräch und auf dem taz lab
       
       Interview Vincent Bruckmann
       
       taz am Wochenende: Was ist Hate Speech genau? 
       
       Sina Laubenstein: Jede*r hat den Begriff schon mal gehört, aber die
       Definition ist politisch umkämpft. Wir von den „Neuen Deutschen
       Medienmacher*innen“ definieren Hate Speech als sprachliche Handlungen
       gegen Einzelpersonen und Gruppen, vor allem aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu
       einer benachteiligten Gruppe in der Gesellschaft. Was bei unserer
       Definition zugegebenermaßen ein bisschen verloren geht: Im Internet sind
       es nicht nur sprachliche Handlungen, die Hass transportieren. Es können
       natürlich auch Bilder, Videos oder Musik sein.
       
       Warum werden immer wieder Frauen wie die Klimaaktivistinnen Greta Thunberg
       und Luisa Neubauer zur Zielscheibe? 
       
       Der Hass, die Kommentare, die Gruppen, die organisiert Hate Speech
       verbreiten, sind immer die gleichen. Die betroffene Einzelperson ist eine
       andere. Was heute Greta Thunberg oder Luisa Neubauer sind, waren in den
       letzten Jahren z. B. die Sportmoderatorin Claudia Neumann oder Kübra
       Gümüşay. Das Pronlem ist ein Strukturelles. Es geht nicht um die konkrete
       Frau, die angegriffen wird. Viele Männer akzeptieren nicht, dass Frauen in
       Bereiche vorstoßen, die bisher männerdominiert waren.
       
       Wie können sich die Betroffenen wehren? 
       
       Unbedingt mit Familien, Freund*innen oder Kolleg*innen darüber sprechen.
       Das schlimmste Gefühl ist das der Isolation. Das Gefühl, dass die ganzen
       Welt einen hasst. Wenn man sieht, dass eine andere Person angegriffen wird,
       kann man der Person schreiben und sagen: Ich bin da, du bist nicht alleine.
       Man kann sich in Kommentarspalten einmischen oder Accounts stummschalten
       oder blockieren. Ich empfehle jeder*m, die Kommentare anzuzeigen, die
       strafrechtlich relevant sind. Nur so kann sich die Strafverfolgung im Netz
       verbessern.
       
       Was kann auf (europa)politischer Ebene getan werden? 
       
       Der Europarat hat 2013 das No Hate Speech Movement initiiert. Das war auch
       eine Reaktion auf die rechtsterroristischen Anschläge von Anders Breivik in
       Norwegen. Breivik hat schon vorher im Netz seinen rassistischen Hass
       geäußert, darauf hat aber niemand reagiert. Das Ziel des Europarats war die
       Ausbildung von jungen Menschenrechtsaktvist*innen im Netz. Solche Angebote
       muss es verstärkt geben.
       
       Was noch? 
       
       In der Politik geht es bei Hate Speech häufig um die
       Täter*innenperspektive: Wo kommt der Hass her? Wie können wir sie
       zurückholen? Viel wichtiger aber ist die Frage: Wie kann man den
       Betroffenen helfen? Sei es durch Expert*innen bei der Polizei und
       Staatsanwaltschaft, günstiger Rechtsberatung oder regionalen Stellen, an
       die sich die Opfer wenden können.
       
       So etwas wie Frauenhäuser für Opfer von Hate Speech? 
       
       Genau. Es hilft, wenn man Abstand zwischen sich und dem Hass auf dem
       Bildschirm schafft. Aber nicht alle können sich ein Hotel leisten oder
       haben Freund*innen, die in der Nähe leben. Wenn einem mit einer
       Vergewaltigung gedroht-, und gesagt wird, dass die Adresse bekannt ist,
       hilft manchmal ein Ortswechsel. Man muss sich sicher fühlen können.
       
       Auf dem taz lab: No Hate Speech, 11.30 Uhr, taz talks
       
       2 Mar 2019
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Vincent Bruckmann
       
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