# taz.de -- Wirkungslose Selbstverpflichtung: Doch noch Atom im Hamburger Hafen
       
       > Obwohl große Firmen erklärten, auf den Umschlag von Kernbrennstoffen
       > verzichten zu wollen, fanden weiter Atomtransporte durch Hamburg statt.
       
 (IMG) Bild: Links der Frachter, rechts die Atomkraftgegner: Atomtransport durch Hamburg im Jahr 2011
       
       HAMBURG taz | In der Frage der Atomtransporte durch den Hafen machen
       Anti-Atom-Initiativen weiter Druck. Das Bündnis [1][„Atomtransporte durch
       Hamburg stoppen“] kritisiert, dass trotz einer Selbstverpflichtung großer
       Unternehmen nach wie vor Kernbrennstoffe im Hafen umgeschlagen werden.
       Darüber hinaus seien viele Arten radioaktiven Materials gar nicht von der
       Vereinbarung erfasst.
       
       Vor knapp einer Woche hatte der rot-grüne Senat [2][stolz gemeldet], dass
       er nicht nur dem Terminalbetreiber HHLA und der Reederei Hapag Lloyd eine
       Selbstverpflichtung abringen konnte, sondern auch den Terminalbetreibern
       Eurogate und C. Steinweg. Demnach verzichten die Unternehmen in Zukunft
       darauf, „Kernbrennstoffe im Sinne des [3][Atomgesetzes]“ umzuschlagen. Die
       entsprechende Initiative hatten die Grünen in den Koalitionsvertrag
       hineinverhandelt.
       
       Wie „Atomtransporte stoppen“ bekannt machte, hat die HHLA jedoch trotz
       ihrer im Januar eingegangenen Selbstverpflichtung 2018 vier Schiffe mit
       Kernbrennstoffen abgefertigt. Noch in diesem Frühjahr hat das Unternehmen
       atomaren Brennstoff umgeschlagen. „Das war der letzte Transport“,
       versichert HHLA-Sprecherin Annette Krüger. Der Konzern habe bestehende
       Verträge erfüllen müssen, damit sei es aber jetzt vorbei.
       
       Dass nun auch Eurogate verzichten wolle, sei ein Schritt in die richtige
       Richtung, stellt „Atomtransporte stoppen“ fest. „Unklar ist aber auch hier,
       wann der Verzicht umgesetzt wird“, moniert das Bündnis – zumal Eurogate im
       März 2017 Atomtransporte übernommen habe, die zuvor von der HHLA
       abgewickelt worden seien. Die Wirtschaftsbehörde geht davon aus, dass
       nachlaufende Transporte aufgrund früherer vertraglicher Verpflichtungen
       „sukzessive auslaufen werden“.
       
       Aus Sicht von „Atomtransporte stoppen“ zeigt sich „in vieler Hinsicht heiße
       Luft“ in der Vereinbarung zwischen den Firmen und dem Senat. Das Bündnis
       bezweifelt weiter, dass Eurogates Verzichtserklärung überhaupt der Politik
       des rot-grünen Senats zuzuschreiben sei. Schließlich habe die Reederei ACL
       nach Erkenntnissen der Atomkraftgegner ganz ohne Gespräche mit dem Senat
       seit dem 1. Februar 2015 auf Kernbrennstoff-Transporte verzichtet. Ein
       Brand auf einem ACL-Schiff, das mit Uranhexafluorid beladen war, hatte 2013
       beinahe zu einer Katastrophe im Hamburger Hafen geführt.
       
       Für schwer nachvollziehbar hält das Bündnis, warum die Wirtschaftsbehörde
       auch eine Vereinbarung mit C. Steinweg als Erfolg verbucht. Das Unternehmen
       schlage Uranerzkonzentrat, sogenannten Yellow Cake um, aber keinen
       Kernbrennstoff. „Damit haben wir sichergestellt, dass perspektivisch gar
       keine Kernbrennstoffe mehr in Hamburg umgeschlagen werden, denn C. Steinweg
       hat eine entsprechende Genehmigung und käme somit für solchen Umschlag
       durchaus in Frage“, erläutert die Wirtschaftsbehörde.
       
       Yellow Cake ist ein Vorprodukt, aus dem Brennelemente, aber auch Atombomben
       gebaut werden können, wie „Atomtransporte stoppen“ erwähnt. Das Bündnis
       fordert, dass der Senat auch den Transport solcher Stoffe, zu denen auch
       Uranhexafluorid zählt, unmöglich macht. „Wenn keine Transporte laufen
       würden, könnte auch kein Brennstoff für Atomkraftwerke erzeugt werden“,
       sagt ein Vertreter des Bündnisses.
       
       Eine Entwidmung, faktisch ein Verbot, könnte allerdings mit dem Bundesrecht
       kollidieren. Bremen, das mit förmlichen Verboten operiert, muss sich
       deshalb vor dem Verfassungsgericht rechtfertigen. Eine Ausweitung der
       Vereinbarung auf sonstige radioaktive Stoffe sei nicht vorgesehen, teilte
       die Hamburger Wirtschaftsbehörde mit, „zumal es sehr viel schwieriger sein
       dürfte, hier die Unternehmen zu einem freiwilligen Verzicht zu bewegen“.
       
       8 Apr 2019
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.atomtransporte-hamburg-stoppen.de/was-wird-transportiert/
 (DIR) [2] https://www.hamburg.de/pressearchiv-fhh/12399996/2019-04-02-bwvi-kernbrennstoffe/
 (DIR) [3] https://www.gesetze-im-internet.de/atg/BJNR008140959.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gernot Knödler
       
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