# taz.de -- Niederlage des FC Schalke 04: Die Lust am Leiden
       
       > Der FC Schalke 04 verliert historisch hoch bei Manchester City. Zum Glück
       > – denn was wäre der Fußball ohne die wunderschönen Dramen?
       
 (IMG) Bild: Der wunderbarste Verlierer des Abends: Schalke-Trainer Domenico Tedesco
       
       Was für eine wunderschöne Niederlage! Mit 0:7 bei [1][Manchester City] hat
       sich der FC Schalke 04 aus der Champions League verabschiedet. Das Aus hat
       gewiss keinen überrascht. Schalke 04, der amtierende deutsche Vizemeister,
       spielt in diesem Jahr einen derart hundsmiserablen Fußball, dass ein
       Weiterkommen sowieso nicht möglich gewesen wäre. Und doch hat Schalke von
       sich reden gemacht. 0:7! Das muss man erst mal schaffen. Schalke kann’s.
       Alles, wirklich alles, was der Klub anpackt, gerät zum Drama. Es ist ein
       Drama ohne jedes retardierende Moment.
       
       Die große [2][Schalke-Tragödie] dieses Jahres ist ein Stück mit
       immerwährendem Höhepunkt. Eine Katastrophe ist es sowieso. Man mag gar
       nicht mehr wegschauen. Das Leiden macht Lust. Nirgends wird so schön
       gelitten wie auf Schalke. Eine deutsche Mannschaft hat in der Champions
       League noch nie so hoch verloren – ein Rekord für die Ewigkeit, ein
       Zeitmaß, das man in Gelsenkirchen nur allzu gut kennt. Denn es ist eine
       Ewigkeit her, dass Schalke das letzte Mal Meister war. 1958 war’s.
       
       Der vielleicht wunderbarste Verlierer des Abends war [3][Trainer Domenico
       Tedesco], der doch tatsächlich gesagt hat: „Ich habe keine Sekunde daran
       gedacht, meinerseits irgendetwas zu verändern.“ Warum sollte er auch?
       Niemand will, dass der schlechte Lauf der Schalker unterbrochen wird. Ob
       der Trainer nun entlassen wird oder nicht, ist längst egal. Fliegt er, wird
       es heißen, dass die Entscheidung viel zu spät gefallen ist. Darf er
       bleiben, wird das keiner für eine gute Idee halten.
       
       Ruhe im Verein wird es eh nicht geben, egal wie Sportvorstand Jochen
       Schneider sich verhalten wird. Dessen Name ist längst in aller Munde. Noch
       vor zwei Wochen kannte den Mann, der jahrelang in der Fußballabteilung des
       Getränkekonzerns Red Bull im Hintergrund gearbeitet hat, kaum einer. Jetzt
       ist er eine große Nummer, obwohl er vielleicht noch nicht einmal seinen
       Bürostuhl auf die ergonomisch passende Arbeitshöhe eingestellt hat.
       
       ## Die Schönheit des Scheiterns
       
       Ob er wirklich damit gerechnet hat, dass Schalke so extrem ist? Er muss,
       sonst wäre er völlig fehl am Platz. Die ganze Woche schon wird über einen
       Trainerwechsel auf Schalke gesprochen, der nie stattgefunden hat. 2013 ist
       die Verpflichtung von Stefan Effenberg, dem Ex-Nationalspieler mit Neigung
       zum Büchsenbierpopulismus, als Trainer nur deshalb nicht zustande gekommen,
       weil dessen Frau Claudia auf Instagram eine Andeutung dazu gemacht haben
       soll, obwohl Stillschweigen vereinbart war.
       
       Wen interessiert’s? Diese Frage stellt sich bei Schalke nicht. Bei diesem
       Klub wird alles groß, was eigentlich doch ganz klein sein müsste. Wer das
       nicht schön findet, der glaubt noch an das Wahre im Fußball. Als am Tag
       nach der Niederlage von Manchester schon lange keiner mehr darüber
       nachgedacht hat, ob es nicht besonders demütigend für Schalke gewesen sein
       muss, dass ausgerechnet Leroy Sané, der von 2011 bis 2016 in Königsblau
       gekickt hat, mit einem Tor und drei Torvorbereitungen seinem Ex-Klub den
       Garaus bereitet hat, da wurde der wahre Grund der Niederlage bekannt.
       
       Der Fußballerfriseur, der sich HD Cutz nennt und ein paar Wochen zuvor die
       Spieler von Borussia Dortmund zu einer 0:3-Niederlage bei Tottenham Hotspur
       frisiert hat, soll am Tag vor dem Spiel auch Schalker Spielern die Haare
       schön gemacht haben. Es ist eben einfach schön, den Schalkern beim
       Scheitern zuzusehen. Vier Punkte Vorsprung haben sie noch auf den
       Relegationsplatz in der Bundesliga, der Abstieg ist in Reichweite. Eine
       gute Nachricht für alle Freunde der nicht enden wollenden Katastrophe.
       
       13 Mar 2019
       
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