# taz.de -- „Hannibal“ schaffte Beweise weg
       
       > Neue Erkenntnisse im Fall Uniter: Verfahren gegen einen Mitarbeiter des
       > Militärischen Abschirmdienstes
       
       Aus Köln Martin Kaul und Christina Schmidt
       
       Er trägt eine rote Krawatte und ein Emblem des Vereins Uniter am Kragen
       seines schwarzen Sakkos – des Vereins, der Zivilisten in Militärtaktiken
       unterrichtet. André S., 33, sitzt am Holztisch des Amtsgerichts Köln. Er
       ist als Zeuge geladen. Der Soldat blickt nach vorn auf die Richterin. Es
       ist ein besonderer Moment: Jetzt redet Hannibal. Aber er redet nicht viel.
       
       Hannibal, über dessen Netzwerk und dessen Verein Uniter die taz seit
       November 2018 mehrmals berichtete, sitzt hier nicht auf der Anklagebank –
       doch die Pressebänke sind vollbesetzt. Die Journalisten und das Gericht
       wollen wissen: War der KSK-Soldat, der zu diesem Zeitpunkt dem
       Militärischen Abschirmdienst der Bundeswehr als Auskunftsperson diente, im
       September 2017 vor einer bevorstehenden Razzia des Bundeskriminalamts (BKA)
       gewarnt worden?
       
       Vor dem Amtsgericht Köln hat am Mittwoch der Prozess gegen einen
       Mitarbeiter des Militärischen Abschirmdienstes begonnen. Peter W., 43, wird
       vorgeworfen, den damaligen KSK-Soldaten André S. alias Hannibal vor
       anstehenden Maßnahmen gewarnt zu haben. W. bestreitet die Vorwürfe.
       
       Hintergrund ist eine groß angelegte Durchsuchung des BKA in Calw, wo das
       Kommando Spezialkräfte stationiert ist. Die Bundesanwaltschaft hatte die
       Kaserne im September 2017 im Zusammenhang mit Ermittlungen gegen den
       rechtsextremen Bundeswehrsoldaten Franco A. durchsuchen lassen. Davon
       erhofften sich die Ermittler auch Aufschluss über ein mögliches
       rechtsextremes Netzwerk in der Bundeswehr. In Chatgruppen, in denen auch
       Franco A. Mitglied war, und bei Treffen, die Hannibal organisiert hatte,
       waren Ermittler auf Bezüge gestoßen, wonach an einem möglichen „Tag X“ auch
       die Bundeswehrkaserne in Calw als sogenanntes „Safe House“ genutzt werden
       sollte. Die Ermittler wurden nicht fündig – stellten aber fest, dass die
       Soldaten offenbar bereits gewarnt waren.
       
       Wie unterschiedliche Zeugen am Mittwoch bestätigten, hatte Hannibal am Tag
       vor der Razzia einen Laptop beiseitegeschafft und sich vor seinen Kameraden
       damit gebrüstet, über die bevorstehende Durchsuchung Bescheid zu wissen.
       Hannibal selbst war zu diesem Zeitpunkt in regelmäßigem Kontakt mit dem
       Militärischen Abschirmdienst und seinem dortigen Kontaktmann Peter W.
       
       Ein damaliger Vorgesetzter von Hannibal sagte am Mittwoch vor Gericht aus,
       Hannibal selbst habe ihn noch vor der Razzia über die bevorstehende
       Maßnahme in Kenntnis gesetzt und gesagt, dass sich niemand Sorgen machen
       müsse. Dabei soll S. gesagt haben: „Es ist alles safe, weil wir wissen ja
       davon.“
       
       Das Gericht kam am Mittwoch nicht zu einer abschließenden Bewertung. Das
       Urteil wird am kommenden Mittwoch erwartet. Hannibal beantwortet an diesem
       Mittwoch einige Fragen, will sich aber nicht umfassend zum Hergang
       einlassen – auch, um sich nicht selbst belasten zu müssen. Als er gefragt
       wird, ob er Kenntnis von den bevorstehenden Durchsuchungen hatte, antwortet
       er doch: „Die Kenntnis hatte ich.“
       
       21 Mar 2019
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Martin Kaul
 (DIR) Christina Schmidt
       
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