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       > Können unsere Datenspuren unsere zukünftigen Lebenschancen beeinflussen,
       > und was genau ist die DSGVO eigentlich? Ein Gespräch mit Ingo Dachwitz
       
       Interview Vincent Bruckmann
       
       taz am wochenende: Herr Dachwitz, wie steht es um unsere Daten? Muss man
       sich Sorgen machen? 
       
       Ingo Dachwitz: In den letzten 10 bis 15 Jahren sind personenbezogene Daten
       zu einer Ware geworden, zu einem Rohstoff, mit dem Verhalten vorhergesagt
       werden soll. Sind die Daten geschützt? Jein, es gibt die
       Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), aber der Run auf die personenbezogenen
       Daten hält an.
       
       Viele haben von der DSGVO gehört, nur wenige wissen, was dahintersteckt.
       Was bringt sie den EU-Bürger*innen? 
       
       Die DSGVO ist eine Verordnung der EU, die seit 2018 EU-weit den Umgang und
       die Regeln mit personenbezogenen Daten festlegt. Die DSGVO verspricht den
       Nutzern, mehr Kontrolle über ihre Daten zu gewinnen.
       
       Erfüllt sie dieses Versprechen? 
       
       Es ist zumindest ein erster Schritt. Vorher hatten die zuständigen
       Aufsichtsbehörden beispielsweise kaum Sanktionsmittel in der Hand, sodass
       Datenschutz bis dahin immer ein zahnloser Tiger war. Das ändert sich mit
       der DSGVO grundlegend.
       
       Warum brauchen wir den Datenschutz überhaupt? 
       
       Wir verstehen langsam, was es bedeutet, dass immer mehr unseres Verhaltens
       in Datenform vorliegt und verarbeitet werden kann. Mit diesen Daten können
       Verhaltensprognosen gemacht werden. Das ist die Basis dieser
       Datenwirtschaft. Das Prinzip gibt es in der Kreditwirtschaft schon lange
       und hält Einzug in immer mehr Bereiche. Man berechnet dort, wie groß die
       Wahrscheinlichkeit ist, dass die Person ihre Kredite nicht zurückbezahlt.
       Unsere Datenspuren beeinflussen also unsere zukünftigen Lebenschancen.
       
       Wie könnte das aussehen? 
       
       So, dass ich in mittlerer Zukunft mit Kreditkarte in einer Bar ein
       alkoholisches Getränk bezahle und diese Daten an meine Krankenkasse
       weitergeleitet werden, die dann meinen Versicherungstarif anpasst.
       Wissen ist in unserer datengetriebenen Welt mehr denn je Macht. Beim
       Datenschutz geht es um einen Machtausgleich zwischen Organisationen, die
       Daten auswerten wollen, und Individuen, die Datenlieferanten sind und
       bisher keinen Einfluss auf die Lieferung hatten.
       
       Wie kann man das Machtgefälle verschieben? 
       
       Nutzer*innen können durch ein Auskunftsrecht überhaupt erst einmal
       Unternehmen auf die Schliche kommen und nachvollziehen, wer welche Daten
       speichert. Parallel dazu wird erkannt, dass Datenschutz nicht die alleinige
       Antwort auf die Abhängigkeit von großen Playern wie Google und Facebook
       sein kann. Man muss an die Marktmacht der Datenkonzerne anknüpfen. Durch
       strategische Einkäufe sind sie in immer mehr Bereichen marktbeherrschend.
       Deshalb ist es wichtig, dass sich auch die Kartellbehörden diese Fälle
       vornehmen, wie es das Bundeskartellamt gerade bei Facebook getan hat.
       
       Worum ging es dabei? 
       
       Facebook sammelt nicht nur auf seiner eigenen Plattform Daten. Laut
       Bundeskartellamt sollen die Nutzer*innen erst einwilligen müssen, bevor
       ihre Daten zusammengeführt werden. Das ist allerdings ein etwas kritischer
       Trend: Nutzer*innen sollen zu den Manager*innen ihrer Datenspuren werden.
       Sie müssen sich also im Detail damit auseinandersetzen, welche Daten
       fließen, wenn sie auf „Zustimmen“ klicken, und welche Konsequenzen das für
       die Zukunft hat. Das ist aber häufig schwer abzusehen. Es ist eine
       wohlmeinende Überforderung des Individuums.
       
       Sie wollen mehr wissen? taz lab, Vortragsraum, 17.45 Uhr
       
       16 Mar 2019
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Vincent Bruckmann
       
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